Amazon, Hackern und Netflix-Guckern zum Trotz Wie die Riethmüllers mit Osiander den Süden erobern
Lesenswert aus dem StZ-Plus-Archiv: In atemberaubender Geschwindigkeit hat sich der Tübinger Traditionshändler Osiander zur viertgrößten Buchhandelskette in Deutschland entwickelt, aller Krisen und Amazon zum Trotz. Was ist das Erfolgsgeheimnis der illustren Familie?
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Foto Lichtgut/Julian Rettig
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Christian Riethmüller kam 2002 von Aldi zu Osiander, für etliche Mitarbeiter war das ein Tabubruch. Riethmüller hat die Expansion vorangetrieben und den Service gestärkt. In den Filialen sind neben Büchern auch hochwertige Dekoartikel wichtig, um den Umsatz zu halten.
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Die Riethmüllers stehen nicht nur hinter der Buchhandelskette Osiander, sie sind auch eine der bekanntesten Buchhandelsfamilien der Branche. Christian Riethmüller (44) hat zwei Kinder, mag Kinder- und Jugendbücher und ist „begeisterter Krimileser“. Er hat bei Aldi gearbeitet und BWL studiert. Eine Buchhandelslehre hat er nicht absolviert, dennoch sei er ein bestens ausgebildeter Buchhändler, weil es in den ersten 18 Jahren seines Lebens in der Familie „kein anderes Thema als Osiander“ gegeben habe, sagt er.
Foto Osiander/Steffen Sixt
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Seit 1973 arbeitet Heinrich-Arndt Riethmüller (74) ohne Unterbrechung im Unternehmen, bereits als Kind habe er als Hilfsarbeiter Rechnungen gestempelt, 50 Pfennig der Block, sagt der studierte Politologe. Heute ist er Vorsitzender des Osiander-Aufsichtsrats, die Gespräche über seine Nachfolge seien bereits im Gang. Der 74-Jährige hadert ein wenig damit, dass immer weniger Politiker lesen würden. Büchernarren wie ein Helmut Schmidt oder Wolfgang Schäuble seien entweder tot oder Exoten. „Heute sagt kein junger Politiker mehr, dass sein größtes Hobby das Lesen ist.“
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„Da wird man reingeboren“, sagt Heinrich Riethmüller (63) über seine Kindheit in einer Buchhändler-Familie. Mit Bruder Michael, der 1992 in Ravensburg die Buchhandlung Ravensbuch gründete, sei er als Kind sonntags mit dem Vater in die Buchhandlung gefahren, habe gelesen und Schallplatten gehört. Riethmüller ist nicht nur Osiander-Geschäftsführer, sondern auch Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Im Oktober, auf der Frankfurter Buchmesse, wird er in dieser Funktion von Karin Schmidt-Friderichs abgelöst.
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Karin Goldstein ist seit Jahresbeginn bei Osiander und in der 423-jährigen Geschichte des Traditionshauses die erste Geschäftsführerin, die nicht zur Inhaberfamilie gehört. Die Riethmüllers kennt Goldstein seit 15 Jahren. Die Handelsexpertin stammt selbst aus einem Familienunternehmen und ist bei Osiander zuständig für die Bereiche Personal und Verkauf. „Die Konditionen der Zukunft werden besser für uns werden“, sagt sie – und betont, dass Osiander immer ein fairer Verhandlungspartner sei.
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In der Tübinger Innenstadt ist das Haupthaus von Osiander. Der Traditionsbuchhändler hat inzwischen 64 Filialen mit 700 Mitarbeitern. Schon Ende kommenden Jahres könnte die Zahl der Filialen 80 erreichen. In den kommenden Wochen und Monaten werden Läden in Bad Cannstatt, Plochingen, Bretten und Eppingen eröffnet.
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In der legendären alten Osiander-Zentrale in der Tübinger Wilhelmstraße hängen inzwischen Rabattschilder in den Schaufenstern und im Geschäft, es gibt sie auf Reiseführer, Spieleartikel, solange bis der Mietvertrag ausläuft. Vor allem Studenten kommen hierher, sonst kaufen sie vor allem online ein, das lukrative stationäre Geschäft mit den Fachbüchern ist schon lange weggebrochen und die Zweigstelle an der Uni an der Morgenstelle seit 2013 geschlossen. Als die Zentrale vor vier Jahren de facto dichtgemacht wurde, gab es ein Aufschrei in der Stadt, sagt Christian Riethmüller. „Wir würden das Erbe unseres Großvaters beschmutzen, wie könnt ihr das machen? Das waren genau die Leute, die in den Jahren zuvor nicht mehr bei uns eingekauft haben.“