Berlin-Wahl Regierungschefin als Zweitplatzierte? Dafür gibt es Beispiele
Franziska Giffey (SPD) musste bei der Berlin-Wahl eine Schlappe hinnehmen, trotzdem könnte sie Bürgermeisterin bleiben. Dass Zweitplatzierte am Ende triumphieren, kommt durchaus vor. Ein Rückblick.
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Berlins amtierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat die Wahl verloren – und könnte trotzdem Regierungschefin bleiben. Das haben vor ihr schon andere geschafft.
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Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus musste die amtierende regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey mit ihrer SPD eine herbe Schlappe hinnehmen, sie landete hinter der CDU nur auf dem zweiten Platz. Trotzdem könnte sie Rathauschefin bleiben – weil die SPD 105 Stimmen mehr bekam, als die drittplatzierten Grünen.
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Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die bestehende Koalition aus SPD, Grüne und Linke weitergeführt wird. Abgeneigt sind die jeweiligen Parteien nicht. Käme das zustande, stünde am Ende eine Regierung ohne Beteiligung der Wahlgewinner von der CDU – und Giffey wäre erneut Regierungschefin. Neu ist so eine Szenario nicht.
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Denn auch Willy Brandt (SPD) wurde am 21. Oktober 1969 zum Kanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt – obwohl seine Partei nach der Wahl nur die zweitstärkste Fraktion im Bundestag bildete. Nach gut vier Jahrzehnten hatte so erstmals wieder ein SPD-Politiker das Amt des Bundeskanzlers inne. Bei der Wahl damals hatte die CDU/CSU-Fraktion 13 Sitze mehr als die Sozialdemokraten.
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Brandt – hier mit seinem Vorgänger Kurt Georg Kiesinger (CDU) – entschied sich dann für eine Regierungsbildung mit der FDP, die 31 Sitze hatte. So konnte er mit einer Mehrheit von nur zwölf Sitzen die erste sozialliberale Koalition auf Bundesebene bilden.
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Brand trat von seinem Amt 1974 zurück, der Bundestag wählte den SPD-Politiker Helmut Schmidt (Foto) zu seinem Nachfolger. Bei der nächsten Bundestagswahl 1976 landete dessen SPD hinter den Unionsparteien – die mit 48,6 Prozent der Stimmen fast die absolute Mehrheit erreichten – nur auf dem zweiten Platz.
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Die Sozialdemokraten (42,6 Prozent) entschieden aber, die bereits bestehende Koalition mit der FDP weiterzuführen. Das sicherte ihnen die absolute Mehrheit im Bundestag, da sie nun 264 Sitze inne hatten – ihre 224 plus die 40 der FDP. Die CDU/CSU kam auf 254.
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Bei der darauffolgenden Bundestagswahl 1980 sah es wieder so aus: Die Sozialdemokraten unter Kanzler Schmidt erreichten 42,9 Prozent der Stimmen und landeten damit hinter der Union, die 44,5 Prozent bekam. Schmidt setzte die sozialliberale Koalition mit der FDP allerdings fort.
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Die nämlich wollte keine schwarz-gelbe Koalition mit der CDU/CSU und ihrem damaligen gemeinsamen Kanzlerkandidaten Franz Josef Strauß (Foto) eingehen. Am Ende kamen SPD und FDP zusammen auf 282 Bundestagssitze, CDU/CSU auf 237.
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Und auch auf Landesebene gab es bereits Regierungen ohne die stärkste Landtagsfraktion – etwa 2001 in Hamburg. Damals wurde Ole von Beust (CDU) zum Ersten Bürgermeister gewählt. Die CDU erreichte 33 Sitze in der Bürgerschaft, sprich Hamburgs Landesparlament. Die SPD hatte aber 46 Mandate und war somit stärkste Kraft.
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Allerdings schaffte von Beust, dessen Partei mit 26,2 Prozent ein vergleichsweise schwaches Ergebnis erreichte, zusammen mit sechs Sitzen der FDP und 25 Sitzen der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, auch Schill-Partei genannt, den Sprung an die Rathausspitze.
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Und auch im Südwesten gab es so ein Szenario bereits – und zwar 2011, als Winfried Kretschmann zum ersten Grünen-Ministerpräsidenten gewählt wurde. Bei der Landtagswahl damals erhielt die CDU 39 Prozent der Stimmen und damit 60 Sitze im Landtag. Sie stellte also die stärkste Fraktion.
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Die Grünen kamen auf 24,2 Prozent der Stimmen, erhielten also 36 Sitze im Landesparlament. Kretschmann – auf dem Foto bei den Koalitionsgesprächen mit dem damaligen SPD-Spitzenkandidaten Nils Schmid – bildete dann eine Koalition mit der SPD. Diese bekam bei der Landtagswahl 23,1 Prozent der Stimmen (35 Sitze).
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In der Folge musste die CDU die Regierungsverantwortung in Baden-Württemberg nach 58 Jahren abgeben. Die Koalition mit der SPD hielt bis 2016. Seitdem steht Kretschmann an der Spitze einer Koalition aus Grünen und CDU.
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SPD-Politiker Stephan Weil wurde 2013 neuer niedersächsischer Ministerpräsident. SPD und Grüne wollten schon im Vorfeld zusammen regieren, kämpften gemeinsam im Wahlkampf. Die CDU wollte sich in diesem Zusammenhang nicht auf die FDP als festen Partner festlegen, strebte aber eine schwarz-gelbe Koalition nach der Abstimmung an. Eine Koalition mit den Grünen schloss sie aus.
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Nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen stand fest: SPD und Grüne haben gewonnen – mit gerade mal 12 409 Stimmen Vorsprung. Die CDU holte 36 Prozent der Stimmen, die SPD 32,6 Prozent, die Grünen 13,7 und die FDP 9,9 Prozent. Hieß am Ende: Rot-Grün kam auf 69 Sitze im Landesparlament, Schwarz-Gelb auf 68. Die CDU/FDP-Koalition wurde damit nach zehn Jahren abgewählt.
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Jüngstes Beispiel ist Andreas Bovenschulte. Er wurde 2019 Regierungschef in Bremen, nachdem der bisherige Bürgermeister und SPD-Spitzenkandidat der damaligen Bürgerschaftswahl, Carsten Sieling, zurückgetreten war. Zuvor hatte seine Partei erstmals seit dem zweiten Weltkrieg die relative Mehrheit der Stimmen im Bremer Landesparlament verloren.
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Stärkste Kraft war nämlich die CDU, die 24 Sitze im Parlament bekam. Die SPD kam auf 23, die Grünen auf 16. Erstere sprachen sich gegen Koalitionsgespräche mit CDU und FDP aus, sodass SPD, Grüne und Linke – die als viertstärkste Kraft 10 Sitze bekam – eine Koalition bildeten. Die SPD konnte also weiterhin den Bürgermeister stellen.