Bilanz von 16 Jahren als Kanzlerin Angela Merkels schwierigste Momente
Seit 2005 ist sie als Kanzlerin im Amt. Doch nach der Bundestagswahl neigt sich die Ära Merkel nun dem Ende zu. Welche politischen Entscheidungen, welche Situationen waren für sie besonders schwer? Ein Rückblick in Bildern.
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Bei einem Besuch von Merkel bei Russlands Präsident Putin lässt der seinen Hund im Zimmer herumlaufen – obwohl die Kanzlerin Angst vor Hunden hat.
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September 2005: Bei der vorgezogenen Bundestagswahl wird die Union stärkste Kraft – knapp vor der SPD. Für ein Bündnis von CDU/CSU mit der FDP reicht es allerdings ebenso wenig wie für eine Fortsetzung von Rot-Grün unter Gerhard Schröder. Der noch amtierende Bundeskanzler nahm Merkels Ambitionen auf eine Kanzlerschaft zunächst nicht ernst. In der „Elefantenrunde“ von ARD und ZDF sagte er: „Glauben Sie im Ernst, dass meine Partei auf ein Gesprächsangebot von Frau Merkel bei dieser Sachlage einginge, in dem sie sagt, sie möchte Bundeskanzlerin werden?“ Merkel schien von diesem Auftreten sichtlich überrumpelt.
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Januar 2007: Seit einem Biss hat Merkel eine Abneigung gegen Hunde. Als die Bundeskanzlerin zum Besuch nach Russland reiste, ließ Wladimir Putin seinen schwarzen Labrador dennoch durchs Zimmer laufen. Man munkelt, er habe von Merkels Hundeangst gewusst. Merkels Gelassenheit in dieser Situation wurde im Nachhinein dagegen von vielen gelobt – und als ein Sinnbild für ihre Ruhe im Umgang mit Provokationen betrachtet.
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April 2008: Nicht nur über ihre typische Geste, die Merkelraute, auch über Merkels Kleidung gab es immer wieder Diskussionen. Zur Eröffnung der neu gebauten Oper in Oslo etwa trug sie ein tief ausgeschnittenes Kleid, das für breite mediale Aufmerksamkeit sorgte. Die Kanzlerin schien daraus Schlüsse gezogen zu haben – mit tiefem Dekolleté sah man sie nie wieder.
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Oktober 2008: Nach dem Bankrott der Investment-Bank Lehmann Brothers herrscht an den Finanzmärkten Chaos. Anfang Oktober erreicht die Finanzkrise Deutschland, die Münchner Hypo Real Estate steht kurz vor der Pleite und die Bundesbank meldet, dass Geldscheine knapp würden. Es gilt, einen Ansturm auf die Geldinstitute zu vermeiden. Im Kanzleramt treten Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück vor die Presse – und Merkel beruhigt die Menschen, indem sie sagt: „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein.“
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Februar 2008: Die Finanzkrise beschäftigt die Bundesregierung. Im Februar beschließt das Kabinett ein Enteignungsgesetz, mit dessen Hilfe marode Banken notfalls verstaatlicht werden können. Angela Merkel verteidigt die Gesetzesänderung und sagt: „Ich halte das Vorgehen für alternativlos.“ Ein weiterer prägender Satz aus dieser Zeit: „Man hätte einfach die schwäbische Hausfrau fragen sollen“, so Merkel. „Sie hätte uns eine Lebensweisheit gesagt: Man kann nicht auf Dauer über seine Verhältnisse leben.“
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Mai 2010: Noch einmal nennt Merkel eine Maßnahme „alternativlos“: Den geplanten milliardenschweren Rettungsschirm für überschuldete Euro-Staaten. Der Schutzschirm soll die Stabilität der Währung gewährleisten: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“, sagt Merkel im Bundestag. Die Euro-Rettungspolitik war in vielen Ländern umstritten und brachte der Kanzlerin auch im eigenen Land viel Kritik ein.
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Oktober 2012: Die Bundeskanzlerin hatte deutsche Hilfen für Griechenland zunächst ausgeschlossen, letztlich aber doch eingelenkt. Sie drängt in der Schuldenkrise allerdings auf einschneidende Spar- und Reformprogramme in Griechenland. Diese aufs Sparen ausgerichtete „Austeritätspolitik“ sorgt in vielen südeuropäischen Ländern für scharfe Kritik. Ihr Besuch bei Regierungschef Antonis Samaras in Athen wird von massiven Protesten begleitet.
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Februar 2012: Im Berliner Konzerthaus wird der Opfer rechtsextremistischer Morde gedacht. In ihrer Rede nennt Angela Merkel die Namen der zehn Menschen, die durch die Terrorgruppe NSU kaltblütig ermordet wurden. „Die Hintergründe der Taten lagen im Dunkeln – viel zu lange“, sagt Angela Merkel – und bittet die Angehörigen der Opfer um Verzeihung für falsche Verdächtigungen. „Wir tun alles, um die Morde aufzuklären“, verspricht die Bundeskanzlerin. Und sie beteuert, man werde alles dafür tun, „damit sich so etwas nie wiederholen kann“.
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Juni 2013: Im Sommer 2013 sind die Enthüllungen Edward Snowdens rund um den US-Geheimdienst NSA ein großes Thema. US-Präsident Barack Obama ist zu Besuch in Berlin. In einer gemeinsamen Pressekonferenz im Berliner Kanzleramt wird Angela Merkel zu Prism befragt, dem Überwachungsprogramm des US-Geheimdienstes NSA. Sie erklärt beschwichtigend: „Das Internet ist für uns alle Neuland.“ Der Satz wird im Netz zu einem großen Lacher.
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Oktober 2013: In Brüssel sprechen die europäischen Staats- und Regierungschefs über die Späh-Praktiken des US-Geheimdienstes NSA. Bei einer Pressekonferenz vor dem EU-Gipfel sagt Merkel dazu: „Ausspähen unter Freunden geht gar nicht.“
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Januar 2015: In Frankreich kommen 17 Menschen bei den Terroranschlägen auf die Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ und auf einen jüdischen Supermarkt ums Leben. Wenige Tage später marschieren in Paris rund 1,5 Millionen Menschen gemeinsam zum Gedenken an die Opfer. Auch Bundeskanzlerin Merkel nimmt teil, zusammen mit zahlreichen anderen Staats- und Regierungschefs. Das Bild von ihr und Frankreichs Präsident Francois Hollande ist berühmt geworden: Die Politiker galten bisher nicht unbedingt als Freunde, die Trauer aber soll sie zusammengeschweißt haben.
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April 2015: 150 Menschen sterben im März beim Absturz einer Germanwings-Maschine in den französischen Alpen. Kurz nach dem Start der Maschine hatte der Co-Pilot Andreas Lubitz die Türen verriegelt und sie auf Absturz-Kurs gebracht. Im Kölner Dom gedenkt auch Bundeskanzlerin Merkel sichtlich betroffen der überwiegend sehr jungen Opfer.
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September 2015: Die Szene an sich ist wohl noch kein schwieriger Moment für Angela Merkel. Doch sie hat Folgen für die Kanzlerin. Entstanden ist dieses Selfie mit einem geflüchteten Mann beim Besuch einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Berlin-Spandau. Das Bild ging – ebenso wie einige ähnliche – um die Welt. In Deutschland aber wurde es insbesondere von Gegnern der Flüchtlingspolitik von Merkel geteilt. Trotz des Gegenwindes macht Merkel deutlich, dass sie bei ihrer Linie bleibt: „Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land“, sagt sie.
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2015/2016: Bei Demonstrationen der rechtsextremen, islamfeindlichen Pegida-Bewegung – kurz für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ – wird nicht nur „Wir sind das Volk“, sondern immer wieder auch „Merkel muss weg“ skandiert. Vor allem in Dresden wird bei Demonstrationen regelmäßig Stimmung gegen Flüchtlinge gemacht. Die Kanzlerin ist eine der Hassfiguren der Pegida-Anhänger. Auch im Zusammenhang mit dem Aufstieg der AfD wird der Satz „Merkel muss weg“ immer wieder verwendet.
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Februar/März 2016: Unter dem Druck großer Flüchtlingsbewegungen vereinbaren die EU und die Türkei einen Deal: Die sogenannte EU-Türkei-Erklärung sieht vor, dass die Türkei syrische Flüchtlinge zurücknimmt, die irregulär nach Griechenland kommen. Die EU nimmt im Gegenzug syrische Geflüchtete aus der Türkei auf und unterstützt das Land finanziell bei der Versorgung der Schutzsuchenden. Der Deal ist umstritten, auch, weil der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Situation immer wieder ausnutzt, um Druck auszuüben. Auch Deutschland konfrontiert er immer wieder. Merkel betont allerdings, dass durch das Abkommen weniger Menschen im Meer zwischen der Türkei und Griechenland ums Leben kommen.
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Dezember 2016: Bei einem islamistischen Anschlag mit einem gestohlenen LKW sind auf dem Berliner Breitscheidplatz 12 Menschen getötet und viele weitere verletzt worden. Am Tag darauf kommen Bundeskanzlerin Merkel und SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum Breitscheidplatz – und legen zum Gedenken an die Opfer Blumen nieder. Ein Jahr später werfen die Angehörigen der Opfer Merkels Regierung in einem offenen Brief Missstände vor – im Hinblick auf die Anti-Terror-Maßnahmen in Deutschland und auf die Unterstützung für sie als Hinterbliebene.
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Februar 2018: Nach der Bundestagswahl im September 2017 ist zunächst eine Jamaikakoalition aus Union, FDP und Grünen im Gespräch. Doch dazu kommt es nicht, die Sondierungen scheitern und FDP-Chef Christian Lindner erklärt, es sei besser gar nicht zu regieren, als falsch zu regieren. Der Schock bei den Verhandlern sitzt tief. Im Dezember 2017 spricht sich die SPD für Gespräche mit der Union aus. Mehr als vier Monate nach der Wahl sind im Februar 2018 die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD im Februar schließlich abgeschlossen.
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März 2017: Bundeskanzlerin Merkel reist nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten für einen ersten Besuch in die USA. In Washington sorgt eine Situation für Aufregung: Als die Presse einen Handschlag fürs Bild fordert, ignoriert Trump das. Dennoch bleibt Merkel bei dem Treffen gelassen und offen. Zum Abschluss gibt es dann doch noch einen Händedruck.
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Oktober 2018: Das Ende der Ära Merkel ist eingeläutet. Einen Tag nach der Landtagswahl in Hessen mit massiven Verlusten für die CDU verkündet Merkel bei einer Pressekonferenz, dass sie nicht mehr als Parteivorsitzende und Kanzlerkandidatin der Union antreten wird. Sie erklärt auch, keine weiteren politischen Ämter mehr anzustreben.
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März 2021: Deutschland steckt noch mitten in der Coronapandemie, im Herbst und Winter sind die Zahlen der Neuinfizierten und Toten im Zusammenhang mit der Infektion massiv angestiegen. Bund und Länder ringen um einheitliche Regelungen – und vereinbaren eine Art zusätzliche Feiertage vor Ostern, die sogenannte Osterruhe. Doch nach den Beschlüssen herrscht Unklarheit, es gibt massive Kritik. Kurz darauf kippt Merkel die Regelung wieder. Zu viele Fragen hätten in der Kürze der Zeit nicht gelöst werden können, sagt sie. Sie bedauere, dass der Vorgang Verunsicherung ausgelöst habe – und sagt: „Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler“.
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Juli/August 2021: Im Juli sorgt das Unwettertief „Bernd“ in West- und Süddeutschland für Überschwemmungen, Chaos und Tote. Mehrfach besucht die Bundeskanzlerin die von der Hochwasserkatastrophe besonders betroffenen Gebiete in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. In Ahrweiler spricht Merkel von einer „surrealen, gespenstischen Situation“. „Die deutsche Sprache kennt kaum Worte für diese Verwüstung“, so die Bundeskanzlerin. Sie verspricht den Betroffenen Hilfe. Glücklicherweise sei Deutschland „ein Land, das das finanziell stemmen kann. Wir werden uns dieser Naturgewalt entgegenstemmen – mittel- und langfristig auch mit einer Politik, die Natur und Klima mehr in Betracht zieht, als wir das in den letzten Jahren gemacht haben“, sagt Merkel.
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August 2021: In Afghanistan haben die Taliban schneller als von vielen erwartet die Macht übernommen, die Evakuierung deutscher Bürgerinnen und Bürgern sowie von afghanischen Ortskräften insbesondere aus Kabul ist schwierig. In Berlin sagt Angela Merkel, sei beim 20-jährigen Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan nicht alles so geglückt und geschafft worden, wie man sich das vorgenommen habe. Die Annahme, dass es mehr Zeit gebe um Lösungen für afghanische Ortskräfte zu finden, nennt Merkel „eine falsche Einschätzung“. Die Regierungserklärung am 25. August war für Angela Merkel wohl die letzte in ihrer Amtszeit.