Das Lexikon starker Frauen Wonder Woman: Ein Hoch auf die Frauen!
Die eine fühlt sich im Mittelalter als dreizehnjährige Göre von Gott berufen, Frankreich zu retten, die andere macht im Wirtschaftswunder-Deutschland Karriere als Unternehmerin: Die Reihe „Wonder Woman“ feiert die starken Frauen gestern und heute - und das nicht nur am Weltfrauentag.
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Wonder Women: J. K. Rowling, Marlene Dietrich, Madonna und Steffi Graf (von links oben im Uhrzeigersinn). Diese und weitere Superfrauen stellen wir in unserer Bildergalerie vor.
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Rosa Luxemburg Polnische Mädchen nahm das Gymnasium in Warschau, das sie von 1884 an besuchte, eigentlich nicht auf, jüdische noch weniger. Schon als Kind spürte die Frau, die später zu einer der einflussreichsten Kämpferinnen des Sozialismus werden sollte, den Druck von Ausgrenzung. Nationalismen und Ungleichheit jeder Art anzuprangern, wurde zum wichtigen Ziele der Radikaldemokratin, schon als Schülerin engagierte sie sich politisch und arbeitete im Untergrund gegen den Druck des zaristischen Russlands. Nationalismus verurteilte sie später als letzte Ausflucht des Bürgertums, der Generalstreik schien ihr ein wirksames Mittel auf dem Weg zu Veränderungen. Als die SPD-Fraktion 1914 mit den anderen Parteien für die Mobilmachung stimmte, dachte die überzeugte Antimilitaristin kurz an Selbstmord. Während der Novemberrevolution setzte sich Rosa Luxemburg für den Schutz der Berliner Kulturgüter gegen Plünderer ein und engagierte sich dafür, dass eine Wache für die Museumsinsel abgestellt wurde. Die Frau, die sich, wie die Philosophin Hannah Arendt es formulierte, „mit der Ungerechtigkeit in der Welt nicht abfinden“ konnte, ermunterte jeden, um es freundlich zu sagen, Verantwortung zu übernehmen. „Wer sich nicht bewegt“, so Luxemburg, „spürt seine Fesseln nicht.“ Am 15. Januar 2019 jährt sich ihr Todestag zum 100. Mal. (ak)
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Zaha Hadid Respektgebietend war die Architektin Zaha Hadid schon allein als Erscheinung: Wie eine Königin aus dem Morgenland stets in feine Designerroben gehüllt, mit einer Reibeisenstimme, die in rasendem Englisch Sätze absondern konnte wie diesen: „There are 360 degrees, so why stick to one?“ Neunzig Grad, sollte das heißen, ist in der Architektur nicht das Maß aller Dinge. Entsprechend schiefwinklig, geneigt, gedreht, kippend, splitternd, fließend, exzentrisch und spektakulär hat sie gebaut. Ihre Prestigeprojekte rund um den Globus – Museen, Stadien, Opernhäuser – schmeichelten dem Geltungsdrang ihrer Auftraggeber und machten Hadid zum gefeierten Star der Szene. 2004 hat sie als erste Frau in ihrer Profession den als Architektur-Nobelpreis geltenden Pritzkerpreis erhalten. 2016 ist die Irakerin mit britischem Pass, die dem US-Architekten Frank Gehry wie eine „außergewöhnliche Naturgewalt“ vorkam, mit nur 65 Jahren gestorben – vermutlich an der Männerkrankheit Workaholismus. (say)
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Wangari Maathai Eine verblüffend effektive Idee und eine tolle Win-win-Situation, die Mensch und Natur voranbringt: Bäume pflanzen, besser: pflanzen lassen. Mit jedem Baum, den die Kenianerin mit ihrem Unternehmen Envirocare setzte, sollte die Zahl der Arbeitslosen sowie die Bodenerosion abnehmen und das Wissen um einen bewussteren Umgang mit der Natur wachsen. Maathai, studierte Biologin, die 1971 Professorin an der Uni in Nairobi wurde, hatte nicht nur den Wald in Kenia im Blick, sondern auch die Ausbildung von Frauen. Das von Maathai 1977 gegründete Aufforstungsprojekt „Green Belt Movement“ wurde zur afrikanischen Bewegung, die in 13 Ländern Baumschulen gründete, 30 Millionen Bäume pflanzte und 30 000 Frauen in Forstwirtschaft und Imkerei ausbildete. Als Hauptenergiequelle zum Kochen ist die Verfügbarkeit von Holz in Afrika überaus wichtig, wie der Beiname zeigt, den ihre Landsleute Wangari Maathai gaben: Mama Miti, das heißt auf Kisuaheli Mutter der Bäume. Dass eine intakte Umwelt eine nicht zu vernachlässigende Voraussetzung für ein friedliches Miteinander ist, hat sich schließlich bis nach Oslo herumgesprochen: Als erste afrikanische Frau erhielt Wangari Maathai 2004 den Friedensnobelpreis. (ak)
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Nina Hagen Im deutschen Kulturbetrieb gibt nur noch wenige Originale. Eines davon hat seine Weiblichkeit schon deutlicher zur Schau gestellt, als es manch strenger Tugendwächterin recht sein kann – erinnert sei an die Diskussionssendung „Club 2“, in der es 1979 vor laufender Kamera Nachhilfe in Masturbationstechniken gab. Oftmals jedoch erregt die Tochter der Schauspielerin Eva-Maria Hagen und Mutter der Schauspielerin Cosma Shiva Hagen Aufsehen durch ein Talent mit Zug zum Komödiantischen, das wiederum von Max Goldt einmal trefflich mit den Worten beschrieben wurde, dass in manchen Menschen „ein Gehirn der etwas anderen Art tickt“. Bei alledem sei jedoch nicht vergessen, dass sich Nina Hagen in erster Linie viele bleibende Verdienste mit teils wirklich hervorragender (weil eben sehr ungewöhnlicher) Musik erworben hat. Mit ihrer Nina Hagen Band und den zwei tollen Alben „Nina Hagen“ und – Spaß muss sein – „Unbehagen“ von 1978 und 1979 sowie acht weiteren Soloalben. Und als wandelndes Gesamtkunstwerk natürlich sowieso. (juw)
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Rosa Parks Ist es wirklich so einfach, die Welt gerechter zu machen? Zum Beispiel, indem man im Bus nicht aufsteht, obwohl ein Gesetz das vorschreibt? Vor einem halben Jahrhundert schien das so zu sein. Die US-Bürgerrechtlerin Rosa Louise Parks wurde am 1. Dezember 1955 in Montgomery verhaftet, weil sie sich geweigert hatte, ihren Sitzplatz im Bus einem Weißen zu überlassen. Es folgten Boykottaktionen, die als Anfang der schwarzen Bürgerrechtsbewegung gelten. Rosa Parks, 1913 in den Südstaaten geboren, war bei ihrer Aktion 42 Jahre alt, verdiente sich ihr Geld als Näherin und war seit mehr als zehn Jahren nebenbei als Sekretärin für die NAACP, eine Organisation zur Förderung farbiger Menschen, aktiv. 2005 ist sie in Detroit gestorben, wohin sie mit ihrem Mann 1957 vor Drohungen geflüchtet war. Sie sagte: „Ich möchte als ein Mensch in Erinnerung bleiben, der frei sein wollte, damit andere auch frei sein können.“ Als erste Frau überhaupt wurde sie vor ihrer Beisetzung im Kapitol öffentlich aufgebahrt. (ak)
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Junko Tabei Vor mehr als vier Jahrzehnten stand eine kleine Japanerin auf dem höchsten Berg der Erde: Am 16. Mai 1975 um 12.30 Uhr hatte Junko Tabei als erste Frau der Geschichte den Achttausender im Himalaja erklommen – eine schmächtige Gestalt im roten Daunenanzug, kaum zu erkennen hinter ihrer Atemmaske. Vergessen die extremen Strapazen der Besteigung, vergessen die Lawine, die auf 6300 Meter auf das Camp von Tabeis Team herabgedonnert war. Die fünfzehn Frauen hatten Glück, alle überlebten. Junko Tabei, die minutenlang bewusstlos unter den Schneemassen begraben und dann von einem Sherpa hervorgezogen worden war, schleppte sich nach ein paar Tagen „wie in Trance“ voran, bis ganz nach oben aufs Dach der Welt. Im Lauf ihres Lebens hat die Superbergsteigerin die Seven Summits, die sieben höchsten Berggipfel auf dem Planeten, allesamt bezwungen, ebenfalls als erste Frau überhaupt. (say)
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Queen Elizabeth I. Ihre Regentschaft war dreifach belastet: Elizabeth I. war a) eine Frau, sie war – als Tochter Heinrichs VIII. und seiner unglücklichen zweiten Ehefrau Anne Boleyn, deren Verbindung zumindest von den Katholiken im Land nicht anerkannt wurde –, b) ein „Bastard“, und sie wollte c) partout nicht heiraten. Alles keine idealen Bedingungen, um Königin von England zu werden. Aber Elizabeth berief sich stets darauf, mit England verheiratet zu sein. Was nicht hieß, dass sie Männern grundsätzlich die kalte Schulter gezeigt hätte. Die Maiden Queen, die jungfräuliche Königin, setzte den Flirt als Mittel der Diplomatie ein und ernannte ihren Lover Robert Dudley, Earl of Leicester, zu ihrem Nachfolger (den sie zur Erleichterung ihrer Untertanen aber überlebte). Doch in politischen Dingen ging sie über Leichen, wenn es ihren Interessen diente: Ihre schottische Cousine Maria Stuart starb auf ihren Befehl auf dem Schafott. In die Geschichtsbücher ging Elizabeths 45 Jahre währende Regierungsära (1558–1603) dennoch als Goldenes Zeitalter ein. (say)dpa
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Christiane Nüsslein-Volhard Am Ei der kleinen Taufliege hat Christiane Nüsslein-Volhard die genetische Steuerung in der Embryonalentwicklung erforscht. In den eigenen Worten von Deutschlands bekanntester Biologin: „Wir versuchen zu erklären, woher die Zellen in einem Ei wissen, ob und wann sie Haut oder Hirn werden oder ob sie die Gestalt einer Fliege oder eines Menschen annehmen sollen.“ Dafür hat die Tübinger Professorin 1995 zusammen mit ihren amerikanischen Kollegen Eric Wieschaus und Edward B. Lewis den Nobelpreis für Medizin erhalten. Bis heute ist sie eine wichtige Stimme in vielfach problematischen Fragen der Genforschung und hat als solche im Deutschen Ethikrat mitgewirkt. Ein Anliegen ist Nüsslein-Volhard auch die Frauenförderung: 2004 gründete sie eine Stiftung, die jungen Wissenschaftlerinnen mit Kindern durch Stipendien Spielraum für ihre Forschungsarbeit gibt. (say)
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Hannah Arendt Gerade steht ein Büchlein aus ihrem Nachlass auf den Bestsellerlisten, das ein bezeichnendes Licht auf die autoritären Tendenzen in Politik und Gesellschaft unserer Tage wirft: „Die Freiheit, frei zu sein“ von Hannah Arendt. 1967 verfasst, könnte der Essay sich auch auf das Jahr 2018 beziehen. Ein Teil ihres Erfolgs basiert darauf, dass ihr Denken immer im Heute situiert sei, sagt der Philosophie-Professor Thomas Meyer, der das Nachwort zu Arendts Freiheitstext geschrieben hat. Ihre Berühmtheit verdankt die politische Philosophin aber ihrem Buch „Eichmann in Jerusalem“ über den Prozess gegen den Organisator der Massendeportationen in die NS-Vernichtungslager. Der Untertitel „Ein Bericht von der Banalität des Bösen“ wurde zu einer tausendfach zitierten Formel über das Wesen totalitärer Herrschaft und ihrer Handlanger. Die erste deutsche Übersetzung des amerikanischen Originals erschien 1964 im Piper Verlag, der damals von Hans Rößner geleitet wurde, einem einstigen SS-Obersturmbannführer und Kollegen von Eichmann im Reichssicherheitshauptamt. Davon hat die aus Deutschland vertriebene Jüdin Hannah Arendt jedoch nie etwas erfahren. (say)
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Angela Merkel Selbst wer von A bis Z wirklich alles schlecht fand, was sie seit ihrer ersten Vereidigung vor dem Deutschen Bundestag am 22. November 2005 bewirkt hat, muss zugeben, dass sie Emanzipations- und Feminismus-Geschichte geschrieben hat. Als scheues Hascherl aus dem Osten im Jahr 2000 nur deshalb zur CDU-Vorsitzenden geworden, weil die bis dahin aktiven CDU-Kerle am Ende waren, erreicht sie das, was ihr niemand zugetraut hätte: Sie gewinnt nach den Bundestagswahlen im Herbst 2005 das wichtigste Amt des Staates, obwohl ihr der Amtsvorgänger Gerhard Schröder, weiß Gott ein echter Kerl, am Wahlabend noch prophezeit: „Ach, Frau Merkel, Sie glauben doch nicht, dass Sie jetzt Bundeskanzlerin werden!“. Nun, sie wird noch viel mehr: international angesehen, auch gefürchtet, von den amerikanischen Magazinen mehrfach zur „mächtigsten Frau“ der Welt gewählt. Wie radikal dieser Einschnitt war und ist, wird auch daran deutlich, dass großen Teilen der CDU jetzt nichts wichtiger scheint als das Rad der Geschichte möglichst komplett wieder zurück zu drehen. schl
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Hildegard Knef Pfundweise falsche Wimpern, leichter Silberblick aus blauen Augen, rauchiges Timbre und dazu dieser unverkennbare Berliner Zungenschlag, wenn sie „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ sang – Hildegard Knef war die Diva des deutschen Chansons, die letzte ihrer Art, bevor diese Kunst hierzulande mit ihr zu Grabe getragen wurde. Ihre deutschen Landsleute, hin- und hergerissen zwischen Biederkeit und Bewunderung, liebten und hassten sie. Vor allem als sie 1950 in Willy Forsts Film „Die Sünderin“ eine Sekunde lang nackt zu sehen war, stand die Nation kopf. In Amerika machte sie als einzige „Kraut“ neben Marlene Dietrich Leinwand- und Broadwaykarriere, danach begann ihr Aufstieg zur deutschen Chanson-Ikone. Ihr letztes Album nahm der Trompeter Till Brönner 1999 mit ihr auf. „Dass es gut war, wie es war, das weiß man hinterher, dass es schlecht ist, wie es ist, das weiß man gleich“, singt sie da. Was klingt wie ein Kommentar zu den vielen Aufs und Abs in ihrem eigenen Leben. (say)
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Carla Del Ponte „Niemand hat einen gefährlicheren Job“, schrieb die „Weltwoche“ über die Schweizerin in den neunziger Jahren. Damals war sie schon knapp einem Sprengstoffanschlag entgangen, den die Mafia 1989 auf sie und den italienischen Richter Giovanni Falcone verübt hatte. Falcone starb einige Jahre später, als eine Bombe unter seinem Auto hochging. Zu den Staatsanwälten, die gegen Salvatore „Toto“ Riina ermittelten, den Paten der sizilianischen Cosa Nostra, der den Mord in Auftrag gegeben hatte, gehörte Del Ponte. Ab 1999 war sie Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs für Jugoslawien wie auch des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda. Zuletzt gehörte die mutige Juristin der UN-Kommission an, die Menschenrechtsverletzungen im Syrien-Krieg aufklären sollte. Aufgeschrieben hat sie alles in dem Buch „Im Namen der Opfer“. (say)
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Margarete Schütte-Lihotzky Mit Küche und Kochen, gestand Margarete Schütte-Lihotzky einmal, habe sie eigentlich „nichts am Hut“ gehabt. Gleichwohl wurde die 1897 in Wien geborene Architektin zur Erfinderin der modernen Einbauküche, die als „Frankfurter Küche“ in die Annalen der Architektur-Avantgarde eingegangen ist. An den Main geholt hatte sie der damalige Frankfurter Stadtbaurat Ernst May, wo sie in der Abteilung T seines sozialdemokratischen Stadtentwicklungsprogramms „Neues Frankfurt“ für die Normierung von Bauelementen zuständig war. In Anlehnung an die kompakte Speisewagenküche der Mitropa entwarf Schütte-Lihotzky eine funktionale, seriell gefertigte Arbeitsküche, die innerhalb weniger Jahre in 10 000 Frankfurter Wohnungen eingebaut wurde und es zu internationaler Verbreitung brachte. Mit ihrer durchrationalisierten Küche ging es ihr aber nicht nur um effizientes Wirtschaften, sie betrachtete die möglichst weitgehende Befreiung der Frau von zeitaufwendiger Hausarbeit vor allem auch als notwendige Voraussetzung der weiblichen Emanzipation. (say)
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Nadia Boulanger Ihr Ruf als Pädagogin war legendär. „Wenn ihr komponiert, dann ist es mir lieber, ihr irrt euch und bleibt dabei natürlich und frei, als dass ihr anfangt, irgendetwas vortäuschen zu wollen, was ihr nicht seid“: Dieser Satz, den Nadia Boulanger am Pariser Conservatoire Studenten der Harmonielehre mitgegeben haben soll, würde noch heute jeden Lehrenden schmücken. Studenten streng zu leiten, aber nie an der Kandare bloßer Imitation – nach dieser Maxime hat die Dirigentin, Organistin, Pianistin und Komponistin Nadia Boulanger (1887–1979) gelebt. Mehr als 1200 Studenten hat sie unterrichtet, prominente Komponisten wie etwa Aaron Copland, Astor Piazzolla, Quincy Jones und Philip Glass sind aus ihrer Schule hervorgegangen. Als Dirigentin, die sich sehr für das genialische Werk ihrer früh verstorbenen Schwester Lili einsetzte, eroberte Nadia Boulanger als eine der ersten Frauen eine Männerdomäne. „Mademoiselle“ wurde die zeitlebens Unverheiratete genannt. Der Kunst allein hat sie gelebt – denn „der Künstler hat eine erschreckende Verantwortung“. (ben)
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Hedy Lamarr Sicherlich war sie nicht Hollywoods größte Schauspielerin – aber sie hatte diese unergründlichen Augen, die ins Herz des Betrachters zielten. Auf dem Höhepunkt ihrer Bekanntheit in den dreißiger und vierziger Jahren wurde Hedy Lamarr das Label „schönste Frau der Welt“ angeheftet. Ein vergiftetes Kompliment, denn damals – selbst heute noch – war klar: Eine schöne Frau ist wahrscheinlich nicht smart, klug, intelligent, originell oder gar genial. Geboren 1914 in Wien als Hedwig Eva Maria Kiesler, aus einer jüdischen Familie stammend, war Lamarr aber von alldem ein bisschen. Viele Jahre blieb unbekannt, dass sie eine Tüftlerin und Erfinderin gewesen ist. So ersann sie 1942 gemeinsam mit dem Komponisten George Antheil eine verschlüsselbare Funkfernsteuerung für Torpedos, die ein Patent erhielt. Heute wird diese Erfindung als Vorläufer der Bluetooth- und WLAN-Technologie anerkannt. (göt)
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Sophie Scholl Auf die Rückseite ihrer Anklageschrift schrieb sie das Wort „Freiheit“. Das Todesurteil über Sophie Scholl war da schon gesprochen. Am 22. Februar 1943 wurde sie, wenige Monate vor ihrem 22. Geburtstag, in München hingerichtet. Mit ihr starb ihr Bruder Hans, der sich des gleichen Vergehens schuldig gemacht hatte: zum Sturz des Hitler-Regimes aufzurufen. Ihre Appelle verbreitete die „Weiße Rose“, wie sich die Gruppe um die Geschwister Scholl nannte, in Flugblättern. Der sechste dieser Brandbriefe wurde ihnen zum Verhängnis, denn als Sophie einen Flugblattstapel in den Lichthof der Münchner Universität hinabsegeln ließ, wurden sie entdeckt und verhaftet. Heute erinnert an dieser Stelle eine Büste Sophie Scholls und eine „Denkstätte Weiße Rose“ an die mutigen Studenten im damaligen deutschen Terrorstaat. (say)
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Queen Elizabeth II Kriege führen, die spanische Flotte versenken, Nebenbuhlerinnen köpfen – all das, was von 1558 bis 1603 der ersten Elizabeth von England möglich war, ist Elizabeth II. nicht gegeben: Die heutige britische Monarchin hat keine politische Macht mehr. Doch als symbolisches Zentrum des politischen Systems Großbritanniens leistet sie seit nunmehr 66 Amtsjahren gleichwohl unschätzbare Dienste. Zur richtigen Wonder Woman ist sie aber erst in jener Lebensphase geworden, da andere Menschen sich aufs Altenteil verziehen – ebenso professionell wie diszipliniert absolviert sie auch mit 92 Lebensjahren noch ein volles Staatsprogramm – und erfreut die ganze Welt mit einer konsequent selbstbewussten und farbenfrohen Mode. (schl)
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Marlene Dietrich Halb geschlossene Lider, verführerisches Lächeln, so singt Marlene Dietrich, sie sei „der Liebling der Saison“: Konsequent arbeitete die Schauspielerin an ihrem Image der preußisch disziplinierten Femme fatale. In ihrem veröffentlichten Adressbuch listet sie Hotels und Blumenhändler ebenso penibel auf wie Filmstudios, Bürgermeister, Schauspieler und Regisseure – Willy Brandt, David Niven, Hildegard Knef, Orson Welles, Axel Springer und so fort. Als sie Nazideutschland verließ und nach Hollywood ging, zeigte sie außerdem: Man kann schön und glamourös sein und zugleich ein ernsthafter, politisch denkender Mensch mit moralischem Anspruch. (golo)
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Steffi Graf Dass ihr Gesicht irgendwann mal auf einer Briefmarke landen würde, hätte Steffi Graf wohl selbst nicht gedacht. Als ihr Vater sie mit 13 Jahren als Profisportlerin anmeldete, schienen Grand-Slam-Siege noch in weiter Ferne. Ihr erstes Profispiel verlor Steffi Graf haushoch. Doch es folgte eine der bis heute beeindruckendsten Sportlerbiografien der Welt. 1988 sicherte sich die Mannheimerin den sogenannten Golden Slam, eine Auszeichnung, die es vor ihr gar nicht gegeben hatte. 22 Grand-Slam-Siege, eine olympische Goldmedaille und 377 Wochen auf dem ersten Platz der Weltrangliste später verabschiedete sich Steffi Graf vom Profitennis – und war mit knapp 30 Jahren zur Legende geworden. (saf)
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Emmeline Pankhurst Ladylike war es nicht gerade, dass die Frauenrechtlerinnen den britischen Premierminister Herbert Asquith mit einer toten Katze bewarfen, Häuser anzündeten und Schaufenster zu Bruch gehen ließen. Aber mit guten Manieren war im Kampf um das Wahlrecht für Frauen nichts zu gewinnen. Ihre Anführerin Emmeline Pankhurst beschloss darum, zu militanteren Methoden überzugehen. Die Regierung reagierte mit äußerster Härte, doch die Chefsuffragette war nicht nur mit rhetorischer Brillanz, sondern auch mit einem unbeugsamen Kampfgeist gesegnet: Ab 1918 durften Frauen über dreißig in Großbritannien wählen, zehn Jahre später dann genau wie die Männer ab 21. (say)
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Jeanne d’Arc Sie war neunzehn, als sie starb. Dreizehn, als sie zum ersten Mal Stimmen hörte, die ihr befahlen, Frankreich aus den Fängen der Engländer zu retten und Karl VII. auf den Thron zu verhelfen. Kein Zweifel, auch heute würden solche Allmachtsfantasien für pubertäre Überspanntheit gehalten. Aber im Mittelalter gab es nur eine Erklärung für ein Mädchen, das sich die Haare abschnitt und sich ins Kampfgetümmel stürzte: Hexe, klarer Fall! Doch la Pucelle, die Jungfrau, wie sie sich selbst nannte, ließ nicht locker. Es gelang ihr, die Stadt zu befreien und mit dem Thronfolger nach Reims zu ziehen, wo er in ihrem Beisein zum König gekrönt wurde. Doch dann wendete sich das Blatt: Nach einem Inquisitionsverfahren wurde sie hingerichtet. Die Nachwelt feiert Jeanne d’Arc jedoch bis heute als Superheldin und Nationalheilige. (say)
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Pina Bausch Sie ist die einzige Künstlerin, die der Bühnenguru Frank Castorf neben sich duldet. Frauen könnten nicht so gut Regie führen wie Männer, hat der Theatersexist jüngst verkündet, nur Pina Bausch, die wusste, wie’s geht. Oft kopiert, nie erreicht? Tatsächlich kommt keiner so schnell ran an die Leichtigkeit, mit der die Erfinderin des Wuppertaler Tanztheaters – und vielleicht des Tanztheaters überhaupt – die Menschen in ihren Stücken aufeinandertreffen lässt. Ihr Weg von der schönen Folkwang-Schülerin zur international gefeierten Legende, aber auch die rund vierzig bis heute gespielten Stücke der 2009 plötzlich Verstorbenen machen Frauen Mut, weil sie ihre Stärken ins schönste Licht rücken – ohne über Schwächen zu schweigen. (ak)
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Amelia Earheart Dass sie als Jugendliche Zeitungsausschnitte über Frauen in Männerberufen sammelte, ließ schon erahnen, dass ihr Leben nicht im Zeichen von Kindern, Küche und Kirche stehen würde. Amelia Earheart, geboren 1897, war eine Himmelsstürmerin: Als erste Frau überquerte die Amerikanerin 1932 im Alleinflug den Atlantik. Sie brach Höhen- und Geschwindigkeitsrekorde und wurde daheim mit Konfettiparaden und Goldmedaillen gefeiert. Ihre Popularität nutzte sie, um sich für die Gleichberechtigung einzusetzen. Von einer Weltumrundung, zu der sie im Mai 1937 aufbrach, kehrte sie nicht zurück. In der Nähe der Howlandinsel im Pazifik verlor ihre Maschine den Funkkontakt zu den Bodenstationen, danach galt die Flugpionierin als verschollen. Über die Umstände ihres Todes wurde wild spekuliert. Tatsache aber ist, dass Amelia Earheart bis heute höchste Bewunderung gebührt. (say)
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Joanne K. Rowling The Elephant House heißt das typisch schottische Kaffee-und-Tee-Haus in der Altstadt von Edinburgh, wo Mitte der neunziger Jahre eine alleinerziehende Mutter namens Joanne K. Rowling an einer Geschichte namens „Harry Potter“ schrieb: Damit schenkte sie der Weltliteratur einen Helden, der zwar mit magischen Kräften, vor allem aber mit den Waffen der Freundschaft, des Mitgefühls und der Solidarität die Mächte des Elitären und der Menschenverachtung zu besiegen weiß. Rowlings Grundzauber ist dabei die erste Zauberformel, die auch in Hogwarts gelehrt wird, die Basis jeder Aufklärung überhaupt: Luminis! Spricht man es aus, wird es hell. (schl)
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Marquise de Pompadour Hingegossen in einem spektakulären Kleid, so hat sie sich von François Boucher porträtieren lassen. Wenn man die Marquise de Pompadour so sieht, dann versteht man, dass Ludwig XV. diese Schönheit zu seiner „maîtresse en tître“, seiner offiziellen Mätresse, erhob. Mit ihr begann die „Herrschaft der Mätressen“, wie der Historiker Peter C. Hartmann schreibt. Da sie klug genug war zu wissen, dass Sex eine fragile Machtbasis ist, sicherte sie ihre Position durch ein weit gespanntes Netzwerk ab. Und mit ihrer Verschwendungssucht hat sich la Pompadour um die Kunst verdient gemacht: Wäre sie nicht gewesen, gäbe es keinen Élysée-Palast und keine Place de la Concorde, keinen Petit Trianon und auch kein Sèvres-Porzellan. (say)
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Madonna „Ich denke, die umstrittenste Sache, die ich jemals getan habe, ist zu bleiben. Michael ist weg, Tupac ist weg . . . aber ich bin immer noch da“, hat Madonna mal gesagt. Madonna Louise Ciccone, wie sie mit Taufnamen hieß, spielte mit ihrer Sexualität wie kaum eine Frau zuvor, inszenierte sich als „Material Girl“ mit wasserstoffblonden Marilyn-Monroe-Haaren und einem von Jean-Paul Gaultier entworfenen spitzen Killer-BH. Ihre Reaktion? Gern ein beherztes „Fuck it“. Damit hat sie Maßstäbe gesetzt – sowohl in der Popmusik als auch in der Frage, wie Frauen zu sein haben. Ohne die Pionierin aus Michigan gäbe es heute Künstlerinnen wie Lady Gaga oder Beyoncé nicht. (jav)
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Maria Callas Das Gesicht von eleganten Händen umrahmt, den Blick durchdringend auf den Betrachter gerichtet - unsterblich ist nicht nur diese Fotografie der legendären Operndiva Maria Callas, sondern auch der Mythos um ihre Person. Spätestens, als sie im Alter von 28 Jahren die Saison an der Mailänder Scala eröffnete, wurde der Opernwelt bewusst, dass sie eine neue Königin hatte. Es folgte eine knapp 14 Jahre andauernde Sängerkarriere, in der sie ihr Publikum durch ihre bemerkenswerte Ausdruckskraft fesselte. Noch heute muss sich jede Sängerin, die die Rolle der Tosca, der Lucia de Lammermoor oder der Norma besetzt, mit fünzig Jahre alten, rauschenden Aufnahmen der Diva messen. (szo)
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Clara Zetkin Weltfrauentag? Brauchen wir den noch? Als Clara Zetkin bei der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz 1910 in Kopenhagen die Einführung eines Frauentags vorschlug, ging es ihr vor allem um die Agitation für das Frauenwahlrecht. 1818, als das Wahlrecht „für männliche und weibliche Personen“ per Gesetz fixiert wurde, hatten die Aktivistinnen um Clara Zetkin eine wichtige Etappe erreicht. Das Ziel freilich, blickt man mit den Augen der 1933 bei Moskau gestorbenen Sozialistin auf den Zustand der Welt, liegt in weiter Ferne. Denn Zetkin sprach an, was die Frauenbewegung der 1970er Jahre auf die Parole verkürzte, dass das Private politisch sei. „Die Emanzipation der Frau wie die des ganzen Menschengeschlechtes wird ausschließlich das Werk der Emanzipation der Arbeit vom Kapital sein“, mahnte Zetkin. (ak)
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Kathryn Bigelow Als erste Frau hat Kathryn Bigelow 2010 den Regie-Oscar gewonnen, stach mit dem Irakkriegs-Drama „The Hurt Locker“ sogar „Avatar“ aus. Seither gilt sie vielen Frauen als Vorbild, nicht nur in Hollywood – obwohl sie gewalthaltige Genrefilme dreht, die keinem femininen Stereotyp entsprechen und meist von Männern handeln. In „Zero Dark Thirty“ (2012) stellt sie die Ergreifung Osama Bin Ladens nach, in „Detroit“ (2017) die Rassenunruhen des Jahres 1967. Nicht erfüllt hat sich jedoch die Hoffnung, dass Bigelows Erfolg anderen Frauen den Weg in Schlüsselpositionen beim Film ebnen würde. Inzwischen weiß man, wieso – alle Hoffnungen ruhen nun auf einem konstruktiven Ausgang der „Metoo“-Debatte. (ha)
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Frida Kahlo Die zusammengewachsenen Augenbrauen, der dunkle Flaum auf der Oberlippe, die hochgesteckten Zöpfe, der Blumenschmuck im Haar – wenige Attribute genügen, und jeder weiß sofort, wer gemeint ist. Die Malerin ist eine geradezu kultisch verehrte Ikone der Kunstwelt. Das US-Magazin „Vanity Fair“ erklärte Kahlo boshaft zur „politisch korrekten Heldin für jede gekränkte Minderheit“. Das war in den Neunzigern, als die Identitäts- und Genderdebatte Fahrt aufnahm, der die Mexikanerin die perfekte Projektionsfigur bot. In ihren Bildern hat sie sich immer wieder als Schmerzensfrau dargestellt. Mit ihrer Farbenpracht, den Tieren, Früchten und Pflanzen strahlen ihre Werke aber zugleich eine faszinierende Vitalität aus. (say)
Foto dpa
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Yasmina Reza Tausende von Jahren existierten Theatergöttinnen nur auf der Bühne. Was sie sagten, legten Männer ihnen in den Mund. Sie hat das geändert: Die 1957 geborene französische Schauspielerin Yasmina Reza wurde Dramatikerin und weltberühmt. Eine Frau, die das Vorurteil widerlegt, Scharfzüngigkeit und Humor seien Männersache. Sie verhandelt Themen ihres Publikums und sagt damit auch etwas über den Zustand der Welt aus. Das Theater verlässt man dann womöglich mit der Erkenntnis: So peinlich sind die anderen – und so peinlich bin auch ich. (golo)
Foto Collection Irme Schaber
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Gerda Taro „Only the good die young“, nur die Guten sterben jung: Billy Joels Songzeile könnte auch auf die in Stuttgart geborene Fotografin gemünzt sein, die im Spanischen Bürgerkrieg mit ihren Bildern zu Ruhm und Ehren kam – und auch zu Tode, mit 27 Jahren. 1933 war sie nach Paris emigriert. Dort lernte sie den ungarischen Fotografen André Friedmann kennen und lieben, der sich später Robert Capa nannte, während sie ihren Geburtsnamen Gerta Pohorylle ablegte und den Künstlernamen Gerda Taro annahm. Kurz nach General Francos Putsch gegen die Republik 1936 gingen sie und Capa nach Spanien. Direkt von der Front hatte vor ihr noch keine Frau berichtet – ums Leben kam sie dann aber bei einem Unfall, bei dem sie von einem Panzer überrollt wurde. Ihrem Sarg in Paris folgten Hunderttausende, Stuttgart benannte 2008 einen Platz nach ihr. (say)
Foto dpa
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Beate Klarsfeld Man kann auch mit einer Ohrfeige in die Geschichte eingehen. Die Watschen, die Beate Klarsfeld am 7. November 1968 dem deutschen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger verpasste, machte sie schlag(!)artig berühmt. Mit der Attacke wollte sie nicht nur den einstigen Nationalsozialisten Kiesinger persönlich treffen, sondern auch das Schweigen der bundesrepublikanischen Gesellschaft über die ungesühnten Verbrechen der Nazidiktatur beenden. Beeindruckend liest sich die Liste der von Beate Klarsfeld und ihrem Mann Serge aufgespürten NS-Täter, allen voran, Klaus Barbie, der berüchtigte „Schlächter von Lyon“. Bei der Bundespräsidentenwahl 2012 unterlag Beate Klarsfeld als Kandidatin der Linken zwar Joachim Gauck, aber der ließ es sich dann nicht nehmen, die Klarsfelds 2015 mit dem Bundesverdienstkreuz auszuzeichnen. (say)
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Marcia Haydée Warum in die Ferne schweifen? Eine Frau, die ein Wunder vollbracht hat, gibt es auch in Stuttgart. „Ohne sie kein Ballettwunder“ stand über einem Artikel zum 80. Geburtstag von Marcia Haydée. Ja, die Muse John Crankos hatte maßgeblichen Anteil am Glücken seiner Choreografien, weil sie sich furchtlos auf Neues einließ. Doch noch furchtloser erwies sich die Primaballerina nach dem Tod des Stuttgarter Ballettgründers. Angebote anderer Kompanien hatte die brasilianische Tänzerin viele, sie hätte ihre Karriere überall auf der Welt fortsetzen können. Doch sie blieb und machte beherzt das, was Frauen nicht immer leichtfällt. Sie übernahm Verantwortung für die Zukunft des Stuttgarter Balletts, die damals nicht ganz gewiss schien. Neumeier, van Manen, Kylián, Forsythe, Scholz: Die großen Namen, die sich bis heute mit dem Stuttgarter Ballett verbinden, hat Marcia Haydée als Direktorin für ihre Sache gewonnen; sie selbst avancierte dank weiblicher Führungsqualitäten zur „Big Mama“ der Kompanie. „Das Beste kommt noch“ lautet das Lebensmotto Marcia Haydées; und so ist weiterhin mit wundersamer Wundervermehrung zu rechnen. (ak)
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Mata Hari „Kleopatra bekam, was sie wollte, Mata Hari auch. Ob sie gut oder böse waren, musst du selbst herausfinden“, singt Madonna in „Like it or not“. 1903 ging die als Margaretha Geertruida Zelle geborene Niederländerin nach Paris, um Tänzerin zu werden, und gab sich den Künstlernamen Mata Hari. Ihre Tänze bastelte sie aus javanischen Versatzstücken zusammen, entscheidend war aber eigentlich nur eines: Am Ende fielen die Hüllen. Im Paris des Fin de siècle gab es kaum einen Mann, der nicht von der schönen, großen Frau verzaubert war. Jenseits der dreißig wurden die Liebhaber rarer, weshalb sie ein Angebot des französischen Geheimdienstes annahm – wenig später spionierte sie dann auch für Deutschland. Obwohl sie keiner Seite je nennenswerte Informationen lieferte, wurde sie 1917 von den Franzosen wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. (szo)
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Kate Millett „Sexual Politics“ heißt das Hauptwerk Kate Milletts, dem 1970 der Sprung von der Dissertation zum Bestseller gelang. Das Wort Politik, erklärte die amerikanische Literaturwissenschaftlerin und Frauenrechtlerin, sei das einzig zutreffende, um die „wahre Natur der Geschlechtsrangordnung“ zu untersuchen. Der deutsche Titel „Sexus und Herrschaft“ bringt Machtstrukturen ins Spiel und verweist durch den Zusatz „Die Tyrannei des Mannes in unserer Gesellschaft“ auf Milletts kämpferischen Unterton. „Es ist interessant, dass viele Frauen sich selbst nicht als diskriminiert betrachten; man kann keinen besseren Beweis für eine erfolgreiche Beeinflussung finden“, notierte die Autorin. Sexismus, Missbrauch und Gewalt, wie sie Metoo zutage fördert, zeigen, dass gewisse Mechanismen der Machtausübung immer noch funktionieren. Kate Millett zu lesen, meinte ein männlicher Zeitgenosse der Feministin, fühle sich an, als steckten wesentliche Teile seines Geschlechtsorgans in einem Nussknacker. Wenn das keine Herausforderung ist! (ak)dpa
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Aenne Burda In die Wiege gelegt war es der Offenburger Eisenbahnertochter Anna Magdalene Lemminger nicht, dass sie einmal Gründerin des größten Modeimperiums der Welt werden würde. Aber schon als Kind fiel sie mit ihrer Willensstärke auf. Ihre Stunde schlug, als sie dahinterkam, dass ihr Mann, der Verleger Franz Burda, sie mit seiner Sekretärin betrogen und dieser auch noch die Leitung eines neuen Modeverlags übertragen hatte. Die dreifache Mutter stellte ein Ultimatum: „Entweder du gibst mir den Verlag, oder ich lass mich scheiden!“ Aenne, wie sich fortan nannte, versorgte die Republik mit Schnittmustern im angesagten Stil von Diors New Look. 1973 kletterte die Auflage auf zwei Millionen Exemplare, die in 120 Ländern verkauft wurden. „Ich bin Burda-Moden“, verkündete die Sonnenkönigin des Wirtschaftswunders ohne alle Bescheidenheit. Dass ihre Beerdigung 2005 einem Staatsbegräbnis glich, war da nur logisch. (say)
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Katharina von Bora Ihr Ehemann Martin Luther nannte sie Herr Käthe. Katharina von Bora muss demnach eine resolute Person gewesen sein. Anders ist es auch nicht zu erklären, dass sie als junge Nonne dem Kloster den Rücken kehrte. Flügel verliehen hatten ihr die Schriften des Wittenberger Reformators, den sie ein paar Jahre später heiratete. Die tüchtige Katharina managte den großen Haushalt des Professors, verhalf der Familie durch kluges Wirtschaften zu einigem Wohlstand und führte ein Hospiz. Auf den Porträts von Lucas Cranach sieht sie ein bisschen streng, aber auch gütig aus. Und die moderne Bronzefigur der Lutherin gehört eindeutig zu den Touristenlieblingen in Wittenberg. (say)
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Coco Chanel Sie verdarb allen den Spaß, die Frauen gern in Ohnmacht fallen sahen, weil ihnen ein Korsett den Atem nahm. Die französische Modeschöpferin hatte aber nicht nur etwas gegen Korsetts. Auch Rüschen und Volants waren ihr ein Graus. Chanel befreite die Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Glitter und Flitter, kreierte locker fallende Kleider und Twinsets, kürzte die Röcke knapp unterhalb des Knies. Schlicht und streng, doch reizvoll ist ihre berühmte Erfindung von 1926, das „kleine Schwarze“. Natürlich waren die Trägerinnen dieser schönen, auch bequemen Kleider nicht automatisch emanzipiert und selbstbewusst. Aber dass Kleider Leute machen, trifft auf ihre Mode dennoch zu, zum Beispiel auch auf das nicht minder berühmte Chanel-Kostüm. (golo)
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Madame de Staël „Dem Schauspiel, das Berlin gewährte, kam in Deutschland kein anderes gleich. Berlin kann sich als ein Brennpunkt der Aufklärung und des Lichtes betrachten. Wissenschaften und Künste sind im Flor.“ Die Inschrift im Berliner Roten Rathaus stammt von Germaine de Staël (1766–1817). Diese in vielfacher Hinsicht ungewöhnliche Frau brachte fünf Kinder zur Welt, nicht nur eheliche, publizierte Emanzipationsromane, betrieb einen einflussreichen literarischen Salon und wurde von Napoleon aus Paris verbannt. Ihr Hauptwerk „De l’Allemagne“ („Über Deutschland“), 1813 erschienen, enthält genauso viele Klischees und Irrtümer wie Wahrheiten, prägte aber dennoch nachhaltig das nachbarschaftliche Verständnis zwischen Frankreich und Deutschland. (uh)
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Mary Wigman Schön anzuschauen, federleicht, im Einklang mit der Musik? Wer Mary Wigman in ihrem berühmten „Hexentanz“ sieht, der kann sich die expressive Geste vorstellen, mit der sie die Vorgaben des klassischen Tanzes wegfegte. Auf Befreiung standen die Zeichen, als sie vor hundert Jahren ihre Karriere begann und hüllenlos auf dem Monte Veritá neue Bewegungen erkundete. Die als Karoline Sofie Marie Wiegmann 1886 in Hannover geborene Künstlerin wurde zur Protagonistin des Ausdruckstanzes und machte als Mary Wigman den New German Dance international bekannt. Emanzipation ist dabei das Stichwort, das Kunst und Leben der Wigman am besten begreift. Sie befreite sich und den Tanz aus jedem Korsett. (ak)
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Simone Young Eine Frau, die Männern den Ton angibt: 2005 stand die Australierin als erste Frau am Pult der Wiener Philharmoniker. Mit 25 Jahren kam sie nach Deutschland und wurde zur Pionierin. Als Dirigentin stand und steht sie auf den größten Opernbühnen der Welt, vor den bedeutendsten Orchestern. Nebenbei ist sie Mutter zweier Töchter. Der Einstellung „wir stellen keine Frauen ein, weil sie schwanger werden können“, machte sie ein Ende. Noch einen Monat vor der Niederkunft dirigierte sie an der Wiener Staatsoper, und zehn Tage nach der Geburt ihrer zweiten Tochter stand sie schon wieder am Pult. Warum auch nicht? Die meisten Männer, vor denen sie stehe, sagte Simone Young, hätten genauso einen dicken Bauch wie sie selbst, nur dass sie nicht schwanger seien. (emb)
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Golda Meir Ihr Mentor David Ben-Gurion nannte sie den „einzigen Mann in der Regierung“. Golda Meir (Mitte, mit US-Senator Edward Kennedy und dessen Frau Joan 1971) galt als harte, ja sogar gefürchtete Politikerin. Zeitgenossen kam die bärbeißige, kettenrauchende Art der israelischen Ministerpräsidentin vermutlich unweiblich vor. Zum Hardliner der zionistischen Sache war sie aber durch das Erlebnis von Pogromen in Kiew geworden, wo sie als Tochter eines armen jüdischen Zimmermanns den Antisemitismus der Bevölkerung schon in frühester Kindheit zu spüren bekam. Politik begriff sie fortan als Überlebenskampf. Umso erstaunlicher, dass sie als Regierungschefin auf den arabischen Überraschungsangriff im Jom-Kippur-Krieg von 1973 nicht vorbereitet war. Als die Katastrophe dann ihren Lauf nahm – schreibt ihre Biografin Francine Klagsbrun –, kämpfte sie wie eine Löwin, um Unheil von ihrem Land abzuwenden. Letztlich bedeutete dieser Krieg ihr politisches Ende: 1974 trat Israels eiserne Lady, eine der wichtigsten Politikerinnen des 20. Jahrhunderts, zurück. (say)
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Björk Vielleicht ist sie ja die bekannteste Isländerin aller Zeiten? Die Sängerin Björk hat neben ihrem Hauptberuf zwar auch noch vier bemerkenswerte Rollen als Filmmitwirkende zu bieten, eine halbe (ihr Kurzauftritt in „Prêt-à-Porter“), eine tolle (als Senta in Lars von Triers „Dancer in the Dark“), eine befremdliche (im Experimentalfilm „Drawing Restrain 9“ ihres Ex-Mannes Matthew Barney) und eine bemerkenswerte (im Dokumentarfilm „The Nature of Music“, in dem sie mit Richard Attenborough eine Stunde lang nur über die Bedeutung von Musik spricht). In erster Linie ist sie jedoch Sängerin, zunächst auf ihrem mit zwölf Jahren (!) veröffentlichten Debütalbum, dann mit 14 (!!) in einer Punkband und mit 15 (!!!) in einer Fusion-Jazz-Formation, später erst mit dem Experimentalprojekt KUKL, danach mit der sehr sonoren Popband Sugarcubes und zuletzt auf bis dato neun Alben als Solistin. Wollte man nun aber allein über ihre Sangeskunst schreiben: Dann wäre diese Kolumne hier auch für das nächste halbe Jahr belegt. (juw)
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Angelika Kauffmann Sie war ein Kind des 18. Jahrhunderts, einer Epoche, in der Frauen in der Kunst als Modell oder Muse vorkamen, aber nicht als Malerinnen, und schon gar nicht als Malerinnen mit Star-Nimbus und internationaler Karriere. Angelika Kauffmann, 1741 in Chur zur Welt gekommene Tochter des Freskenmalers Joseph Johann Kauffmann und der Hebamme Cleopha Lutz, galt schon mit sechs Jahren als zeichnerisches Wunderkind. Zu Berühmtheit und Reichtum brachte sie es vor allem als Porträtmalerin an den Höfen des europäischen Adels und des gehobenen Bürgertums. Was ihre Auftraggeber an ihr schätzten, war ihr psychologisch einfühlender Blick und die lebensnahe Darstellung, wie sie etwa am Bildnis des englischen Schauspielers David Garrick exemplarisch zu sehen ist: Der Gentleman dreht sich lächelnd auf seinem Stuhl zum Betrachter um, als hätte ihn gerade jemand von hinten angesprochen. Der Weimarer Schriftsteller Johann Gottfried Herder bewunderte sie als die „vielleicht kultivierteste Frau Europas“. Auch die Staatsgalerie Stuttgart besitzt mehrere Kauffmann-Gemälde in ihrer Sammlung, im vorarlbergischen Schwarzenberg gibt es ein Kauffmann-Museum. (say)say
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Die wahre Wonder Woman Zum Abschluss unserer Reihe muss jene Vertreterin eines starken Geschlechts auftreten, die im Grunde die einzig wahre Wonder Woman ist, nämlich Wonder Woman persönlich. Es war ein Mann, der 1938 den Grund legte für den Comic-Superhelden-Kosmos: Superman. Doch schon bald darauf entschied der Verlag All-American Comics (später DC Comics), dass der starke Kerl unbedingt durch ein starkes Mädel ergänzt werden müsse. 1941 erschien ihr erstes Heft, das davon erzählt, wie eine Amazonenprinzessin den Schutz ihrer Heimat verlässt, um als Diana Prince und in der normalen Welt den Kampf gegen die Nazis aufzunehmen. Dass bei der Konstruktion der Figur und der Geschichte vor allem Männer das Sagen hatten, lässt sich kaum übersehen. Aber in den fast achtzig Jahren Comic-Geschichte seitdem hat sich Wonder Woman längst emanzipiert. In einer Kinoversion von 2017 verkörpert inzwischen die israelische Schauspielerin Gal Gadot die Titelrolle. Und dieser absolut toughen Filmfigur sollte kein Nazi leichtfertig über die Füße stolpern. Sonst: Schlips weg! (schl)