Der Ferrari-Pilot ist am Tiefpunkt seiner Karriere Willi Weber: „Sebastian Vettel sollte übers Aufhören nachdenken“
Nullnummer in Silverstone nach einem selbst verschuldeten Unfall – es war nicht der erste Patzer von Sebastian Vettel in dieser Formel-1-Saison. Was Experten dem Ferrari-Piloten raten und wie sie seine Zukunft einschätzen, erfahren Sie in unserer Bildergalerie.
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Sebastian Vettel schubst mit seinem Ferrari den Red Bull von Max Verstappen ins Kiesbett – verliert der Deutsche im WM-Kampf allmählich die Nerven?
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Willi Weber (Ex-Manager von Michael und Ralf Schumacher): „Für diesen Unfall gibt es keine Ausrede, Sebastian Vettel sollte sich besser konzentrieren. Meines Erachtens flattern bei ihm die Nerven, denn die Fehlerhäufigkeit in den Rennen und im Qualifying hat zugenommen. Null Punkte sind null Punkte. Er sollte sich vielleicht überlegen, ob er nicht zum Jahresende aufhören möchte – er demontiert sich gerade selbst. So wird das nichts mit dem Weltmeisterschaftstitel, Lewis Hamilton ist derzeit der Beste. Das liegt aber nicht nur am Auto. Der junge Charles Leclerc sitzt ebenfalls in einem Ferrari, er hat also dasselbe Material – und er war in den letzten drei Rennen jeweils vor Vettel. Das zeigt, was möglich ist und wozu die junge Generation fähig ist.“
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Marc Surer (Ex-Formel-1-Pilot/re. mit Keke Rosberg): „Es ist schon so, dass sich bei Sebastian Vettel die Fehler häufen. Er steht durch seinen Teamkollegen Leclerc extrem unter Druck. Damals, als Daniel Ricciardo zu Red Bull kam, da hat er auch so einen Druck bekommen – und er ging weg zu Ferrari. Irgendwie habe ich das Gefühl, das Auto passt nicht zu ihm, er fühlt sich darin nicht so wohl. Dadurch muss er ein bisschen übers Limit gehen, und dabei passieren ihm eben die Fehler. Nehmen wir Mercedes als Beispiel: Im letzten Jahr hat das Auto besser zu Lewis Hamilton gepasst, da hat Valtteri Bottas – von einer oder zwei Ausnahmen – keine Chance gehabt. Es ist ganz wichtig für einen Fahrer, dass das Auto zu seinem Fahrstil passt. Sebastian ist ein sehr feinfühliger Fahrer. Er braucht in der Kurve das Vertrauen in ein stabiles Heck. Offensichtlich ist das Ferrari-Heck ein bisschen zu lose, so findet er manchmal nicht seinen Rhythmus. Ich glaube nicht, dass er so aufhören will. Er möchte beweisen, dass er mit Ferrari Weltmeister werden kann – dann hört er wohl auf.“
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Norbert Haug (Ex-Mercedes-Motorsportchef): „Vettel gehört zweifellos zu den Top Fünf der Formel-1-WM, und das seit einem Jahrzehnt. Allerdings wirkt er gelegentlich, als ob er zu schnell zu viel will – was ja beim Rennfahrer keine Eigenschaft ist, die grundsätzlich verwundern müsste. Richtig und wichtig fand ich, dass sich Sebastian am Sonntag nach seinem Fahrfehler im Parc fermé unmittelbar nach dem Rennen bei Max Verstappen entschuldigt hat. „Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung“ hat mir schon der Klassenlehrer in der Schule gepredigt, und diese Allerweltsweisheit gilt auch für Formel-1-Rennfahrer. Und wenn Vettel jetzt in Hockenheim den Großen Preis von Deutschland am übernächsten Wochenende gewinnt, redet keiner mehr über seinen Fauxpas von Silverstone.“
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Bernd Mayländer (Safety-Car-Pilot): „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in dieser Saison noch eine Trendwende im Kampf um den WM-Titel geben wird – ich könnte mich nicht daran erinnern, dass es eine solch große Aufholjagd schon einmal in der Formel-1-Geschichte gegeben hätte. Mercedes hat das ausgewogenste und stabilste Auto auf allen Strecken, Lewis Hamilton macht die wenigsten Fehler. Sebastian Vettel dagegen steht unter Druck, er muss seit Wochen Punkte aufholen – und deshalb muss er etwas riskieren, da können Fehler passieren. Es ist immer schwer für einen Rennfahrer, wenn er als Titelkandidat in die Saison geht und dann plötzlich hinterherhechelt. Es kommt noch dazu, dass der Ferrari in seiner Leistung Schwankungen hat und die Fahrer stets mit einer gewissen Unsicherheit in die Rennwochenenden gehen.“
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Christian Danner (Ex-Formel-1-Pilot und TV-Experte): „Ich finde es generell ja gut, wenn man kompromisslos fährt – aber man muss eine Aktion eben so einleiten, dass sie nicht schiefgeht. Was Vettel gemacht hat, nennt man „wishful thinking“ – man sieht eine Lücke, wo eigentlich keine Lücke ist, und hofft, sie möge sich noch auftun. Man müsste Vettel wirklich einmal fragen: Was ist gerade los mit dir? Dass er am Druck zerbricht, das ist Käse – er kann als viermaliger Weltmeister damit umgehen. Aber ich bin selbst ein wenig ratlos, weil ich nicht weiß, wie ich ihn derzeit einschätzen soll. Denn es ist nahezu unmöglich. ein Gespräch mit ihm zu führen, bei dem er sich öffnet. Das möchte er einfach nicht. Und in Sachen WM-Titel müssen wir eigentlich nicht mehr drüber reden, dass diese Messe gelesen ist. Da will ich nicht mehr künstlich Spannung herbeireden.“