Die Faszination an echten Verbrechen Das Blut der anderen
Die besten Geschichten schreibt das Leben – leider auch die grausamsten. Und warum hören wir eigentlich so gerne zu? Was hinter unserer Faszination für wahre Verbrechen steckt und was passiert, wenn die Realität unserem Leben trotzdem zu nahe kommt.
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Die Lust an realen Verbrechen. Bei True Crime verschwimmen die Grenzen zwischen Fiktion und schockierender Realität.
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Der Klassiker des True Crime: „Aktenzeichen XY“-Erfinder Eduard Zimmermann ging 1967 erstmals auf Sendung.
Foto Memphis Police Department
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„Das verlorene Paradies: Die Kindermorde in Robin Hood Hills“ hat 1996 große Wellen geschlagen und zwei Fortsetzungen nach sich gezogen – der dritte Teil wurde 2012 für einen Oscar nominiert. Die Dokumentarfilmer Joe Berlinger und Bruce Sinofsky behandeln hier in epischer Breite den Fall der sogenannten „West Memphis Three“: Jessie Misskelley Jr., Jason Baldwin und Damien Echols. Die Jugendlichen werden 1993 beschuldigt, drei achtjährige Jungs in einem satanischen Ritual getötet zu haben – 1994 werden sie verurteilt, Nichols sogar zum Tod. Die Doku-Trilogie beschäftigt sich mit Ermittlungsfehlern, Verhandlungspannen und der Frage, ob die drei jugendlichen Heavy-Metal-Fans aus ärmlichen Verhältnissen wegen ihres Äußeren als Sündenböcke herhalten mussten. Prominente Unterstützer wie Johnny Depp, Pearl Jam oder der Regisseur Peter Jackson helfen, die Prozesskosten der Jugendlichen zu tragen. Nach über 17 Jahren Haft kommen die „West Memphis Three“ 2011 frei – allerdings nur gegen den sogenannten Alford Plea, eine Art-Teilschuldgeständnis. Damian Echols sagt später: „Die Aufmerksamkeit und die Unterstützer, die uns diese Dokumentationen verschafft haben, hat uns das Leben gerettet.“
Foto Sacramento Bee via ZUMA Wire
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Der sogenannte „Golden State Killer“ Joseph James DeAngelo wurde im April 2018 in Kalifornien gefasst, im Juli 2020 verurteilt. Ihm wurden 13 Morde und über 160 Verbrechen wie Entführung, Vergewaltigung, Einbruch und Raub zur Last gelegt, die zwischen 1974 und 1986 Kalifornien in Atem hielten. Dass der später als ungeklärt zu den Akten gelegte Fall nach all den Jahren doch gelöst wurde, ist der True-Crime-Autorin Michelle McNamara zu verdanken. Über fünf Jahre recherchierte sie an den Fällen. Ihre Erkenntnisse teilte sie mit den zuständigen Behörden. Sie verschaffte dem Fall neue Aufmerksamkeit – nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in den zuständigen Polizeibehörden.McNamara starb im April 2016 im Alter von 46 Jahren an den Folgen einer Arzneimittelwechselwirkung, einer versehentlichen Überdosis. Ihr Ehemann, der US-Starcomedien Patton Oswalt („King Of Queens“) beendete McNamaras Arbeit an einem Buch zu ihren obsessiven Recherchen. Der US-Pay-TV-Sender HBO sicherte sich die Rechte und verfilmte „I’ll Be Gone In The Dark“ als mehrteilige True-Crime-Doku.
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Anthony Perkins als Norman Bates in „Psycho“. Buchautor Robert Bloch erdachte die Figur anhand des realen Massenmörders Ed Gein. Regisseur Alfred Hitchcock erledigte den Rest.
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Die Realität war allerdings noch schlimmer: Ed Gein, 1957 verhaftet, bastelte aus Leichenteilen Interieur und fertigte aus der Haut seiner Opfer Masken. Die Taten Geins lieferten später noch Stoff für viele Filme, Musik, Literatur und Videospiele – Gein ist ein Stück US-amerikanischer Popkultur.
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Der 1966 erschienene Tatsachenroman „Kaltblütig“ von Truman Capote gilt als Begründer der True-Crime-Literatur. Capote schildert die Realität des bestialischen Mordes an einer Farmerfamilie aus Kansas in den USA in allen unappetitlichen Einzelheiten. Capote hält sich aber nicht nur am Blut und der Gewalt auf, sondern geht der Geschichte des Verbrechens auf den Grund. Er bricht sogar mit gängiger Moral und ringt den Tätern etwas Menschliches ab, versucht eine unbegreifliche Tat rückwirkend begreifbar zu machen. Die künstlerische Komponente: Capote möchte „Kaltblütig“ als ein Statement gegen die Todesstrafe verstanden wissen.
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„Der goldene Handschuh“ von Heinz Strunk basiert auf der Geschichte des Hamburger Serienmörders Fritz Wonka (Foto). Zur Recherche für den Roman wurde Autor Heinz Strunk Einblick in die Ermittlungsakten der Mordfälle gestattet, die sich zwischen 1970 und 1975 in Hamburg ereigneten.
Foto Netflix PR
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„Making a Murderer“ (Neflix) löste den jüngsten Boom des True-Crime-Genres aus. Es ist die tragische Geschichte des US-Amerikaners Steven Avery (Foto), der seit Jahren für ein Verbrechen in Haft sitzt, das er mutmaßlich nicht begangen hat. Die Dokuserie liefert dramatische Einblicke in die US-Gesellschaft, mögliche Justizwillkür und Armut.
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Eine Mischung aus True Crime, absurdem Theater und Realsatire bietet derweil die erfolgreiche Netflix-Produktion „Großkatzen und ihre Raubtiere“. Es ist die Geschichte von Joe Exotic, dem selbst ernannten „Tiger King“, einem streitlustigen Privatzoo-Betreiber in den USA.
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Die Faszination für Täter wie zum Beispiel Charles Manson (Foto) nimmt bisweilen fast kultische Ausmaße an und sind besonders in der Popkultur fest verankert.
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True-Crime-Serien wie beispielsweise „Stinkreich“ (Netflix), in der es um den Sexualverbrecher und Milliardär Jeffrey Epstein geht, regen mitunter auch (sensationalistische) Spekulationen an. Dessen Tod im August 2019 führte zu Mutmaßungen, die an Verschwörungstheorien grenzen.
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Als der Strafverteidiger Ferdinand von Schirach 2009 die Kurzgeschichtenserie „Verbrechen“ veröffentlichte, wurde er zum Star. Es folgten unter anderem noch „Schuld“ und „Strafe“ – Geschichten, die auf Fällen aus dessen Anwaltsalltag basieren. Kritiker werfen Schirach vor, Moral und Realität zugunsten der Dramaturgie zu trivialisieren.
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Wer noch mehr True Crime sucht: Die Mediatheken von ARD und ZDF sind prall gefüllt mit True-Crime-Dokus jeder Couleur – von „Aufgeklärt“ über „Erbarmungslos“ bis hin zu Dokumentationen über Kriminelle wie Pablo Escobar, El Chapo und natürlich dem Klassiker „Aktenzeichen XY“ (Foto).Der Pay-TV-Sender „Crime + Investigation“ bietet ebenfalls Verbrechen, Grauen, Mord und Totschlag satt. Buchbar über Sky und Amazon Prime.