Freispruch für Christian Wulff Den Kampf um die Ehre gewonnen
Zwei Jahre nach seinem Rücktritt als Staatsoberhaupt ist Christian Wulff vom Vorwurf der Vorteilsannahme freigesprochen worden. Wulff wirkt erleichtert. Das Urteil macht den Verlust des Amtes und den gewaltigen Imageschaden freilich nicht wett.
24 Bilder
Foto AFP
1 / 24
Er wolle sich wieder der Zukunft zuwenden, sagt Wulff vor dem Gebäude
Foto DPA
2 / 24
13.12.2011: Die „Bild“-Zeitung berichtet, dass Christian Wulff in seiner Zeit als Ministerpräsident den niedersächsischen Landtag getäuscht haben soll. Es geht dabei um ein privates Darlehen in Höhe von 500.000 Euro, das er von der Unternehmergattin Edith Geerkens erhalten haben soll, um das Einfamilienhaus der Wulffs zu bezahlen. Im Rahmen einer Befragung vor dem Landtag zur Air-Berlin-Affäre im Jahr 2010, gab Wulff allerdings an, keine geschäftlichen Beziehungen zur Familie Geerkens zu pflegen.
Foto dpa
3 / 24
15.12.2011 bis 18.12.2011: In einer ersten öffentlichen Stellungnahme bekräftigt Wulff, dass keine geschäftliche Beziehung zu Geerkens bestanden habe. Derweil berichtet der „Spiegel“, dass der Kredit angeblich von Egon Geerkens und nicht dessen Frau stamme. Wulff dementiert diese Meldung ebenso wie Behauptungen, er habe Privatreisen auf Kosten befreundeter Unternehmer unternommen, und weist erste Rücktrittsforderungen zurück.
Foto dpa
4 / 24
19.12.2011 bis 22.12.2011: Journalisten dürfen erstmals die Unterlagen zu Wulffs Privatkredit einsehen. Zeitgleich kommen neue Vorwürfe gegen Wulff auf: Angeblich soll sein Unternehmer-Freund Carsten Maschmeyer Werbeanzeigen für sein Buch „Besser die Wahrheit“ bezahlt haben. Wulff gibt an, nichts davon gewusst zu haben. Kurz vor Weihnachten wird Wulffs langjähriger Sprecher Olaf Glaeseker entlassen. In einer öffentlichen Stellungnahme entschuldigt sich Wulff bei den Deutschen für seinen Umgang mit der Kredit-Affäre.
Foto Zweygarth
5 / 24
23.12.2011 bis 31.12.2011: Neue Anschuldigungen werden laut: Das Land Niedersachsen soll sich an der Unternehmer-Party Nord-Süd-Dialog finanziell beteiligt haben – die Staatskanzlei stritt dies ab. Kurz vor Jahresende äußerte sich außerdem die BW Bank und bestätigte, dass Geerkens den Kontakt zwischen Wulff und dem Geldinstitut hergestellt hatte. Wie der „Spiegel“ am 31.12.2011 berichtete, habe Wulff ein zinsgünstiges Darlehen bei der BW-Bank als Dankeschön für seinen Einsatz im Zusammenhang mit dem VW-Porsche-Deal erhalten.
Foto dpa
6 / 24
01.01.2012: Um einen Bericht der „Bild“ über die Finanzierung von Wulffs Haus zu verhindern, meldet sich Wulff persönlich bei „Bild“-Chef Kai Diekmann. Vom „endgültigen Bruch“ mit dem Springer-Verlag, „Krieg führen“ und der Überschreitung des Rubikons war in der Nachricht auf Diekmanns Mailbox die Rede.
Foto dpa
7 / 24
04.01.2012 bis 12.01.2012: In einem Interview mit ARD und ZDF stellt Wulff klar, dass er nicht zurücktreten werde – verspricht aber Transparenz. Wenig später veröffentlicht sein Anwalt Gernot Lehr allerdings nur eine sechsseitige Zusammenfassung anstelle der Antworten auf 400 Journalistenfragen im Netz. Außerdem wird der Nord-Süd-Dialog Thema im Rechtsausschuss in Hannover.
Foto dpa
8 / 24
14.01.2012: „Spiegel Online“ berichtet, dass Wulff sich in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident von Filmproduzent David Groenewold zum Oktoberfest habe einladen lassen.
Foto dpa
9 / 24
16.01.2012 bis 21.01.2012: Nachdem die Staatsanwaltschaft Hannover mitteilte, dass es „keinen strafprozessualen Anfangsverdacht“ gegen Wulff gäbe, wurde bekannt, dass die niedersächsische Landesregierung doch die Ausrichtung des „Nord-Süd-Dialogs“ unterstützt hatte und zumindest Olaf Glaeseker aktiv an dessen Organisation beteiligt gewesen war. Es folgen Hausdurchsuchungen bei Glaeseker und Eventmanager Manfred Schmidt wegen des Verdachts auf Korruption.
Foto dpa
10 / 24
24.01.2012 bis 01.02.2012: Die Staatsanwaltschaft durchsucht das frühere Büro Glaesekers im Bundespräsidialamt.Weitere Details zum Nord-Süd-Dialog werden bekannt: Angeblich hat die Staatskanzlei Sponsorengelder im Namen des damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff eingeworben. Ferner soll Wulff engere geschäftliche Beziehungen zu Geerkens unterhalten haben, als bislang bekannt.
Foto dpa
11 / 24
02.02.2012 bis 10.02.2012: Ein kostenloser Audi Q3 schon vor dessen Markteinführung, ein Skoda zu vergünstigten Konditionen, Sylt-Urlaube auf Kosten des Filmunternehmers Groenewold und die Benutzung eines Firmenhandys des Produzenten – die Liste der Anschuldigungen gegen Wulff wächst.
Foto dpa
12 / 24
11.02.2012: Unter Wulff als Ministerpräsident soll die Landesregierung eine Bürgschaft über vier Millionen Euro für das Unternehmen Waterfalls Productions zugesagt haben – es handelte sich dabei um eine Briefkastenfirma des Filmproduzenten Groenewold.
Foto dpa
13 / 24
17.02.2012: Nachdem die Staatsanwaltschaft bereits einen Tag zuvor die Aufhebung der Immunität des damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff beantragt hatte, gibt dieser um 11 Uhr seinen Rücktritt bekannt. Kurze Zeit später wird das förmliche Ermittlungsverfahren gegen Wulff eingeleitet.
Foto dpa
14 / 24
29.02.2012: Unmittelbar nach Wulffs Rücktritt stellt sich die Frage nach dem Ehrensold für den ehemaligen Präsidenten, der sich auf 199 000 Euro jährlich beläuft. Sowohl das Bundespräsidialamt als auch die Haushaltsexperten des Bundestages geben grünes Licht.
Foto dpa
15 / 24
02.03.2012 bis 27.04.2012: Die Wohn- und Geschäftsräume des Filmemachers David Groenewold und das Privathaus von Christian Wulff werden durchsucht. Der Verdacht: Vorteilsnahme beziehungsweise Vorteilsgewährung.
Foto dpa
16 / 24
13.05.2012 bis 24.08.2012: Wulffs ehemaliger Sprecher Olaf Glaeseker entscheidet sich nach mehreren Monaten zu einer öffentlichen Stellungnahme und äußert sich auf sieben Seiten zum Nord-Süd-Dialog. Im Korruptionsverfahren gegen ihn wird auch Wulff als Zeuge vorgeladen. Letztendlich kommt der Landesrechnungshof zu dem Ergebnis, dass bei den Lobby-Veranstaltungen zwar keine Steuergelder geflossen, diese aber in erheblichem Umfang von der Staatskanzlei unterstützt worden waren. Wulff gibt an, von all dem nichts gewusst zu haben.
Foto dpa
17 / 24
08.09.2012: Gerüchte machen die Runde, dass Wulffs Ehefrau Bettina eine Vergangenheit im Rotlichtmilieu hat. Diese geht juristisch gegen die Behauptungen vor und geht auch in ihrer Autobiografie „Jenseits des Protokolls“ auf die Vorwürfe ein.
Foto dpa
18 / 24
30.09.2012 bis 02.12.2012: Trotz neuen Vorwürfen gegen Wulff – unter anderem das Werben um Spenden für ein Filmprojekt Groenewolds bei Siemens und engen Beziehungen zu dem Talanx-Aufsichtsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Baumgartl – verkündet die Staatsanwaltschaft, dass die Ermittlungen gegen Wulff vorerst nicht ausgeweitet werden.
Foto dpa
19 / 24
07.01.2013: Christian und Bettina Wulff trennen sich nach fünf Jahren Ehe einvernehmlich. Bettina Wulff bleibt mit Sohn Linus vorerst im gemeinsamen Haus, das aber bereits im März verkauft wird. Christian Wulff zieht in eine Mietwohnung in Hannover.
Foto dpa
20 / 24
09.03.2013 bis 12.04.2013: Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen Wulff und Groenewold nun nicht mehr nur wegen Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung, sondern wegen Bestechlichkeit und Bestechung. Die Staatsanwaltschaft schlägt Wulff einen Deal vor: Sie verzichtet auf die Anklageerhebung, wenn er die strafrechtliche Verantwortung übernimmt und 20 000 Euro bezahlt. Wulff lehnt ab. Am 12.04.2013 wird somit erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Anklage gegen einen ehemaligen Bundespräsidenten erhoben.
Foto dpa
21 / 24
30.06.2013: Wulff lässt über seinen Anwalt eine Anklageerwiderung einreichen. In dieser werden Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft Hannover erhoben: Wulff sei, laut dessen Anwalt Müssig, von den Strafverfolgern zum Lügner degradiert worden.
Foto AFP
22 / 24
27.08.2013: Das Landgericht Hannover gibt bekannt, dass es ein Hauptverfahren gegen Christian Wulff eröffnet. Als Tag für den Prozessbeginn wird der 1. November angesetzt. Die Anklage: Vorteilsnahme – und nicht wie von der Staatsanwaltschaft ursprünglich gefordert Bestechlichkeit.
Foto dpa
23 / 24
20.09.2013: Der Prozessbeginn verschiebt sich um zwei Wochen auf den 14. November 2013. Angesetzt sind insgesamt 22 Prozesstage. 46 Zeugen wurden geladen.
Foto dpa
24 / 24
27. Februar 2014: Christian Wulff wird vom Landgericht Hannover freigesprochen.