Charly Graf hat vor 25 Jahren zusammen mit ein paar Freunden die Gruschtelkammer in Auenwald gegründet. Als aller erste Künstlerin ist 1991 Pe Werner aufgetreten. Seither füllen Männer und Frauen mit großen Namen sowie Nachwuchskünstler die Halle.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Auenwald - Er bekommt sie fast alle. Auch solche Künstler mit großem Namen, die eigentlich vor viel mehr Zuschauern auftreten. Karl-Heinz Graf, 60 Jahre alt, den alle nur Charly rufen, hat offenkundig ein Händchen für Künstler. Er hat vor 25 Jahren zusammen mit ein paar Freunden in Auenwald die Kleinkunstbühne Gruschtelkammer ins Leben gerufen. Die erste Künstlerin, die in der alten Sängerhalle in Auenwald-Oberbrüden aufgetreten ist, war Pe Werner – ein glücklicher Zufall.

 

Denn die Sängerin war ein paar Tage zuvor Gast in der „Hitparade“ bei Dieter Thomas Heck in Fernsehen gewesen. Die „Hitparade“ war damals d a s Sprungbrett für Musiker. „Pe Werner sang bei uns ihren Megahit ,Dieses Kribbeln im Bauch’“, sagt Graf und guckt sehr zufrieden. Die Backnanger Lokalzeitung habe einen überaus positiven Bericht geschrieben, und alle Bedenken mancher Zauderer im Ort seien wie weg geblasen gewesen.

Große Namen treten für kleines Geld auf

Die Gruschtelkammer hat ein treues Stammpublikum. Seit 15 Jahren sei jede Vorstellung ausverkauft, erzählt Graf, der seit der Gründung der Vorsitzende des Trägervereins ist. Die alte Sängerhalle fasse rund 130 Zuschauer. Mitunter gehen die Veranstaltungen in der deutlich größeren Auenwaldhalle über die Bühne. Graf sagt aber, die heimelige Atmosphäre in der Sängerhalle sei ihm viel lieber – und den meisten Gästen ebenfalls. Die Verpflichtung von Künstlern sei überhaupt kein Problem mehr. „Alle, die mal da waren, wollen unbedingt wieder kommen.“ Ferner erhalte die Gruschtelkammer jährlich rund 250 Bewerbungen. Zu den bekanntesten Stammgästen auf der Bühne, die „auch für kleines Geld auftreten“, gehörten zum Beispiel die beiden Kabarettisten Christoph Sonntag und Christoph Sieber.

Wie nur kommt ein gebürtiger Remstäler – Graf stammt aus Weinstadt-Schnait – dazu, in einem winzigen Flecken hinter Backnang eine Kleinkunstbühne zu eröffnen? Um diese Frage zu beantworten, muss man eintauchen in Charly Grafs Kindheit und seine Jahre in Hattersheim bei Frankfurt. Bereits als Bub habe er kleine Aufführungen veranstaltet und von den Zuschauern zehn Pfennig Eintritt verlangt. Später hat der gelernte Großhandelskaufmann, der heute Geschäftsführer einer Ludwigsburger Werbeagentur mit rund 25 Mitarbeitern ist, in Hattersheim die Einweihung der Kleinkunstbühne Posthofkeller mitbegleitet. „Dann war die Idee halt im Kopf“, sagt Graf: Irgendwann werde er auch so eine Bühne eröffnen.

Laien-Theatergruppe begeistert die Einheimischen

Ende der 80er-Jahre zog die Familie zurück nach Schwaben, die Grafs landeten zufällig in Auenwald. Der Charly traf Gleichgesinnte, konnte den Bürgermeister und schließlich auch die Gemeinderäte überzeugen. Zunächst seien manche Kommunalpolitiker allerdings ein bisschen skeptisch gewesen. Denn Graf wollte von der Kommune eine Ausfallbürgschaft in Höhe von 20 000 Mark (rund 10 000 Euro). Im Flecken hieß es: der Mann will 20 000 Mark, wohnt aber nur zur Miete. Wer weiß, ob alles mit rechten Dinge zugeht? Er bekam aber die Bürgschaft – und wohnt übrigens längst im eigenen Haus.

Die Gruschtelkammer lief rasch sehr gut. Aber Graf war nicht rundum zufrieden, denn die Auenwalder hätten die Bühne nicht so gut angenommen. Die meisten Gäste kamen von auswärts. „Ein glücklicher Umstand half aus dem Dilemma“, erzählt der Vorsitzende. Ein Mitglied des Fördervereins habe angeregt, eine eigene Theatergruppe zu gründen. Gesagt, getan. Seit etwa 15 Jahren bringen gut ein Dutzend Männer und Frauen schwäbische Lustspiele auf die Bühne. Die Gruppe spiele immer am Ende des Jahresprogramms an sechs Abenden. Alle Aufführungen seien „in Windeseile“ ausverkauft, und die meisten Zuschauer kämen aus Auenwald.

Was bringt die Zukunft? Ganz bestimmt regelmäßig große Namen in der Sängerhalle, die der Gemeinde gehört. Doch Grafs Traum vom eigenen Theater, sagt er, der werde wohl ein Traum blieben.