Vor einem Vierteljahrhundert wurde der Kreisverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald in Murrhardt gegründet. Die Forst-Lobbyisten mischen sich politisch ein, etwa beim Thema Windkraft, und sie bieten Veranstaltungen an, auch und speziell für Kinder.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Murrhardt - Mitte der 1980er-Jahre macht das Waldsterben Schlagzeilen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Medien nicht über tote Bäume und kaputte Wälder berichten. Etwa zeitgleich startet der damalige Leiter des Forstamts Backnang, Helm-Eckhart Hink, zusammen mit seinen Förstern waldpädagogische Tage. Er hatte erkannt, dass sich die meisten Kinder kaum mehr draußen in der Natur aufhalten, dass viele regelrecht Angst haben – auch im Wald. Hink versucht seither mit den verschiedensten Aktionen gegenzusteuern, seit mittlerweile genau 25 Jahren auch als zweiter Vorsitzender des Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW).

 

Auf Bundesebene arbeitet die SDW seit 1947. Doch selbst im Jahr 1990 gibt es in Baden-Württemberg nur zehn Kreisverbände, heute sind es 19. Anfang April 1990 gründen der damalige Murrhardter Bürgermeister Ulrich Burr, Helm-Eckhart Hink und weitere Mitstreiter in Murrhardt den SDW-Kreisverband Rems-Murr. Laut Satzung ist eins der wichtigsten Ziel des Vereins, „die Beziehung aller Bürger zu Wald und Natur zu fördern und zu stärken“. Die SDW hat seit 1990 im Landkreis ungezählte Veranstaltungen angeboten: Exkursionen und Projekte in Schulen, Kastanienlaub-Sammelaktionen, und und und.

„Bewusstseinsbildung für den Wald“

Wenn Hink kurz und knapp beschreiben soll, was die SDW erreichen will, dann sagt er: „Bewusstseinsbildung für den Wald“. Der Wald habe eine ökologische, eine ökonomische und eine soziale Funktion, das alles unter einen Hut zu bringen sei nicht einfach, aber möglich. Und mit Blick auf die Diskussion um das Waldsterben in den 80er-Jahren erklärt der Forstexperte: „Es gibt keine Entwarnung.“

Seit fünf Jahren ist der ehemalige Murrhardter Bürgermeister Gerhard Strobel Vorsitzender, und er mischt sich auch bei umstrittenen Themen, die den Wald betreffen, ein – etwa wenn es um die Windkraft geht. „Wir wollen grundsätzlich keine Windräder im Wald“, sagt Strobel, „aber im Notfall tolerieren wir sie“ – wie jetzt beim projektierten Windpark im Wald beim Eschelhof. Die SDW wolle keinesfalls als Bremser des Ausbaus regenerativer Energien dastehen. Still und heimlich freilich hoffen Strobel und einige seiner SDW-Kollegen darauf, dass die Flugsicherung, die den Windpark strikt ablehnt, sich durchsetzt, und dass die Windräder lieber dort gebaut werden, wo mehr Wind bläst und wo die Landschaft eh schon verhunzt ist: etwa neben den Autobahnen im Norden.

„Die Software der Jäger und Sammler“ springt an

Wer schon als Kind für die Belange der Natur und des Walds sensibilisiert wird, der setzt sich auch später für den Forst ein – darauf setzt Astrid Szelest. Sie konzipiert SDW-Angebote speziell für Kinder und für Familien. Astrid Szelest spricht gerne von der „Software der Jäger und Sammler“, die anspringe, wenn Buben und Mädchen draußen herumtollten.

In den nächsten Jahren will die Schutzgemeinschaft die Angebote ausweiten, speziell im Remstal. Es sei geplant, mit den Volkshochschulen zu kooperieren und beispielsweise weitere waldpädagogische Tage anzubieten – so wie das Hink bereits seit Jahrzehnten im Raum Backnang tut.

SDW-Bundesverband wird 1947 gegründet

Reparationen
Der Bundesverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) ist im Dezember 1947 gegründet worden, gut zwei Jahre nach dem Krieg. Ausschlaggebend war die katastrophale Lage, in der sich der Wald befand. Im Zuge der Kriegsvorbereitungen waren die deutschen Wälder systematisch abgeholzt worden. Und unmittelbar nach dem Krieg im Mai 1945 erfolgten speziell in den süddeutschen Wäldern riesige Kahlschläge – um die Reparationsforderungen der Siegermächte zu bedienen.

Weiße Flecken
Ende der 1980er-Jahre hat der damalige Stuttgarter Forstdirektor Konrad Bauer weiße Flecken gesucht – und viele Landkreise gefunden, in denen es noch keinen Kreisverband gab. Anfang April 1990 wurde der SDW-Kreisverband Rems-Murr mit Ulrich Burr an der Spitze gegründet. Heute ist Gerhard Strobel Vorsitzender, Helm-Eckhart Hink ist seither zweiter Vorsitzender.