Gerhard Sturm sorgt weiter für hohe Investitionen in Hohenlohe. Mit 35 Mitarbeitern gründete Sturm 1963 das Unternehmen EBM, die drei Buchstaben stehen schlicht für „Elektrobau Mulfingen“.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Mulfingen - Der Weg führt von der Hohenloher Ebene steil und kurvig hinab, unten rauscht die Jagst, die „Jagende“, wie es in historischen Deutungen heißt, durch ein wiesenreiches Tal. Die Landschaft ist rauer, anders als im nahen Kochertal wachsen Obstbäume, keine Reben. Am Kocher reiht sich bei Künzelsau, fast wie an der Rems, eine Fabrik an die nächste. Anders an der Jagst – dort wechseln sich schmucke Dörfchen am Flusslauf ab. Von Industrie ist so gut wie nichts zu sehen. Fast versteckt in einem Seitental bei Mulfingen steht die Zentrale des größten Industriebetriebes in Hohenlohe: Dort hat der weltweit führende Ventilatorenhersteller EBM-Papst seinen Sitz.

 

Was dort in den vergangenen 50 Jahren geschah, kann es mit der jagenden Jagst leicht aufnehmen. Mit 35 Mitarbeitern gründet Gerhard Sturm 1963 das Unternehmen EBM, die drei Buchstaben stehen schlicht für „Elektrobau Mulfingen“. Der Gründer geniert sich nicht, den kleinen, unbekannten Ort in das Firmenkürzel aufzunehmen – und die weltweite Expansion hat dies auch keineswegs behindert. Heute stehen 11 000 Mitarbeiter auf den Lohn– und Gehaltslisten. Für das laufende Geschäftsjahr, das am 31. März zu Ende geht, wird ein Umsatz von 1,4 Milliarden Euro angestrebt. Produzierende Niederlassungen gibt es in China ebenso wie in den USA, Indien oder Ungarn.

„Wir haben immer an uns geglaubt“, sagt Firmengründer Gerhard Sturm. Dieser Glaube war auch bitter nötig. Denn so imposant sich die Entwicklung des Unternehmens sich im Rückblick auch darstellen mag – die Gründerjahre waren keine Herrenjahre. Als Sturm einen speziellen Elektromotor in Ventilatoren einbauen wollte, hieß es bei Ziehl-Abegg in Künzelsau – dort hatte es der gelernte Maschinenbaumeister bis zum technischen Leiter gebracht – „das funktioniert nicht“. Doch Firmenchef Heinz Ziehl ließ sich von dem Tüftler überzeugen, in einer selbstständigen Firma einen Versuch zu wagen, und half bei der Gründung.

Damit aber war nur die erste Hürde genommen: Der neuartige Außenläufermotor, bei dem sich anders als bei traditionellen Motoren nicht die innere Welle, sondern das Drumherum dreht, während die Welle fest ist, brachte mehr Reklamationen als Geld. Seinen Geist gab der Motor beispielsweise in den Dunstabzugshauben des Küchengeräteherstellers Neff aus Bretten auf. Sturm blieb nichts anders übrig als solange zu tüftlen, bis er einen auch technisch stabilen Motor hatte. „Wir waren fast pleite“, erzählt er, „wir konnten aber gar nicht anders, als weiterzumachen, wir hatten ja sonst nichts.“

Heute dagegen hat EBM-Papst, 1992 war der damals insolvente Ventilatorenhersteller Papst aus St. Georgen im Südschwarzwald übernommen worden, vieles im Programm: Die Windmacher vom Jagsttal liefern ihre Ventilatoren an die Autoindustrie, wo sie etwa in Sitze eingebaut werden, an die Hersteller von Schaltschränken, Telekommunikationseinrichtungen oder von Hausgeräten. Mehr als 70 Prozent des Umsatzes werden im Ausland erwirtschaftet, wichtige Märkte dort sind die USA und China. Aufhorchen ließ die kleine Hohenloher Firma 1997: Vom in Schwierigkeiten geratenen, aber doch immer noch recht angesehenen Alcatel-Konzern wurde das Werk im bayrischen Landshut gekauft. Die Vertriebspartnerschaft mit Ziehl-Abegg dagegen wurde von den Künzelsauern 2005 aufgekündigt – heute sind beide Unternehmen Wettbewerber, bei denen teilweise Angehörige derselben Familien arbeiten.

Das neueste Produkt von EBM-Papst, das Unternehmen hat allein im vergangenen Jahr 74 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung gesteckt, sind Ventilatoren, die teilweise aus Biowerkstoffen hergestellt werden. Gerhard Sturm, der 1934 geborene Klassenkamerad der Schraubenkönige Reinhold Würth und Albert Berner, hat sich 2007 aus dem operativen Geschäft an die Spitze des Beirats zurückgezogen. Trotz der Expansion im Ausland wird auch in Deutschland weiter kräftig investiert: Zur Zeit wird das Werk in Herbolzheim, das zum Standort St. Georgen gehört, ausgebaut, vor wenigen Jahren wurde in der Nähe von Mulfingen, in Hollenbach, eine neue Fabrik eingeweiht. Natürlich ist Sturm herumgekommen in der Welt, aber Hohenlohe liegt ihm noch besonders am Herzen: Jahrzehntelang hat er sich auch als Kreisrat und Gemeinderat engagiert.