Aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds werden Sprachkurse für Migranten finanziert – aber nicht mehr lange, denn plötzlich seien die Mittel aufgebraucht, heißt es. Die Grünen wundern sich über den Programmstopp. Die Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) hofft auf Überbrückung durch den Bund.

Stuttgart - Die Länder setzen auf Berlin: Der Bundesrat hat am Freitag einen Antrag angenommen, der den Bund auffordert, ein Geldloch bei Deutschkursen für Migranten im Bundeshaushalt 2014 zu überbrücken. Baden-Württemberg war eine der Antragstellerinnen. „Deutschkenntnisse sind essenziell für die Integration in den Arbeitsmarkt,“ begründet die Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) den mit Bremen, Hamburg und Niedersachsen gemachten Vorstoß. „Es wäre fatal, wenn diese erfolgreichen Kurse bis Ende des Jahres ersatzlos ausgesetzt würden, weil es keine Mittel mehr gibt“, sagte Öney.

 

Danach sieht es aber aus – bis jetzt. Bis Ende 2014 sollten die Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds reichen. Mit gut 50 Millionen Euro pro Jahr werden seit 2009 Sprachkurse für Flüchtlinge finanziert, um ihnen die Integration in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Allein in Baden-Württemberg haben in diesem Zeitraum fast 12 600 Personen an einem solchen Kurs teilgenommen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verwaltet die Fondsmittel. Wie die Behörde in Nürnberg mitteilt, hat es im Land 639 solcher Kurse gegeben, 115 sind noch nicht beendet.

Vor vollendeten Tatsachen

Das Projekt läuft so gut, dass „die dem ESF-BAMF-Programm zugewiesenen EFS-Mittel nach jetziger Hochrechnung Ende April 2014 aufgebraucht sein werden“. Das teilte die Behörde den Trägern der Schulungen mit – in einem Schreiben mit Datum vom 1. April. Darin hieß es auch, dass „nur noch die bis zum 31. März beim BAMF bereits eingegangenen Kursanträge bewilligt werden können“.

Die Träger sind also vor vollendete Tatsachen gestellt. Das Land ist in 14 Fördergebiete eingeteilt, in denen verschiedene Anbieter tätig sind. In Stuttgart organisiert die Neue Arbeit gGmbH die Kurse; ihre Kooperationspartner sind Caritas, Evangelische Gesellschaft oder die Deutsche Angestellten Akademie. Diese ist allein in sieben Gebieten im Land der Hauptträger. Kooperationspartner sind oft Volkshochschulen.

Deren Beschäftigte und Honorarkräfte fragen sich nun, ob sie von Mai an noch einen Job haben. Den Trägern der Kurse werde erfolgreiche Arbeit bescheinigt, und dass sie „quasi selbst schuld sind, dass deswegen in diesem Jahr keine weiteren Bewilligungen nach dem Programm erteilt werden“, kritisiert die Landeschefin der Gewerkschaft Verdi, Leni Breymaier.

Neues Programm, neue Zielgruppen

Der Landtagsabgeordnete der Grünen, Daniel Lede Abal, hat einen Verdacht. Ihm sei unklar, weshalb die Mittel verbraucht sein sollen. Das Bundesamt habe noch vor einigen Wochen offensiv aufgefordert, weitere Kursanträge einzureichen. Dass das Geld „so plötzlich und unvorhersehbar“ verausgabt worden sein soll, werfe die Frage auf, ob das Amt und das Bundesarbeitsministerium ESF-Mittel umgeschichtet und den Topf für die Sprachkurse „zu Gunsten anderer Programme geleert haben“. Wenigstens ein anderes, mit einer Antragssperre belegtes Programm wurde nämlich plötzlich eingeschränkt wieder frei gegeben, sagt Lede Abal. „Das wundert uns.“ Der Grüne versteht auch nicht, warum das BAMF mit dem 2015 beginnenden neuen Förderprogramm eine „erhebliche Einschränkung der Zielgruppen“ für die Sprachkurse vornehmen will. Flüchtlinge mit Arbeitsberechtigung, angeworbene Fachkräfte oder Personen, die nach einem Studium in Deutschland bleiben wollen, seien künftig nicht mehr teilnahmeberechtigt. Das sind Leute, die vor allem für Baden-Württemberg interessant wären. Offenbar wolle man, so Lede Abal, die Fördermittel auch in andere Gebiete lenken.