Im Skandal um einen holländischen Neurologen sind die SLK-Kliniken in Heilbronn um Aufklärung bemüht. Unterdessen wurde bekannt, dass der zweifelhafte Mediziner auch in Worms und Nienburg tätig gewesen ist.

Heilbronn - Nach dem Klinikskandal von Heilbronn sieht die Deutsche Stiftung Patientenschutz die Politik in der Verantwortung. „Die Bundesbildungsministerin und auch die Länder müssen sich absprechen, wie man dem Ärztemangel in Deutschland entgegentreten kann“, sagte Vorstand Eugen Brysch am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Die Zahl der Arztstellen sei in den vergangenen 20 Jahren von 95 000 auf 140 000 gestiegen. „Das können wir mit eigenen Ärzten gar nicht stemmen.“ Die Heilbronner SLK-Kliniken hatten einen niederländischen Arzt entlassen, nachdem bekannt geworden war, dass der Mann wegen falscher Diagnosen in den wohl größten medizinischen Strafprozess in der Geschichte der Niederlande verwickelt ist. Unterdessen wurde bekannt, dass der Neurologe 2010 für einige Monate in den Mittelweser Kliniken in Nienburg tätig gewesen, berichtete deren Geschäftsführer Ronald Gudath am Dienstag. Der Mediziner habe als Honorararzt gearbeitet. Als Assistenzarzt sei der Niederländer aber nie ohne Aufsicht gewesen, sagte Gudath. Unter ähnlichen Bedingungen hatte der Mediziner zwischen August 2010 und Februar 2011 am Klinikum Worms praktiziert. Der Neurologe habe ausschließlich unter Aufsicht gearbeitet und als Assistenzarzt keine selbstständigen Entscheidungen getroffen, sagte der Geschäftsführer der Klinik, Friedrich Haas, am Dienstag. In beiden Fällen seien keine Patienten zu Schaden gekommen, hieß es. Die Stiftung Patientenschutz sagte dazu, Stellen etwa als Stationsarzt seien bei vielen deutschen Medizinern unbeliebt. „Jeder zehnte Arzt in einem Deutschen Krankenhaus erfüllt eigentlich nicht die Voraussetzung, hier Arzt zu sein, weil Patienten ihn nicht verstehen“, sagte deren Vorsitzender Eugen Brysch.

 

Patientenvertreter: Ein Ärzteregister hat keinen Sinn

Ein europäisches Ärzteregister, mit dem etwa aus Sicht von Unions-Gesundheitspolitiker Jens Spahn solche Fälle wie in Heilbronn verhindert werden können, bezeichnete Brysch als „Mumpitz“. Nach seinen Angaben kann ein beschuldigter Arzt schon mit einem Umzug von Nord- nach Süddeutschland seine Spuren verwischen, solange ihm straffrechtlich keine Vergehen nachgewiesen werden konnten.

„Wir wollen nichts vertuschen“, erklärte am Dienstag der Heilbronner OB Helmut Himmelsbach in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender der SLK-Kliniken. Die Klinik selbst hat nun weitere Schritte veranlasst. So werden nun alle Akten der Patienten des holländischen „Skandalarztes“ von einer unabhängigen Gutachter-Kommission der Universität Heidelberg überprüft. Außerdem sollen sich Patienten, die befürchten nicht sachgerecht behandelt worden zu sein, mit der Klinik für Neurologie (Telefon 07131/49-4701, 8 bis 16 Uhr) in Verbindung setzen. Dem Arzt steht in seinem Heimatland ein Prozess bevor, in dem es neben Behandlungsfehlern und falschen Diagnosen auch um Todesfälle geht. Auch die Staatsanwaltschaft Heilbronn hat Vorermittlungen eingeleitet.