Bernd Lucke kehrt der Partei, die er gegründet hat, den Rücken. Neue starke Frau in einer deutlich nach rechts gerutschten AfD ist Frauke Petry, die die Partei jetzt befrieden will. Aber gelingt ihr das?

Berlin - AfD-Chefin Frauke Petry hofft nach dem Rückzug von Parteigründer Bernd Lucke auf eine Befriedung der zerstrittenen Alternative für Deutschland. "Wenn durch den Austritt die Streitigkeiten jetzt beigelegt werden können, ist das genau das richtige Signal für uns", sagte Petry in Dresden. "Der Austritt ist nur konsequent."

 

Nach seiner Abwahl als AfD-Vorsitzender auf dem Bundesparteitag in Essen hatte Lucke am Mittwochabend seinen Parteiaustritt angekündigt. Die Partei sei "unwiederbringlich in die falschen Hände gefallen", sagte er mit Blick auf den am Wochenende verlorenen Machtkampf mit dem nationalkonservativen Flügel. Über die mögliche Gründung einer neuen Partei habe er noch nicht entschieden, erklärte der 52-jährige Europaabgeordnete.

Seine Mitstreiter haben dazu eine Umfrage in dem von Lucke mitbegründeten Verein "Weckruf 2015" gestartet. Deren Ergebnisse sollen am Donnerstag vorliegen. Der parteinahe Verein hat derzeit etwa 4000 Unterstützer. Er war im Mai als Reaktion auf rechte Strömungen in der Partei entstanden.

Lucke will kein "bürgerliches Aushängeschild" sein

Zu den Gründen für seinen Austritt sagte Lucke, er wolle nicht als "bürgerliches Aushängeschild für politische Vorstellungen missbraucht werden", die er aus tiefster Überzeugung ablehne. Zu diesen Vorstellungen, die in der AfD inzwischen weit verbreitet seien, zählten eine antiamerikanische Grundhaltung, ausländerfeindliche Ansichten und fundamentale Systemkritik.

Petry zeigte sich empört über diese Äußerungen. "Ich empfinde es als anmaßend, dass er die verbleibende AfD ins antibürgerliche Lager stellen will." Der dpa sagte sie weiter, Lucke habe seinen Austritt und auch die Neugründung einer Partei schon mit Gründung des "Weckruf"-Vereins vorbereitet.

Rechtsruck auf Parteitag

Die nationalkonservativen Kräfte in der AfD hatten sich auf dem Parteitag in Essen klar durchgesetzt. Lucke gehört dem neuen Bundesvorstand nicht mehr an. Vorangegangen war ein monatelanger Machtkampf zwischen Petry und Lucke, der eher für liberalkonservative Ansichten steht.

Der zum Petry-Lager zählende AfD-Vize Alexander Gauland kritisierte Lucke. Dieser sei "wirklich kein guter Parteiführer", sagte der Brandenburger Landesvorsitzende. "Er hat nur immer sich im Mittelpunkt gesehen und nicht die Partei, und dieser Fehler wird ihm wahrscheinlich auch wieder passieren, wenn er eine neue Partei gründet."

Hamburgs AfD-Vorsitzender und -Fraktionschef Jörn Kruse bezeichnete Luckes Parteiaustritt als konsequent. Durch Luckes Abwahl und den Rechtsruck sei die Partei eine völlig andere geworden, so der erklärte Lucke-Anhänger.

Vor dem Parteigründer hatten zahlreiche Mitglieder von Landesvorständen und mehrere AfD-Landesvorsitzende ihren Austritt angekündigt. Nach Auskunft der Bundesgeschäftsstelle vom Mittwoch traten nach dem Parteitag rund 600 der zuletzt rund 21.000 Mitglieder aus der AfD aus.