Seit dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 hat die Bundeskanzlerin einigen afrikanischen Staaten Besuche abgestattet. Mit ihrem aktuellen Besuch in Mali, Niger und Burkina Farso erhofft sich Merkel Erleichterung für Deutschland.
Berlin - UN-Generalsekretär António Guterres blickt mit großer Sorge auf die Sahel-Zone. „Die gesamte Region steht vor großen grenzüberschreitenden Herausforderungen, von Klimawandel und Dürre über wachsende Unsicherheit, gewalttätigen Extremismus bis hin zum Schmuggel von Menschen, Waffen und Drogen“, warnte Guterres kürzlich. Die internationale Gemeinschaft befürchtet, dass dieses explosive Gemisch zu neuen Fluchtbewegungen und politischer Instabilität über die Region hinaus führt.
Kanzlerin Angela Merkel besucht ab Mittwoch Burkina Faso, Mali und Niger, die zu den ärmsten Ländern der Erde zählen. Mit der dreitägigen Reise in die Subsahara-Staaten wolle Merkel ein „Signal zur Unterstützung“ senden, sagte eine Regierungssprecherin. Die Sahel-Region steht im Fokus internationaler Hilfe: Auf einer Geberkonferenz im Dezember kamen allein zwei Milliarden Euro zusammen, mehrere Militär- und Polizeimissionen sind im Einsatz.
Die Lage ist schlecht trotz internationaler Hilfe
Nachdem 2013 aus Nordmali vorrückende Rebellen nur mithilfe der französischen Armee aufgehalten werden konnten, bemüht sich die UN-Mission Minusma um die Stabilisierung des Landes. Die Bundeswehr beteiligt sich daran aktuell mit knapp 850 Soldaten, die Mission gilt als ihr derzeit gefährlichster Auslandseinsatz. Merkel stattet den deutschen Truppen im Nordosten Malis im Zuge ihrer Reise einen Kurzbesuch ab.
Bislang bedeutet das internationale Engagement jedoch nicht, dass sich die Lage nachhaltig verbessert. In Mali, Niger und Burkina Faso breiten sich terroristische Gruppen und bewaffnete Milizen aus, ohne dass die Regierungen ihnen etwas entgegensetzen können. In Burkina Faso stieg die Zahl der Terroranschläge zuletzt sprunghaft an, am Sonntag wurden bei einem Angriff auf eine Kirche mindestens fünf Menschen getötet.
Seit 2017 fast 2017 wegen anhaltender Konflikte geschlossen
Auch die grenzüberschreitende Unsicherheit nimmt zu. Das „Dreiländereck“ zwischen Mali, Niger und Burkina Faso sei in dieser Hinsicht derzeit das „Hauptproblem“, sagte der Sahel-Experte der Konrad-Adenauer-Stiftung, Thomas Schiller. Die Gegend stehe aber beispielhaft für die gesamte Region: „Man sieht, dass sich die Lage eher verschlechtert, als dass sie sich verbessert.“
Vielerorts gibt es keine geteerten Straßen, keine funktionierende Staatsgewalt. Aufgrund der zunehmenden Konflikte mussten der Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer zufolge in Mali, Burkina Faso und Niger seit 2017 fast 2000 Schulen schließen. „Armut, Perspektivlosigkeit und Extremismus sind die größten Herausforderungen in Afrika“, sagte der FDP-Außenpolitiker Bijan Djir-Sarai unserer Zeitung. „Die Bundesregierung sollte konkret beim Aufbau funktionierender staatlicher Strukturen helfen.“
Grenzüberschreitende Eingreiftruppe noch wirkungslos
Seit dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegungen 2015 widmet Merkel den Ursachen von Vertreibung und Migration große Aufmerksamkeit. Sie reiste mehrfach nach Afrika, 2016 nach Mali und Niger. Die Staatschefs der Länder waren wie der Präsident von Burkina Faso in den vergangenen Monaten bei der Kanzlerin zu Gast. Merkels Gegenbesuch soll nun unterstreichen, dass Afrikas Schicksal für Deutschland langfristig von Bedeutung ist.
Zum Auftakt trifft die Kanzlerin die Präsidenten der G5-Sahel-Staaten – zu der Gruppe zählen außer den drei Staaten auf Merkels Reiseroute auch Mauretanien und Tschad. Die Länder schlossen sich 2014 zusammen, vor zwei Jahren gründeten sie eine 5000 Mann starke gemeinsame Eingreiftruppe zur grenzüberschreitenden Terrorismusbekämpfung. Für die Einheit flossen rund 400 Millionen Euro aus dem Ausland, 20 Millionen davon aus Deutschland. Jetzt dürfte allerdings zur Sprache kommen, dass die G5-Soldaten bisher keine bedeutenden Erfolge erringen. Es sei wichtig, dass die Truppe „jetzt in die Gänge kommt“, mahnte Merkel zuletzt.
Grüne kritisieren Politiker der Bundesregierung
„Die Bundesregierung setzt immer mehr auf Militär und Aufrüstung, anstatt verstärkt die Entwicklung der Länder und die Perspektiven für die Menschen zu fördern“, sagte die Vizechefin der Grünen-Fraktion, Agnieszka Brugger, unserer Zeitung. Nötig seien aber zivile Lösungen etwa für die Konflikte um Land und Wasser. „Terrorismus und Kriminalität kann man nur wirksam den Nährboden entziehen, wenn die Menschen in der Sahel-Region bessere wirtschaftliche Perspektiven haben.“