Auf dem Stundenplan der Salier-Gemeinschaftsschule Waiblingen steht derzeit ein spezielles Fach: Eine Doppelstunde auf der Baustelle. Verbaut werden 13 500 Holzklötze. Es geht um weit mehr als Hochstapelei.

Wenn eine Schule zur Baustelle wird, ist das meist kein Spaß für Lehrkräfte und Schüler. In der Waiblinger Salier-Gemeinschaftsschule schon: In der Aula des Schulgebäudes sind derzeit Bauleute am Werk, ziehen Mauern hoch, errichten Einfamilienhäuser, Türme und Burgen. Das Baumaterial ist in der vergangenen Woche per Lastwagen mit Kranaufsatz aus Ditzingen (Kreis Ludwigsburg) über die Kreisgrenze auf die Korber Höhe nach Waiblingen geschafft worden: Insgesamt 13 500 Holzklötze, die etwa halb so groß sind wie Mauerziegel.

 

Der Schulsozialarbeiter Dietmar Höflich hat die Klötze ausgeliehen, und zwar nicht zum ersten Mal. „Ich bin seit 1999 Schulsozialarbeiter und habe die Bauklotzaktion damals vorgeschlagen. Das wurde mit Begeisterung aufgenommen und wir haben sie seither immer wieder gemacht“, erzählt er. In diesem Jahr zum bereits sechsten Mal.

Mit der Aktion sollen Frei- und Spielräume geschaffen, die Teamfähigkeit der Kinder und Jugendlichen und ein gutes Miteinander gefördert werden, sagt der langjährige Schulsozialarbeiter: „Selbst die Neuner- und die Zehnerklassen finden die Bauklotzaktion gar nicht kindisch.“

Jede Klasse darf zwei Stunden lang werkeln

Im Gegenteil, auch dieses Mal waren die Termine – jede Klasse darf eine Doppelstunde Bauzeit für sich reservieren – ruckzuck vergeben. So wird nun auf der Baustelle von 7.40 Uhr bis 16.25 Uhr, von der ersten Schulstunde bis zum Ende der zehnten, geschafft. Lediglich von 13.15 bis 14 Uhr gönnen sich die Bauarbeiter eine Mittagspause. Sogar am Feiertag sei gewerkelt worden, verrät Dietmar Höflich: „Da haben sich einige Lehrer zusammen mit ihren Kindern zum Bauen verabredet und hier getroffen.“

An diesem Vormittag ist die 26-köpfige Klasse 1 c mit ihren Lehrerinnen Leona Hertler und Marlene Morlok an der Reihe. Die Erstklässler sind eifrig am Werkeln, denn das Material muss erst vom riesigen Lager zum jeweiligen Bauplatz geschafft werden. „Leider haben wir dieses Mal keine Schubkarren vom Bauhof bekommen, jetzt müssen die Kinder halt schauen, wie sie die Bauklötze transportieren“, sagt Dietmar Höflich.

Ein Turm bis zur Decke der Aula

Ein Blick in die Runde zeigt: Die ABC-Schützen sind auch in dieser Hinsicht kreativ. Sie haben diverse Techniken ausbaldowert, um mehrere Klötze tragen zu können. Andere, wie Teresa, bauen ihr Domizil gleich im Lager selbst. Teresas kleines Haus steht schon, inklusive Stuhl darin. „Jetzt mache ich noch einen Schlossgraben“, kündigt die Erstklässlerin an und arbeitet weiter. Auf dem Bauplatz nebenan errichtet Leah einen Turm. Der hat bereits eine stattliche Höhe, soll aber bis zur Decke der Aula wachsen, weshalb Leah, die sicherheitshalber einen roten Fahrradhelm trägt, zum Weiterbau auf einen Stuhl geklettert ist.

„Das ist eine bleibende Erinnerung für die Kinder“, sagt Leona Hertler. Die Erstklässler hätten große Augen gemacht angesichts der Menge an vorhandenem Baumaterial – und seien dann sofort Feuer und Flamme gewesen. „Hier gehen die Kinder aufeinander zu, und es entstehen ganz neue Konstellationen, die es im Klassenzimmer bisher noch nicht gab.“ Auch die Schulleiterin Sabine Link-Rosner findet: „Soziales Lernen ist ein durchgehendes Thema, eigentlich das wichtigste.“ Sie ist voll des Lobes für die insgesamt 14-tägige Bauklotzaktion.

Der Abriss ist der Höhepunkt

Pünktlich zum Ende einer jeden Bauschicht gipfelt die Bauaktion dann in einem Ritual, das Dietmar Höflich als „die größte Attraktion“ bezeichnet: Sämtliche Bauwerke werden zum Einsturz gebracht, sodass die Holzklötze mit viel Getöse auf den Boden krachen. Allerdings gilt die Regel: Jeder darf nur sein eigenes Bauwerk abreißen. Bei Leah rumpelt es schon etwas verfrüht. Kurz vor dem Ende der Doppelstunde fällt ihr Mega-Turm in sich zusammen. „Das passiert halt“, sagt sie – und fängt von vorne an.

Angebot Die Riesen-Bauklötze verleiht die Stadt Ditzingen gegen Gebühr an Kommunen, Vereine, Privatleute und Firmen. Näheres bei der Abteilung Jugendpflege, 0 71 56/16 43 40; E-Mail: jugendpflege@ditzingen.de.