Alessandro Abruscia vom VfR Aalen „Es ist legitim, wenn sich Spieler anderweitig umschauen“

Insgesamt neun Jahre spielte Alessandro Abruscia (Mi.) für die Stuttgarter Kickers, seit 2020 trägt der Mittelfeldspieler den Dress des Regionalligisten VfR Aalen. Foto: Imago//Eibner/Roger Bürke

Ende Oktober stellte der VfR Aalen einen Insolvenzantrag. Wie steckte der Fußball-Regionalligist den damit verbundenen Neun-Punkte-Abzug weg? Bleibt das Team zusammen? Wie stehen die Chancen, drin zu bleiben? Kapitän Alessandro Abruscia gibt Antworten.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Zum zweiten Mal nach 2017 hat der Fußball-Regionalligist VfR Aalen im Oktober 2022 einen Insolvenzantrag gestellt. Alessandro Abruscia (32), ehemaliger Spieler der Stuttgarter Kickers und Kapitän des VfR, schätzt die Lage ein und äußert sich auch zur öffentlichen Kritik des Trainers am Team.

 

Herr Abruscia, wie schätzen Sie die Lage beim VfR Aalen ein?

Es ist keine einfache Situation für alle im Verein und vor allem natürlich nicht für uns Spieler.

Wie haben Sie die vergangenen Wochen erlebt, nachdem der VfR Ende Oktober einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Aalen gestellt hat?

Die Nachricht war ein Schock für uns alle. Damit hatte keiner gerechnet. Wir haben das als Mannschaft dann aber relativ schnell verdaut und mit drei Siegen in Koblenz, gegen den FSV Frankfurt und den SGV Freiberg eine richtig gute Reaktion gezeigt. Leider haben wir dann vor der Winterpause zwei deftige Auswärtsniederlagen in Fulda und bei der TSG Balingen kassiert, die sogar noch höher hätten ausgehen können.

Wie ist das zu erklären?

Das ist ganz schwierig zu beantworten. Wir haben in den letzten beiden Spielen nicht mehr das auf den Platz gebracht, was uns stark gemacht hat. Dennoch sind wir, trotz des Neun-Punkte-Abzugs, auf Schlagdistanz und nur einen Zähler von einem Nichtabstiegsplatz entfernt, da nach menschlichem Ermessen am Saisonende kein Team aus dritten Liga in die Regionalliga Südwest runter muss.

Das müsste aufzuholen sein.

Schon, aber bestimmt nicht durch reden, glauben oder hoffen – sondern wir müssen liefern im neuen Jahr.

Können Sie denn als Kapitän überhaupt sicher sagen, dass die Mannschaft nach der Winterpause zusammenbleiben wird?

Ich hoffe und wünsche es mir, dass wir zusammenbleiben. Aber ich kann nicht für jeden in unserem Team sprechen. Aufgrund der relativ unsicheren Zukunft ist es ja auch legitim, wenn sich ein Spieler Gedanken macht und sich anderweitig umschaut.

Sie können aber für sich selbst sprechen. Bleiben Sie?

Tendenziell ja, ich bin jemand der seine Verträge einhält, und mein Kontrakt beim VfR läuft noch bis 2024. Andererseits will kein Spieler möglicherweise morgen auf der Straße stehen. Der Verein hat zwar signalisiert, dass die Saison zu Ende gespielt wird, aber eine hundertprozentige Sicherheit gibt es eben nie. Wenn zwei Tage vor Ende der Winterwechselperiode am 31. Januar plötzlich doch das Aus kommen würde, hätte jeder Spieler ein Riesenproblem. Ich denke aber positiv und baue darauf, dass die Insolvenz auch eine Chance für den Verein sein kann, wenn er die richtigen Lehren daraus zieht.

„Trainer gibt Ton vor“

Es kam nicht nur einmal vor, dass Trainer Tobias Cramer die Mannschaft öffentlich kritisiert hat. Auch Ihnen hat er zum Beispiel schon einmal fehlende Überzeugung vorgeworfen, als Sie einen Elfmeter verschossen haben. Wie gehen Sie damit um?

Grundsätzlich bin ich ein sehr kritikfähiger Typ. Mit mir kann man über alles reden. Klar wünscht man sich vielleicht, dass das intern passiert. Aber letztendlich ist der Trainer der Chef und gibt den Ton und den Weg vor.

Zuletzt hat der Coach in einem Interview gesagt, dass Fußballspiele nicht durch Standfußball entschieden werden und manche Spieler mit der Insolvenz Alibis konstruieren wollen. Können Sie den Vorwurf nachvollziehen?

Nein, auf keinen Fall. Die Mannschaft hat ja nach Bekanntwerden der Insolvenz die absolut richtige Reaktion gezeigt. Auf den Charakter der Spieler lasse ich nichts kommen. Da lege ich für jeden Einzelnen meine Hand ins Feuer.

Was macht Ihnen Hoffnung fürs Neue Jahr?

Zum Teil war ich der einzige erfahrene Spieler auf dem Platz. 2023 kommen gestandene Profis wie Steffen Kienle, Ali Odabas, Sascha Korb und Benjamin Kindsvater zurück. Ich bin sicher, dass mit dem Vorbereitungsstart am 16. Januar alle Spieler mit absoluter Überzeugung das Thema Klassenverbleib angehen werden.

Wir haben Fotos aus der Karriere von Sandro Abruscia. Klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie!

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