Amtsgericht Ludwigsburg Rentner wegen Volksverhetzung verurteilt
Das Amtsgericht Ludwigsburg verhängt eine milde Geldstrafe gegen einen Möglinger wegen eines Facebook-Postings.
Das Amtsgericht Ludwigsburg verhängt eine milde Geldstrafe gegen einen Möglinger wegen eines Facebook-Postings.
Aus jedem Wort des Mannes auf der Anklagebank des Ludwigsburger Amtsgerichts ist die Empörung herauszuhören. „Mir Volksverhetzung vorzuwerfen ist ungeheuerlich“, sagt er mit lauter Stimme. Er sei in der ehemaligen DDR Volksvertreter gewesen und habe seinem Land mit der Waffe gedient. „Mir würde es nie in den Sinn kommen, mein Volk zu verhetzen“, betont er und schiebt dann nach: „Mein Enkel will in Israel studieren. Das befürworte ich, und ich werde ihn dabei finanziell unterstützen.“
Vor dem Ludwigsburger Amtsgericht steht der 65-Jährige aus Möglingen, weil die Ermittlungsbehörden im Juli vergangenen Jahres auf seinem Facebook-Account auf ein Bild gestoßen waren, auf dem über einem grünen Reichsadler mit Sonnenkranz der Satz zu finden war „Der Nazi von heute ist nicht braun, sondern grün. Grünes Reich – sein Holocaust ist der Mord am eigenen Volk.“ Damit werde die Politik der Grünen mit dem systematischen Morden der Nationalsozialisten gleichgestellt und Nazis damit verharmlost, hieß es in dem Strafbefehl, gegen den der Möglinger Einspruch eingelegt hatte. Dies sei geeignet, das Vertrauen in die öffentliche Sicherheit zu erschüttern und das psychische Klima im Land zu schädigen.
„An so einen Schmarrn“ könne er sich nicht erinnern, meinte der Angeklagte. Bewusst habe er diesen Beitrag nicht gepostet, er distanziere sich davon. Möglicherweise sei sein Account gehackt worden, er teile nur Beiträge, die er lustig finde und bedanke sich auf Facebook bei Menschen, die ihm zum Geburtstag gratuliert hätten. „Wenn ich mich an so etwas ergötzen würde, hätte ich es auch auf Instagram gepostet“, sagte der 65-Jährige, der zugab, täglich auf Facebook zu sein.
Die Lage in der Welt und die Medien würden ihn fertig machen, ergänzte der Mann. Es gebe so viel Wichtigeres: „Ich habe 30 Jahre in einem Stasi-Staat gelebt, die Stasi hat Poster von Suzi Quatro und Sweet von den Wänden in meinem Zimmer entfernt.“
Dem Vorschlag der Vorsitzenden Richterin, die ein Stück weit Verständnis für den Angeklagten zeigte, das Verfahren einzustellen, stimmte der Staatsanwalt angesichts der „derzeitigen antisemitischen Stimmung im Land“ nicht zu. Er plädierte dafür, die Geldstrafe von 1800 Euro aus dem Strafbefehl aufrechtzuerhalten. „Ich nehme Ihnen nicht ab, dass Sie dieses Bild noch nie gesehen haben wollen, wenn Sie täglich auf Facebook sind“, meinte der Anklagevertreter. Er sehe zwar keine antisemitische Grundhaltung beim Angeklagten, aber er habe das Bild offenbar witzig gefunden und dieses veröffentlicht, ohne sich Gedanken zu machen.
Das attestierte ihm auch die Richterin, die ihn wegen Volksverhetzung zu 600 Euro verurteilte. „Der Beitrag erreicht die Grenze zur Volksverhetzung und verharmlost den Holocaust“, erklärte sie. Es sei „eine Dummheit“ gewesen, dieses Bild zu veröffentlichen. Da der Möglinger nur zu 30 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt wurde, gilt er als nicht vorbestraft.