Erst der Angriff auf den frisch gewählten Freiburger Oberbürgermeister Martin Horn, jetzt der Faustschlag gegen den scheidenden Hockenheimer OB Dieter Gummer. Die Gewalt gegen Kommunalpolitiker nimmt zu, wie auch eine aktuelle Umfrage belegt.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Hockenheim - Gewalt gegen Amtsträger ist für Städte und Gemeinden offenbar ein wachsendens Problem. Das geht aus einer Umfrage unter mehr als tausend Bürgermeistern hervor, die das Magazin „Kommunal“ nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) erstellen ließ. Demnach habe es in jeder zwölften Kommune bereits Erfahrungen mit körperlichen Angriffen gegeben. Meist seien davon Mitarbeiter der Verwaltung betroffen gewesen. Zwei Prozent der befragten Bürgermeister berichteten aber auch von Angriffen gegen sich. Damit hat jeder 50. Bürgermeister im Zusammenhang mit seinem Amt bereits Gewalterfahrungen gemacht. Laut „Kommunal“ nehme die Gewalt damit spürbar zu. Gegenüber einer vorangegangenen Befragung im Jahr 2017 seien die Werte um etwa ein Drittel gestiegen.

 

Nur die Spitze des Eisbergs

Bundesweit beachtete Gewalttaten wie der Mord an Walter Lübcke, der Angriff auf den gerade erst frisch gewählten Freiburger OB Martin Horn (parteilos) noch in der Wahlnacht oder der brutale Faustschlag gegen den scheidenden OB Dieter Gummer (SPD) von Hockenheim (Rhein-Neckar-Kreis) am vergangenen Montagabend seien also nur „die Spitze eines riesigen Eisbergs“, stellen die Autoren der Untersuchung fest.

Viele Kommunalpolitiker fühlten sich einer regelrechten Hasswelle ausgesetzt. 40 Prozent der Bürgermeister berichteten von Beschimpfungen, Drohungen und Stalking. Dies beschränke sich längst nicht mehr auf Mails und Facebook-Kommentare. „Der Hass findet seinen Weg raus aus der Anonymität der sozialen Medien immer häufiger direkt in die Amtsstuben und in das Privatleben von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen“, fasst „Kommunal“ die Ergebnisse zusammen. Laut dem Deutschen Städtetag habe sich die Zahl der politisch motivierten Straftaten gegen Amtsträger im vergangenen Jahr auf mehr als 1200 summiert.

Ein Schutz ist schwierig

Auch beim baden-württembergischen Städtetag sieht man die Entwicklung mit Sorge. „Man kann in den Rathäusern gewisse Vorkehrungen gegen solche Übergriffe treffen“, sagte der Städtetagsdezernent Norbert Brugger. Jedoch sei es „unmöglich, einen Kommunalpolitiker umfassend zu schützen“. Ein ständiger Personenschutz sei nicht möglich und widerspreche auch dem Amtsverständnis. „Kein Politiker hat mehr Bürgerkontakt als ein Bürgermeister und so soll es ja auch sein“, sagte Brugger. „Wir haben deshalb kein Patentrezept.“