Bilder aus der Überwachungskamera brachten die Ermittler auf die Spur eines 20-jährigen Kurden, der an dem Brandanschlag in Feuerbach vom Dezember 2014 beteiligt gewesen sein soll. Der junge Mann sitzt in Untersuchungshaft.

Stuttgart - Die Bilder aus der Überwachungskamera am Gebäude der türkisch-islamischen Union Ditib in Feuerbach haben den entscheidenden Hinweis gegeben. Wie die Polizei am Freitag auf Nachfrage bestätigte, haben die Ermittler einen Mann identifiziert, der im Verdacht steht, an dem Brandanschlag auf das an eine Moschee angrenzende Gebäude beteiligt gewesen zu sein. Der 20-jährige Türke sitzt seit Ende Februar in Haft. Die Polizei konnte ihn ausfindig machen, da er aktenkundig war: Die Aufnahmen der Videoüberwachung wurden mit der polizeiinternen Datenbank abgeglichen. Er soll der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK nahestehen.

 

In der Nacht zum 15. Dezember 2015 hatten vier Männer das Gebäude an der Feuerbacher Mauserstraße angegriffen. Einer warf einen Stein durch ein Fenster, drei schleuderten brennende Gegenstände hinterher. Schließlich warf ein Mann einen Brandsatz durch das kaputte Fenster in die Bücherei des türkisch-islamischen Vereins. Wenige Tage später tauchte im Internet auf der Seite Rojawican.com ein Bekennerschreiben auf, das von der Polizei als höchstwahrscheinlich echt eingestuft wird: Das sogenannte Baran-Dersim-Rachekommando meldete sich zu Wort. Der Anschlag sei eine Racheaktion „sowohl gegen die türkische Regierung, die in Kurdistan unsere verwalteten Gebiete hinterhältig angreift, als auch gegen die AKP-Unterstützer in Europa“.

Der Anschlag passiert in Zeiten aufgeheizter Stimmung

Die Stimmung war damals besonders aufgeheizt zwischen Kurden und Türken. Die Unruhe in ihrer Heimat hatte sich auch bei mehreren Demonstrationen in Stuttgart bemerkbar gemacht – Kurden und nationalistisch eingestellte Türken standen sich aggressiv gegenüber, die Polizei musste eingreifen. Auch am Abend vor dem Anschlag hatten Kurden ihrem Ärger über Vorkommnisse in der Türkei Luft gemacht: Sie demonstrierten vor der türkischen Botschaft am Kernerplatz, weil die Polizei in der Türkei zwei kurdische Demonstranten erschossen hatte. Dass auch der Anschlag eine Reaktion darauf war, ist möglich: In der Umgebung der Moschee in Feuerbach – der größten ihrer Art in Stuttgart – wurden Schriftzüge mit dem türkischen Wort „Intikam“ (Rache) entdeckt.

Über den Tatverdächtigen ist bekannt, dass er wegen Diebstahls, Drogenbesitzes, Körperverletzung und eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz polizeibekannt war. Er habe kurdische Veranstaltungen besucht. Die Festnahme hatten Staatsanwaltschaft und Polizei gut vier Wochen lang für sich behalten – aus „ermittlungstaktischen Gründen“, wie es heißt. Da der junge Türke bisher nichts zu den Vorwürfen gesagt hat, haben die Ermittler noch keine Hinweise auf die Mittäter.

Der Moscheeverein hofft auf weitere Ermittlungserfolge

Trotzdem hofft Ismail Cakir auf eine weitere Aufklärung. „Wenn die anderen drei noch erwischt werden, dann ist das eine tolle Sache“, sagt der Vorsitzende des betroffenen Moscheevereins. Er sei überzeugt, dass die Polizei das schaffe. Man habe Vertrauen in diesen Rechtsstaat. Damals hatte der Verein auch Kritik an der Polizei geübt: Die Beamten zeigten im Industriegebiet zu wenig Präsenz, hieß es. Doch nun seien die Folgen des Brandanschlags bald repariert: „Nächste Woche werden die Fenster eingebaut.“

Turan Tekin, Sprecher der Kurdischen Gemeinde Stuttgart, sagte: „Wir sind gegen Kriminalität, auch von kurdischer Seite. Es gibt kein Recht, so einen Überfall zu machen, auch wenn es um berechtigte kurdische Anliegen geht. So etwas hilft der kurdischen Sache nicht, es schadet.“ Vor allem werde die türkische Regierung, die einseitig die Friedensgespräche abgebrochen habe, damit gestärkt.