Antisemitismus im Kreis Böblingen Zahl antisemitischer Straftaten im Kreis laut Ministerium leicht gestiegen

Der SPD-Landtagsabgeordnete Florian Wahl zeigt sich über antisemitisch motivierte Straftaten im Kreis besorgt. Foto: dpa/Sven Kaeuler

Seit dem Überfall der Hamas auf Israel haben antisemitische Straftaten im Kreis offenbar zugenommen. Zahlen aus der Vergangenheit zeigen, wie selten es gelingt, Täter zu überführen.

Böblingen: Anke Kumbier (ank)

Die Zahl antisemitisch motivierter Straftaten im Kreis Böblingen ist seit Oktober offenbar leicht gestiegen. Das geht aus der Antwort des baden-württembergischen Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage des Böblinger Landtagsabgeordneten Florian Wahl (SPD) hervor.

 

Die Zahlen für 2023 seien zwar noch nicht final ausgewertet. Fest stehe aber: Das Weltgeschehen spiegele sich nicht nur bundesweit, sondern auch im Kreis wider. „Seit den Terroranschlägen auf den Staat Israel am 7. Oktober 2023 wurde im Landkreis Böblingen ein leichter Anstieg von antisemitischen Straftaten festgestellt“, schreibt das Innenministerium in seiner Antwort. Dabei handele es sich überwiegend um Farbschmierereien mit teilweise volksverhetzendem Inhalt. Über tätliche Angriffe ist dem Innenministerium nichts bekannt. Allgemein lägen keine Erkenntnisse vor, dass im Landkreis Böblingen im Vergleich zu anderen Land- und Stadtkreisen in Baden-Württemberg antisemitisches Gefährdungspotenzial besonders ausgeprägt sei.

Sprung nach oben von 2020 auf 2021

Die Antwort des Ministeriums auf Wahls Anfrage belegt jedoch, dass antisemitisch motivierte Straftaten im Kreis seit 2021 insgesamt tendenziell zugenommen haben. Für 2019 hatte das Innenministerium zwei, in 2020 einen Fall erfasst. Im Jahr 2021 schnellten die Zahlen dann auf zehn hoch. 2022 lagen sie bei acht, 2023 bislang bei sechs – das letzte Quartal fehlt allerdings noch.

Insgesamt verzeichnete das Innenministerium im Zeitraum von 2019 bis September 2023 27 antisemitisch motivierte Taten – dabei ging es hauptsächlich um Volksverhetzung. Die meisten Straftaten wurden in Herrenberg (sieben) und Böblingen (vier) bekannt. Von den daraus resultierenden Verfahren wurden laut Innenministerium bislang 16 eingestellt, weil kein Täter ermittelt werden konnte.

Der SPD-Abgeordnete Florian Wahl zeigt sich über die Anzahl der Straftaten und die niedrige Aufklärungsquote besorgt. „Antisemitismus – gestern wie heute – ist eine Gefahr für unsere Demokratie“, schreibt er in einer Mitteilung und fordert anlässlich des „Tags des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ am 27. Januar, Antisemitismus noch entschiedener entgegenzutreten.

Landrat Bernhard fordert, Haltung zu zeigen

Die Demokratie zu verteidigen, dazu rief auch Landrat Roland Bernhard im Zusammenhang mit der Demo am Samstag auf. „Ihre Grundwerte sind unser wichtigster, gesellschaftspolitischer Wertekompass für eine freie und demokratische Gesellschaft, für Menschenwürde, Minderheitenrechte und Respekt gegenüber der Meinung Andersdenkender“, lässt er sich in einer vorab veröffentlichten Mitteilung zitieren. Der Kreis stehe auf für ein solidarisches Zusammenleben Aller, für den Mehrwert unterschiedlicher kultureller Hintergründe. „Haltung zeigen sollte keine einmalige Handlung sein, sondern es ist eine ständige Aufgabe.“

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