Der Stuttgarter Architekt Stefan Behnisch über seine Pläne für das Dorotheen-Quartier, das Hotel Silber und die schwierige Debattenkultur in Stuttgart.

Regio Desk: Achim Wörner (wö)
Stuttgart- Er hat international einen glänzenden Ruf, in Stuttgart bisher aber nur wenig gebaut: der Architekt Stefan Behnisch. Nun ist er drauf und dran, für das Haus Breuninger mit dem Dorotheen-Quartier am Karlsplatz ein neues Markenzeichen zu setzen, auch wenn die politischen Debatten darüber noch nicht völlig ausgestanden sind. Im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung redet Behnisch ein gewohnt offenes Wort: Sein Verhältnis zu Stuttgart, sagt er, sei ziemlich ambivalent.
Herr Behnisch, „alle Dinge werden zu einer Quelle der Lust, wenn man sie liebt!“ Ahnen Sie, von wem dieses Zitat stammt?
Da muss ich überlegen . . .

. . . wie wär’s mit Thomas von Aquin?
Ah, das ist aber nett. Thomas von Aquin ist einer der einflussreichsten Philosophen und katholischen Kirchenlehrer der Geschichte. Er hat mein Studium geprägt.

Sie waren einst an der Jesuitenhochschule in München eingeschrieben. Warum haben Sie sich zunächst für Philosophie entschieden?
Jeder war davon ausgegangen, dass ich mich nach dem Abitur der Architektur widmen würde – wie mein Vater, wie meine Schwester, wie zwei Cousins. Aber mich hat es zum Journalismus hingezogen, und da schien mir die sehr generell angelegte Ausbildung an der Jesuitenhochschule, die von der Scholastik über Politik und Geschichte bis hin zur Metaphysik reicht, eine gute Grundlage zu legen. Und parallel dazu habe ich Volkswirtschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität studiert. Wenn man die Schule abgeschlossen hat, meint man ja, man wisse alles, aber da bin ich eines Besseren belehrt worden. Mark Twain hat das mal schön beschrieben. Wissen Sie, welches Zitat ich meine?

Pardon, jetzt helfen Sie mir auf die Sprünge.
Sinngemäß: „Als ich vierzehn Jahre alt war, habe ich gedacht, meine Eltern sind die dümmsten Menschen auf der Erde. Und mit zwanzig habe ich mich gewundert, wie Menschen in so kurzer Zeit so viel lernen.“ So ähnlich ist es mir ergangen, auf die gesamte Erwachsenenwelt bezogen – um irgendwann festzustellen, dass Architektur auch nicht schlecht ist. Mit der Architektur bin ich schließlich groß geworden, sie hat meine Kindheit und Jugend geprägt, weil wir mit meinen Eltern in einer Stadt immer alle wichtigen Gebäude angeguckt haben. Und ich habe den Schritt bisher nie bereut.

War Ihr Vater der Grund, dass Sie Architektur zunächst nicht gewagt haben?
Das mag sein. Mein Vater war für viele schon eine Ikone – erst recht nach dem Bau des Olympiaparks in München. Und natürlich war da bei mir der Gedanke: das kannst du nie erreichen, du wirst immer an ihm gemessen werden. Allerdings muss ich sagen, dass von meinen Eltern nie Druck in irgendeiner Richtung ausgeübt wurde.

Mit Ihrem Vater haben Sie aber nur eine kurze Phase direkt zusammengearbeitet.
Ich war zunächst ein Jahr in Los Angeles und dann in seinem Büro in Sillenbuch.

Aber richtig gutgegangen ist das wohl nicht?
Sagen wir so: wir haben gemeinsam festgestellt, dass wir am besten an jeweils unterschiedlichen Orten zusammenarbeiten. Wahrscheinlich sind wir uns charakterlich zu ähnlich, und deshalb sind wir nicht so recht miteinander klargekommen, typische Alphatierspielchen, eben. Außerhalb des Büros, im Privaten konnten wir uns immer über Architektur unterhalten.