Ein kleines Wohn- und Feriendomizil im Tonbachtal: die Stuttgarter Architekten Klumpp und Klumpp verbinden regionale Bautraditionen mit einer modernen Formensprache.

Baiersbronn - Wo Spitzenköche zuhause sind, der Tonbach malerisch durch sein idyllisches Tal fließt und sich schwarzgrüne Fichten und Tannen auf der von Hügeln modellierten Landschaft eng zusammenstellen, da scheinen Erholung, Ruhe und Abgeschiedenheit geradezu in der klaren Luft zu liegen. Genau in dieser Gegend hat das Stuttgarter Büro Klumpp und Klumpp ein kleines Schwarzwaldhaus realisiert, das tradierte regionale Bauformen in eine erstaunlich zeitgemäße Sprache überführt.

 

Eine laute Sprache für dieses selbstgenutzte Haus, das neu und zugleich doch vertraut wirkt, haben die Architekten dafür nicht benötigt. Im Gegenteil, schon beim Ankommen hat man den Eindruck, der eingeschossige, mit schwarzen Holzschindeln verkleidete Baukörper würde sich beinahe leise und unscheinbar aus dem Blickfeld ducken wollen. Doch das hat seinen Grund: Das Hanggrundstück, auf dem sich früher Obstbäume und ein schwarzgestrichenes Bienenhaus befanden, sollte – ganz im Sinne der Bauauflagen der Gemeinde – mit einem sensibel in die Landschaft eingefügten Haus bebaut werden. Dass es sich hier um den Garten des elterlichen Wohnhauses des Architekten handelt, dass diesem der Genius loci also bestens vertraut war, hat das Einfinden in die Situation sicher erleichtert.

„Wir möchten diese Gegend nicht prägen, sondern sie zu Wort kommen lassen“ – so könnte man den Ansatz von Klumpp und Klumpp beschreiben. Mit den oberflächenbehandelten Holzschindeln, die den gesamten Neubau bekleiden, lassen sie die Region des Nordschwarzwalds zu Wort kommen, zitieren Wohlbekanntes, versuchen dabei aber nicht ein simples Imitat des Historischen, sondern entwickeln aus dem traditionellen Vokabular eine eigenständige, zeitgemäße Sprache. Allein der Kontrast zum elterlichen Wohnhaus mit seinen weiß gefärbten Schindeln erzählt von dieser Transformation. Einfach, schnörkellos und funktional klar wie die Grundrisse der alten Schwarzwaldhäuser, so entwarfen die Architekten ihren Neubau, der ohne Dachüberstand auskommt. Der ebenerdige Weg ins Haus führt vorbei an einem ziemlich robusten, anthrazitfarbenen Carport aus Beton zur schräg aus dem Volumen geschnittenen Eingangsnische.

Gäste schlafen im Alkovenbett

Gleich mit dem ersten Schritt ins Haus nimmt man die klare Ordnung des flurlosen, kompakten Grundrisses wahr: Die öffentlichen Bereiche wie Wohnen und Essen bereiten den Empfang, eine in Längsrichtung verlaufende Wand trennt davon den Schlafbereich und das Bad ab. Auch dem Gast, der direkt neben dem Eingang sein Zimmer findet, bietet das an historische Schwarzwaldhäuser erinnernde Alkovenbett ein Gefühl von Geborgenheit.

Ähnlich wie bei den historischen Vorgängern sind die Fensteröffnungen des schwarzbraun-schimmernden Hauses gezielt gesetzt und lassen gerade ausreichend Tageslicht nach innen fallen. Ein Bodenbelag aus Räuchereiche, Türen und Einbaumöbel im gleichen Farbton und der graubraune Kalkpressputz an den Wänden stärken den Eindruck der dunklen Schale eines nur an ausgewählten Stellen geöffneten Körpers. Die schützende, bergende Hülle, die von einem einfachen Satteldach umschlossen wird, prägt den Geist des Hauses. Besonders im Wohn- Essbereich, der sich nach oben bis unter das geneigte Dach erweitert, wird dieser Habitus spürbar. Ruhe, Wärme und materielle Sinnlichkeit durchströmen die klein dimensionierten Räume, die sich hier aneinanderreihen. Eine Kaminwand in der Mitte des Hauses trennt den Ess- vom Wohnbereich, sorgt damit bewusst für deren Maßstäblichkeit.

Statt das lediglich neunzig Quadratmeter große Haus opulent zu öffnen, stärken die Architekten den gerahmten Blick in das Licht der umgebenden Landschaft. Die geringe Höhe der Fensterstürze von weniger als zwei Metern und die dunklen Farbtöne des Innenraums, die mit dem einfallenden Tageslicht kontrastieren, unterstreichen diese Wirkung. Selbst in dieser für den Ort vertrauten Beziehung von innen und außen lassen die Architekten die Gegend zu Wort kommen: einfach, schlicht, wohlüberlegt.

Refugium für Stadtmüde

Eine kleine Außentreppe erschließt das Hanggeschoss, in dem sich der Keller und eine kleine Sauna befinden. Über die beiden Terrassen an der Schmal- und Längsseite verbindet sich das Erdgeschoss mit dem Garten: Auch der Blick von außen lässt das Haus mit seinem Dach aus schwarzgrauen Bitumenschindeln als fest umschlossenes Refugium und Ort des Zu-Sich-Findens erscheinen. In diesem Sinne ist es ganz individuell auf die Bedürfnisse des Bauherrn zugeschnitten und gewiss kein Haus, das allen gefallen möchte.

Wer die vielen handwerklich gestalteten Details wahrnimmt und das in sich stimmige Wesen des Hauses erfasst, wird sich gleichwohl wünschen, dass dieses Refugium kein Einzelfall bleibt und die regionale Baukultur etwas von diesem bescheiden auftretenden Häuschen aufnehmen möge. Gebaute Beispiele, die ähnlich konsequent diese Gegend zu Wort kommen lassen, die den Bewohnern und der Landschaft Rechnung tragen, gibt es leider viel zu wenige.