Nicht nur die Fans von damals, auch der Indie-Rock selbst hat längst Kinder. Die österreichische Band At Pavillon präsentiert im Merlin ihren Gegenentwurf zum aktuell angesagten, unterkühlt-sedierten Trap-Sound - und man wünscht sich als Zuhörer an einen anderen Ort.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Indie-Rock ist mittlerweile so oft beerdigt worden, dass ein neuer Blick auf das Genre lohnt. Das Konzert der österreichischen Band At Pavillon im Stuttgarter Kulturzentrum Merlin ist dafür ein guter Anlass. Die Band spielt eine Musik, die 2006 in einem Atemzug mit Bands wie Bloc Party oder, das allerdings etwas weniger eindeutig, Maximo Park genannt worden wäre.

 

Da schrammelt die Gitarre, zappelt die Hi-Hat, exklamiert der Sänger Mwita Mataro Seele und Kraft: Der Sound von At Pavillon (und etlichen anderen Bands, die weiterhin in diesem Genre unterwegs sind) klingt mittlerweile wie ein Gegenentwurf zu der heutzutage angesagten, unterkühlt-sedierten Trap-Ästhetik. Wenn die Hörer davon irgendwann genug haben, kommt dann der hitzig-schwitzige Indierock-Sound zurück?

Die Fans, die in den Nullerjahren die Clubs füllten, haben inzwischen selbst Kinder. Auch die Bands von damals bekamen (musikalischen) Nachwuchs. Der hält die Tradition gerne hoch: Auch die Indie-Rock-Generation, zu der At Pavillon zählt, strebt nach Euphorie, Entgrenzung, eben dem nach außen gerichteten Gefühl.

Ein bisschen wie Eau Rouge

Der Blick ins Publikum im Merlin zeigt, dass diese Musik nicht mehr nur der Sound einer jungen Generation ist. Warum auch? Die Songs von At Pavillon gehen schnell ins Ohr; sie haben Schmiss, aber auf sympathische Weise. Zu einer soliden Rhythmusgruppe gesellen sich Gitarrensounds, die stark an die Lokalhelden von Eau Rouge erinnern – auch das eine Indierock-Band der neuen Generation. Sänger Mataro erinnert nicht nur an Kele Okereke von Bloc Party, sondern stellenweise auch an Maurice Ernst von Bilderbuch.

Die allerdings quirlen sämtliche Strukturen und Klanggewohnheiten durcheinander, singen auf Deutsch und gestalten ihren Pop wesentlich freier als At Pavillon, die sich live stellenweise sehr stark am Metronom festhalten. Ein zweiter Punkt, für den die österreichische Band aber nichts kann: wenn so ein Konzert in einem Club wie der mittlerweile geschlossenen Gaby’s Gruft stattfindet, verfängt diese Musik noch viel leichter.

Indie-Rock funktionierte schon in den Nullerjahren am besten in kleinen, für den Abriss gemachten Läden wie dem Zwölfzehn. Das ist kein Punkt gegen für die Szene unersetzliche Locations wie das Merlin, sondern ein Appell – für mehr schwitzige Rockclubs. At Pavillon sind nur eine von vielen Bands da draußen, die dafür gemacht sind.

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