Beim „Auf gut Schwäbisch“-Stammtisch im Zeppelinstüble gibt’s immer was zu feiern – das Leben, die Freundschaft und die Mundart. Beim jüngsten Treffen außerdem ein kleines Jubiläum.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Nein, sie fährt keinen Kastenwagen, man könnte allerdings von einem Kästle-Auto sprechen. Einem Kleinwagen voller Requisiten: „Kleinkunst, Kabarett, Kästle kommt!“ prangt als Schriftzug auf ihrem Auto. Die junge Frau heißt wirklich so – Bettina Kästle –, und sie spielt gerne mit ihrem Namen. Wenn sie sich vorstellt, sagt sie: „Kästle, wie Kasten, bloß kloiner.“ Damit eröffnet sie am Donnerstagabend den „Auf gut Schwäbisch“-Stammtisch im Zeppelinstüble des Hotels Steigenberger Graf-Zeppelin in Stuttgart.

 

Wenn man den freundlichen Eintragungen im Gästebuch glaubt, sind alle Zusammenkünfte dort etwas Besonderes. Diesmal aber war der aus der gleichnamigen Serie entstandene „Auf gut Schwäbisch“-Stammtisch etwas ganz Besonderes: zum 30. Mal kamen Mundartfreunde aus Stuttgart und der Region unter der rustikalen Decke des Zeppelinstüble zusammen, um schwäbische Kleinkunst zu erleben – und sich aneinander zu freuen.

Neuankömmlinge werden mit offenen Armen empfangen

Fast auf den Tag genau vor fünf Jahren hatte das erste Treffen stattgefunden, damals begleitet von dem Liedermacher Pius Jauch. Inzwischen haben die Stammtische im Zeppelinstüble den Charakter von Großfamilien- oder Freundestreffen angenommen. Neuankömmlige, unabhängig von ihrer Herkunft, werden mit offenen Armen empfangen. Ebenso wie die Dialekt-Künstler, die den Stammtisch bisher beehrten – von Dodokay über Alex Köberlein (Ex-Schwoißfuaß), Ernst Mantel, Bernd Kohlhepp bis Wendersonn und Hillus Herzdropfa. Für Steigenberger, namentlich Vize-Direktorin Christiane Welt, ist das Jubiläum am Donnerstag Anlass für eine Überraschung aus der hoteleigenen Patisserie zu sorgen. Und auch aus dem Kreis der Stammtischler wird an das Datum erinnert: Aline Groß, Irmgard Abt, Adelheid Alexy, Ulrike Walter und Albrecht Hartmann würdigen das Stammtisch-Format in Reden und Versen, die auch den gesellig-sozialen Charakter der Abende betonen: „Oft bleibet mir hocka bis spät en dr Nacht – so lang bis ’s Zeppelinstüble sein Lada zumacht.“ Für die Organisatoren, unter anderem Christine Schmieder und Moderator Tom Hörner gibt’s Blumen.

Der ganz normale Alltags-Wahnsinn ist Programm

Moderator Hörner ist es auch, der den Gast des Abends, Bettina Kästle, dazu bringt, aus dem Näh-Kästle zu plaudern. So erfährt die Stammtischrunde, was der Buchhändlerin aus Döffingen im Berufsalltag so alles begegnet. Zum Beispiel ein Kunde, der sich nach dem Buch „Das Parfüm von Rita Süßmuth“ erkundigt oder ein anderer, der nach einem „Globus von Baden-Württemberg“ fragt.

Der ganz normale Alltags-Wahnsinn – das ist Kästles bevorzugtes Thema. Und so wird der gefürchtete Zahnarztbesuch ebenso verarbeitet, wie der der von Kaugeräuschen und anderen Unannehmlichkeiten der Sitznachbarn begleitete Kinobesuch. Das Ganze vorgetragen im Stil von Moritaten zu Akkordeon, Quetschkommode und Gitarre. Damit ist Bettina Kästle auf vielen Bühnen im Land unterwegs. Auch in Stuttgart findet ihr Auftritt ein freudig-warmes Echo. Am Ende mündet das Solo-Programm, wie so häufig beim „Auf gut Schwäbisch“-Stammtisch, in einen großen Chor.

Der Zeiger ist weit vorgerückt, als die Jubiläums-Runde in Vorfreude auf den 31. Stammtisch im Januar 2019 auseinandergeht. Der Blick ins Gästebuch zeigt: Es hat den Teilnehmern wieder einmal gefallen. Manchen sogar „saumäßig“. Nils Bunjes, gebürtiger Ostfriese, hinterlässt den Eintrag: „Das war ein schönes Schatz-Kästle heute mit vielen Überraschungen. Eine tolle Gemeinschaft.“