Ein Rettungsfahrzeug, das wochenlang scheinbar herrenlos an einem Gebüsch geparkt ist? Das kommt diversen Menschen in Ostfildern-Kemnat mysteriös vor. Mancher fürchtet gar ein Verbrechen. Die Lösung des Rätsels ist kurios.

Die Rettungswagen in Baden-Württemberg sind in den vergangenen Jahren im Dauerbetrieb. Die Zahl der Einsätze erhöht sich stetig, die Retter kommen kaum hinterher. Sehr merkwürdig mutet es deshalb an, wenn ein solches Auto wochenlang scheinbar herrenlos am Rande eines Gewerbegebiets parkt. So ging es auch diversen Menschen in Ostfildern-Kemnat. Denen fiel in der Zeppelinstraße bereits vor einigen Wochen ein Rettungswagen auf. „Er steht verlassen direkt an einem Gebüsch“, sagt einer der Beobachter. Mit Blaulicht und Aufdrucken des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Schnell taucht die Frage auf, ob womöglich etwas passiert sein könnte. Der Vollzugsdienst der Gemeinde wird gerufen, der informiert auch die Polizei.

 

Zur Lösung des Rätsels führen die Aufdrucke und das Kennzeichen des Fahrzeugs. Das gehört laut den Schriftzügen zum DRK-Kreisverband Bühl-Achern. Das Nummernschild des Mercedes Sprinter beginnt mit BH für Bühl im badischen Landkreis Rastatt. Dort vermisst man allerdings kein Auto, sondern kann für Aufklärung sorgen.

„Das Fahrzeug wurde vor kurzem verkauft und aus unserem Fuhrpark an den neuen Eigentümer übergeben. Der ist verpflichtet, das Fahrzeug abzumelden und natürlich auch die Kennzeichen zu entfernen“, sagt eine Sprecherin. Das sei offenbar bisher nicht passiert, wohl auch wegen der Osterferien. „Das ist nicht in unserem Sinne“, sagt sie – denn auch beim Kreisverband ist bekannt, dass sich zwischenzeitlich die Polizei mit dem Fall beschäftigt hat. Offenbar hat der neue Eigentümer aber mittlerweile zumindest ein bisschen Hand angelegt – Teile der Schriftzüge auf dem Auto sind verschwunden. Das ist auch zwingend notwendig. „Wenn Kreisverbände Autos verkaufen, muss das DRK-Logo runter“, sagt Udo Bangerter, der Sprecher des DRK-Landesverbandes Baden-Württemberg in Stuttgart.

Den Mitgliedsverbänden empfehle man, die Folien selbst zu entfernen und sich nicht auf den neuen Eigentümer zu verlassen. Und auch Sonderausstattung wie Blaulicht darf natürlich nicht mehr benutzt werden, wenn das Fahrzeug in private Hände kommt.


Die Beklebung muss runter

Entsprechend handhabt man das auch beim DRK-Rettungsdienst Esslingen-Nürtingen, in dessen Gebiet Kemnat liegt. „Wenn wir unsere Fahrzeuge verkaufen, verpflichtet sich der Käufer, die Beklebung zu entfernen, also Firmenbezeichnung und das Logo der Hilfsorganisation“, sagt der Rettungsdienstleiter Michael Wucherer.

Wenn man ein Fahrzeug über einen Verein oder eine Behörde ins Ausland abgebe, lasse man die Beklebung in der eigenen Fachwerkstatt vorab selbst entfernen. So seien schon mehrere Autos aus dem Landkreis Esslingen in die Ukraine gegangen. „Oft werden die Fahrzeuge auch innerhalb der Organisation verkauft, zum Beispiel an eine ehrenamtliche Gliederung, dann kann das Logo natürlich auf dem Fahrzeug bleiben“, erklärt Michael Wucherer. Dass Rettungsfahrzeuge verkauft oder gespendet werden, wenn sie außer Dienst gehen, ist die Regel. Manche werden auch an Privatleute abgegeben, die sie dann umbauen. Was mit ausrangierten Rettungswagen passiert, kann jeder Kreisverband selbst entscheiden. „Das hängt auch sehr vom Zustand ab. Normalerweise sind die Autos mehrere hunderttausend Kilometer gefahren und das nicht immer gemütlich“, sagt Udo Bangerter. Viele Fahrzeuge blieben nach ihrer Zeit im Regelrettungsdienst auch beim DRK und dienten als Reservefahrzeuge.

Lob für die aufmerksamen Beobachter

Das Auto in Kemnat läuft offenbar noch. Und dürfte nach der ganzen Aufregung demnächst wohl ohne DRK-Beklebung und Bühler Nummernschild eine neue Verwendung finden. Für die stutzig gewordenen Beobachter gibt es aber noch ein Lob vom früheren Besitzer: „Wir bedanken uns für den aufmerksamen Hinweis aus der Bevölkerung“, heißt es beim Kreisverband Bühl. Schließlich könnte es sich im Zweifel tatsächlich einmal um eine schlimme Geschichte handeln.