Auf Erkundungstour in der Region – zu geheimnisvollen Burgen und Ruinen, prächtigen Schlössern und eindrucksvollen Kirchen. Heute: Schloss Favorite in Ludwigsburg.

Am Anfang stand ein Fasanengarten – und damit war klar, dass die Herzöge etwas vor ihre Flinte brauchten. Die Jagd spielte für die württembergischen Herrscher schon immer eine wichtige Rolle. Davon ist im Park von Schloss Favorite in Ludwigsburg auch heute noch etwas zu spüren. Ein Besuch lässt erahnen, welche Freude die Herzöge daran hatten, mit ihren Gästen vom Balkon aus auf Wild zu schießen, das Leibeigene für sie zusammentreiben mussten.

 

Wie kam es zum Bau von Schloss Favorite?

Einen Fasanengarten gab es ja schon. Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg, der von 1693 bis 1733 regierte, hatte ihn 1707 eingerichtet. Der Herrscher baute Ludwigsburg jedoch bis 1718 zur Residenz aus. Er brauchte neben dem größeren Barockschloss, das zunächst nur als Jagd- und Lustschloss gedient hatte, ein neues Schlösschen zur Entspannung vom höfischen Zeremoniell. Nach ersten Plänen des Hofarchitekten Donato Giuseppe Frisoni konnte das erste Fest in Favorite bereits im Jahr 1720 stattfinden.

Worin besteht der Reiz von Schloss Favorite für die Besucher?

Das Schloss selbst ist im Normalfall nicht geöffnet. Es gibt aber Führungen. Dabei wird die Geschichte des Innenlebens lebendig. Die Schlossführer erzählen wissenswerte Hintergründe zu den Details der einzelnen Räume im Jagd- und Lustschloss. Wer solche Führungen eher scheut, kann aber auch den wunderschönen Park erkunden und sich das kleine Schlösschen nur von außen anschauen. Das Naturschutzgebiet mit frei laufendem Wild und zutraulichen Mufflons ist eine Oase mitten in der Großstadt. Die Tiere sind Kindern gegenüber zutraulich.

Lohnt sich ein Besuch, wenn man sich sowieso schon das Residenzschloss anschaut?

Ein Besuch lohnt, weil es die Eindrücke des großen Residenzschlosses komplettiert. Die Gäste erleben selbst, wie Adelige früher den Wechsel weg vom höfischen Treiben hin zum Idyll des Jagd- und Lustschlosses empfunden haben. Als Besucher des Residenzschlosses entfernt man sich vom Publikum, und es wird ruhiger. Bei Interesse am Detail sollte man sich aber Schloss Favorite am besten im Rahmen einer Führung gesondert anschauen – umso mehr, als dass das Schloss von 2017 bis 2019 saniert worden ist. Zuvor hatte der SWR-Fernsehjournalist Wieland Backes bis 2014 rund 27 Jahre lang seine Talkshow „Nachtcafé“ im Schloss moderiert. Coronabedingt sind alle Möbel entfernt worden, um Abstände einhalten zu können.

Kann der Park um Schloss Favorite einfach so betreten werden?

Es gibt zwar wegen des Wildes Zäune, aber keine Absperrungen. Der Park wird auch von Joggern genutzt. Für sie ist es angenehm zu laufen: 2,6 Kilometer vom Schloss Favorite zum Schloss Monrepos, danach einmal um den See und wieder zurück. Aber auch ein Spaziergang von Schloss zu Schloss hat seine Reize, selbstverständlich auch per Fahrrad. Nur an den Wochenenden ist das Radfahren im Park wegen der Fußgänger verboten. Der Park ist im Herbst bis zum 31.  Oktober von 9  bis 18 Uhr geöffnet, danach nur noch bis 16  Uhr, bevor die Tage im Februar wieder heller und länger werden.

Welche Geschichten erfährt man bei einer Schlossführung?

Allzu viel soll an dieser Stelle nicht verraten werden, aber die Innenräume verbreiten immer noch aristokratischen Charme. Im Speisezimmer sollte eine sogenannte Confidenztafel eingerichtet werden. Der Clou wären die im Boden versenkbaren Esstische gewesen. Auf ihnen wären die Speisen nach oben gestemmt worden, die in einer eigens 1750 eingerichteten Küche ein Stockwerk tiefer hergerichtet wurden. „Man wollte damals offenbar wenig mit den Dienern zu tun haben“, sagt Annette-Katrin Raquet, in der Schlossverwaltung unter anderem für Kinderführungen zuständig. Leider seien die Confidenztafeln im Schloss nie ganz fertiggestellt worden. Obwohl es sich bis zum Bau des Seeschlosses Monrepos im Jahr 1804 um das einzige Lustschloss handelte, gab es keine Schlafzimmer. „Es diente nur Festlichkeiten, oft im kleinen Rahmen“, erzählt Stephan Hurst, Leiter der Schlossverwaltung. Größere, mehrtägige Festivitäten gab es unter Herzog Carl Eugen hingegen zwischen 1748 und 1775. Er war der Despot, vor dem der Dichter Friedrich Schiller 1782 floh.

Welche Idee steckt hinter der Architektur?

Als Vorbilder für Schloss Favorite dienten die österreichischen Lustgebäude in Wien. In der Nutzung orientierten sich solche kleinen Schlösser an italienischen Gartencasini zum kurzzeitigen Verweilen. Wichtig dabei war auch immer, selbst einen schönen Ausblick zu haben, wie bei einem Gartenbelvedere in Österreich. Andererseits sollte das Schloss für Feierlichkeiten eine effektvolle Kulisse wie ein Theater bieten – daher auch die weit ausladende Freitreppe, damals eine der prunkvollsten in Mitteleuropa.

Wie viel kostet eine Führung?

Eine Führung kostet nach Angaben der Tourist Region Stuttgart derzeit für Erwachsene 5 Euro, ermäßigt 2,50 Euro. Familien zahlen 12,50 Euro. Bei einer Sonderführung kostet der Eintritt für einen Erwachsenen 11 Euro. Einen Überblick über die Führungen im Themenjahr „Liebe, Lust und Leidenschaft“ bietet www.schloss-favorite-ludwigsburg.de.

Wie das fürstliche Speisen im Lustschloss vonstatten ging

Serie
 Auf Erkundungstour in der Region – zu geheimnisvollen Burgen und Ruinen, prächtigen Schlössern und eindrucksvollen Kirchen. Wir machen uns in und um Stuttgart auf die Suche nach Schlossgespenstern, erzählen spannende Geschichten aus vergangenen Tagen und liefern Wissenswertes zu mächtigen Mauern in luftigen Höhen. Unsere Sommerserie widmet sich diesen kulturellen und historischen Sehenswürdigkeiten und bietet Anregungen für Ausflüge, die sich lohnen. Wetten, dass auch für Sie etwas dabei ist?

Führungen
 Sonderführungen, etwa für Gruppen, können mit der Schlossverwaltung vereinbart werden. In diesem Herbst gibt es auch Themenführungen, etwa „Herzogin auf Abwegen“ über das Leben von Prinzessin Friederike, der Gattin von Herzog Carl Eugen. Termine sind am 11. September, 2.  Oktober und 6. November, jeweils um 11 Uhr. An diesen Tagen um 14 Uhr werden Gäste unter dem Motto „Fürstliches Speisen im 18. Jahrhundert“ durchs Schloss geführt.