Im ältesten Schulgebäude der Stadt Kornwestheim befindet sich das Schulmuseum Nordwürttemberg. In einem Klassenzimmer scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.

Kornwestheim - Das ist aber schön, dass ihr auch mal meine alte Schule besucht.“ Die Zähne des Schulmeisters klappern arg, aber die aufrechte Haltung und der ernste Blick verfehlen ihre Wirkung nicht. Es werde nicht selten mucksmäuschenstill im Klassenzimmer, wenn der betagte Herr aus dem Schulalltag vergangener Jahre berichte, sagt Christa Altmann, die regelmäßig durch das Schulmuseum Nordwürttemberg führt. Sie ist echt und war bis vor einigen Jahren selbst Leiterin einer Grundschule in Stuttgart-Mühlhausen. Der alte Mann in dem schwarzen Anzug indes ist nur eine sprechende Schaufensterpuppe mit einer Technik aus alter Zeit – eine der vielen Skurrilitäten im Kornwestheimer Schulmuseum.

 

Im Oktober 1984 wurde das Schulmuseum in der Schillerschule eröffnet. Der Initiator war Willy Haiges, damals Grundschulrektor in Kornwestheim. Er trug die Exponate zusammen, formulierte die Texte für die Stellwände und lieh dem gestrengen Schulmeister die Stimme.

Herzstück des Schulmuseums in dem 110 Jahre alten Gebäude ist ein Klassenzimmer aus der Jahrhundertwende. Bevor der Raum betreten werden darf: bitte in Zweierreihen Aufstellung nehmen. So wie früher. Christa Altmann bemüht sich, den Gästen einen Eindruck davon zu vermitteln, wie das Schulleben einst war. Wenn sie Grundschulkinder durchs Schulmuseum führt, dürfen einige der Pennäler die Schuluniform überstreifen – ein Matrosenhemdchen für die Jungen, Kleidchen für die Mädchen. Sind alle ruhig? Dann bitte eintreten ins Klassenzimmer.

Zu dritt in einer Bank

Die Schulbänke, die fest mit dem Tisch verbunden sind, und die man auf dem Speicher eines ehemaligen Schulhauses im Oberschwäbischen aufgetrieben hat, sind eng. Die Jungen, weiß Christa Altmann zu berichten, durften am Fenster sitzen, damit sie bessere Arbeitsbedingungen hatten. Gut waren sie gleichwohl nicht. In dem Raum waren bis zu 70 Kinder eingepfercht. Zu dritt saßen die Jungen und Mädchen in den Bänken. Montags musste ein frisches Taschentuch vorgezeigt werden. Ein Taschentuch aus Stoff? Heutzutage sei nicht mehr allen Kindern bewusst, dass es so etwas gibt, erzählt Altmann.

Zu Beginn des Unterrichtstages wurde gebetet. Auch das macht Christa Altmann anno 2018 mit den Kindern, wobei sie allerdings, um niemandem vor den Kopf zu stoßen, Wert darauf legt, dass das Gebet lediglich nachgesprochen wird. Die Museumsführerin hat auch einen Rohrstock in der Hand, mit dem sie aber die „Tatzen“, wie die Schläge auf die Hand hießen, nur sanft andeutet. Die Schiefertafel an der Wand, das uralte Harmonium, eine große Landkarte am Kartenstände, Schulwandbilder oder der alte Ofen: Das Klassenzimmer entführt die Besucher in die Vergangenheit. Ältere Gäste, erzählt Christa Altmann, fühlten sich an ihre eigene Schulzeit erinnert. Berührend sei es gewesen, als sie jüngst eine Gruppe mit Demenzkranken durch das Museum geführt habe. Auch bei ihnen seien Erinnerungen hochgekommen.

Das Schulmuseum bietet mehr als das Klassenzimmer aus der Jahrhundertwende. In einem Raum können sich die Besucher über die Geschichte der Schulbildung in Württemberg informieren – angefangen von den Klosterschulen des Mittelalters bis hin zur Reformpädagogik späterer Jahre. Ein zweiter Raum beschäftigt sich mit den Pädagogen selbst, erzählt, wie aus den einstigen Schulmeistern die Lehrer von heute wurde.

„Scharfe Zucht gibt gute Frucht“

Im Flur des alten Schulgebäudes geht es um das Thema Strafen. Eher unscheinbar im Aussehen, aber dafür umso härter in den Auswirkungen ist ein Holzscheit, auf den sich die Kinder knien mussten, wenn ihr Verhalten dem Lehrer missfiel. Nicht zu übersehen ist ein großer Schandesel aus Holz. Schüler, deren Leistungen zu wünschen übrig ließen, mussten sich darauf setzen und Hohn und Spott ertragen. Nein, schön war das Schulleben anno dazumal nicht, wie es auch die Leitsätze zeigen: Wer nicht hören will, muss fühlen. Oder: Scharfe Zucht gibt gute Frucht.

Eine Ecke im Museum ist der Schrift gewidmet. Sie zeigt den Wandel, dem die Buchstaben im Laufe der Zeit unterworfen waren. Christa Altmann lenkt das Augenmerk der Besucher gerne auch auf den Eingang. Dort sind ins Gemäuer einige Tiere gehauen worden, unter anderem ein Eichhörnchen. Und das, sagt sie, stehe symbolisch für das, was in der Schule passiere. Sich Wissen anzueignen, das sei eine Art Vorsorge fürs ganze Leben, ein Vorrat, auf den man immer zurückgreifen könne.

Das Schulmuseum

Adresse
Schulmuseum Nordwürttemberg, Schillerstraße 13, 70806 Kornwestheim, Telefon 0 71 54 / 2 02 74 01 oder 0 71 54 / 1 61 00.

Öffnungszeiten
Samstag und Sonntag jeweils von 14 bis 17 Uhr. Gruppenbesuche mit Führung sind auch wochentags möglich nach telefonischer Vereinbarung.

Preise
Der Eintritt ist kostenfrei.