Wie bereits im Neubaugebiet Schelmenäcker haben Archäologen in Leinfelden-Echterdingen auf dem Baufeld für das Projekt „KaepseLE“ Rückstände menschlicher Siedlungen aus der Jungsteinzeit gefunden.

Wohnraum ist in Leinfelden-Echterdingen höchst gefragt – und das anscheinend schon seit mehreren Tausend Jahren. Im Sommer untersuchte das Landesamt für Denkmalpflege das Baufeld des Neubauprojekts „KaepseLE“ im Gebiet Goldäcker. Das Ergebnis: Wie zuvor bereits in den Schelmenäckern wurden auch am westlichen Siedlungsrand von Echterdingen viele spannende Spuren der Vergangenheit gefunden.

 

„Die Filderebene ist seit 5400 vor Christus sesshaft bewohnt“, erklärt Jörg Bofinger, der Referatsleiter für Operative Archäologie am Landesamt für Denkmalschutz. Die Wahrscheinlichkeit, unter der Bodenoberfläche auf Überreste menschlicher Siedlungen zu stoßen, ist also hoch. Deshalb wurde auf dem geplanten Baufeld des „KaepseLE“ zunächst eine geomagnetische Messung vorgenommen. Das Ergebnis war eindeutig. „Hier scheint etwas im Boden zu sein“, fasste es Jörg Bofinger zusammen.

Was folgte, war eine genaue archäologische Untersuchung im Juli und August. Bei den Grabungen wurden die Vermutungen bestätigt. Einzelne archäologische Befunde hätten sich zu einem Ensemble zusammengefügt, meint Jörg Bofinger.

Der Laie erkennt in den Funden meist nur noch Verfärbungen in der Erde. Die Fachleute des Landesamtes sahen in den Spuren jedoch Überreste sogenannter Langhäuser, wie sie in der Jungsteinzeit gebaut wurden. Darüber hinaus erkannten die Archäologen Spuren von Pfostenbauten, die wohl als Speicher für Lebensmittelvorräte gedient haben. Umfangreich waren die Funde allerdings nicht mehr. Bofinger schätzt, dass seit der Jungsteinzeit etwa ein Meter Boden bereits abgetragen wurde. Was ebenfalls gefunden wurde, war ein Urnengrab, das aus der Zeit um 1000 vor Christus stammt.

Archäologisches Denkmal bleibt als Dokumentation erhalten

Nachdem die Funde nun dokumentiert wurden, kann aus Sicht der Denkmalschützer mit den Bauarbeiten begonnen werden. „Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel“, fasste Bofinger den Wert der Funde zusammen. Das archäologische Denkmal werde in Form der Dokumentation erhalten. Im Gebiet Schelmenäcker war das anders. Dort wurde 2021 das gut erhaltene Skelett einer Frau gefunden, die vor 7000 Jahren dort beerdigt worden war – ein echter Sensationsfund. Und nicht nur das. Rund 35 Langhäuser aus der Jungsteinzeit und Keramikscherben wurden festgestellt.

Die Langhäuser waren grob zwanzig bis vierzig Meter lang, sieben bis zehn Meter breit und die typischen Wohngebäude der Jungsteinzeit. Bofinger meint, dass zwischen 15 und 30 Personen in einem Haus gelebt haben. Da oft mehrere dieser Häuser beieinandergestanden haben, gehen die Forscher davon aus, dass diese frühen Gebäudeensembles gehöftartige Siedlungen waren. Damit wuchsen die Gemeinschaften des menschlichen Zusammenlebens, was insgesamt vorteilhaft für die weitere menschliche Entwicklung war.

Hinzu kommt, dass die Sesshaftigkeit eine genaue Anpassung an die ökologischen Verhältnisse vor Ort ermöglichte. Außerdem war nun mehr Zeit nachzudenken, etwa über bessere Anbaumethoden oder neues Werkzeug. Dass die Spuren der Siedlungen bis heute erhalten sind, liegt vor allem an der Arbeits- und Lebensweise dieser Menschen. „Sie haben massiv in den Boden eingegriffen“, erklärt der Fachmann. Und das nicht nur durch ihre Architektur. Die ersten sesshaften Menschen haben im Vergleich zu den bisherigen Jägern und Sammlern auch Viehzucht betrieben, was für Archäologen im Idealfall gut sichtbare Spuren in Form von Tierknochen im Boden hinterlassen hat.

Warum die Siedlungsspuren bis jetzt erhalten geblieben sind

Gezüchtet wurden Schafe, Ziegen, Schweine und Rinder. Hühner gehörten damals noch nicht auf den Bauernhof. Das heute weltweit verbreitete Federvieh kam erst viel später nach Europa. Neben der Viehzucht wurde auch noch Wild erlegt – zum Essen und um die Ernte zu schützen. An pflanzlicher Nahrung wurde Getreide wie Emmer und Einkorn, die Urformen des Weizens, kultiviert. Ferner gab es Felder mit Linsen und Erbsen.

Die Filderebene wurde offenbar bereits von den ersten Bauern als fruchtbar angesehen. „Das haben die Menschen damals bereits erkannt“, meint Bofinger. Bis in die Gegenwart wird die Qualität des Bodens für die Landwirtschaft geschätzt.

Kosten von 200 000 Euro

Fläche
Insgesamt wurde im Gebiet Goldäcker eine Fläche von 1,1 Hektar von den Archäologen untersucht. Der Stadt Leinfelden-Echterdingen hat diese Untersuchung 200 000 Euro gekostet.

Zeit
Die Arbeiten haben zehn Wochen in Anspruch genommen. Etwa 130 Befunde haben die Forscher festgestellt.