Bisher war er nur Zeuge im EnBW-Ausschuss. Nun fordert Stefan Mappus als „Betroffener“ Rede- und Fragerecht. Der Landtag will spätestens in der Besprechung mit den Obleuten der Fraktionen am Mittwoch eine Entscheidung fällen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Nennenswerte Überraschungen waren im EnBW-Untersuchungsausschuss des Landtags eigentlich nicht mehr zu erwarten. Nach mehr als zwei Jahren befindet sich das Gremium auf der Zielgeraden. Für die beiden nächsten Sitzungen – womöglich die letzten in der Beweisaufnahme – steht das Programm fest: Am 31. Januar soll es um den Wert des Energiekonzerns beim Rückkauf von den Franzosen gehen. Als Zeugen geladen sind der Gutachter der Staatsanwaltschaft, Wolfgang Ballwieser, der Gegengutachter des Investmentbankers Dirk Notheis, Henner Schierenbeck, und der frühere, einst auch von Notheis informell beratene EnBW-Chef Hans-Peter Villis. Am 21. Februar sollen dann die Protokolle der Vernehmungen von EdF-Managern durch die französische Justiz öffentlich verlesen werden; ihr Inhalt ist in Teilen bereits durchgesickert.

 

Nun aber gibt es doch noch einen Paukenschlag: Kurz vor dem Abschluss der Aufklärung möchte die Hauptperson, Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU), gewissermaßen Mitglied des Gremiums werden. An den nächsten Sitzungen will er teilnehmen, selbst oder durch seine Anwälte Fragen stellen und einen eigenen Tisch für die Akten haben. So steht es in einem Schreiben („Eilt sehr! Bitte sofort vorlegen“), das den Landtag am vorigen Freitag erreichte – und dort hektische Aktivitäten auslöste. Es stammt von einem renommierten Rechtsexperten, der neu zum Team der Mappus-Berater gestoßen ist: dem Münchner Juraprofessor Bernd Schünemann, emeritierter Ordinarius für Strafrecht mit mehr als einem halben Dutzend Ehrendoktortiteln aus aller Welt. Er halte es für „rechtlich zwingend“, schrieb Schünemann an den Ausschussvorsitzenden Klaus Herrmann (CDU), dem Ex-Regierungschef die Rechtsstellung eines „Betroffenen“ einzuräumen. Dabei verwies er auf einen wenig bekannten Paragrafen im Untersuchungsausschussgesetz, in dem die Figur des „Betroffenen“ und deren Rechte definiert sind. Umfasst sind alle Personen, denen der Ausschuss eine „persönliche Verfehlung“ attestieren könnte – woran für den Rechtsprofessor kein Zweifel besteht. Der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel habe Mappus einst sogar als „Hauptbeschuldigten“ bezeichnet.

Anwälte beklagen „Vorverurteilung“

Mappus’ bisherigen Anwälten – darunter der einstige Rechtsbeistand von Helmut Kohl – ist die Klausel offenbar ebenso wenig aufgefallen wie der CDU oder dem Landtag. Spätestens jetzt aber, fordert Schünemann, müsse der Ex-Premier sofort die Betroffenen-Rechte erhalten. Grund dafür sei das Bekanntwerden der von der Staatsanwaltschaft an den Ausschuss übermittelten EdF-Protokolle und die politischen Reaktionen darauf.

Angesichts der „zahnradförmigen Verknüpfung“ zwischen den Untersuchungen der Justiz und des Parlaments sei Mappus’ Anspruch auf ein faires Verfahren „in hohem Maße“ verletzt. Durch ihre öffentliche „Vorverurteilung“ – mit unerhörten Begriffen wie „Lügengebäude“ – nähmen Grüne und SPD Einfluss auf die Ermittlungen, ohne dass Mappus sich angemessen wehren könne. Als Betroffener wolle er „mit sachgemäßen Fragen“ dagegenhalten, neben den Vernehmungsprotokollen müssten zudem seine eigenen Erläuterungen dazu verlesen werden. Vom Landtag, so Schünemann, erwarte er „umgehend“ eine Entscheidung.

Landtag will schnell entscheiden

Dort soll es nun tatsächlich fix gehen. An diesem Montag will die Verwaltung eine „rechtliche Bewertung“ vorlegen. Dann will sich der Ausschusschef Herrmann um das Begehren kümmern – „spätestens“ in der Besprechung mit den Obleuten der Fraktionen am Mittwoch.