Im Audi-Werk Neckarsulm steht in der nächsten Woche die Produktion still. Trotz dieser Pause werden dort in diesem Jahr so viele Wagen produziert wie noch nie.

Stuttgart - Nach Daimler muss nun offenbar auch Audi auf die schwächere Autokonjunktur reagieren und die Produktion im Werk Neckarsulm in den kommenden Woche drosseln. Die Bänder im Werk Neckarsulm stehen vom kommenden Montag an bis Freitag still, sagte eine Audi-Sprecherin. Zuvor war bereits bekannt geworden, dass die S-Klasse von Mercedes-Benz in Sindelfingen bis auf weiteres nur noch in einer Schicht produziert werden soll, was erheblichen Ärger mit dem Betriebsrat ausgelöst hat, und die Produktion im Lastwagen-Werk Wörth im Oktober freitags stillsteht.

 

Die Fertigung reagiere flexibel auf die Nachfrage, sagte eine Audi-Sprecherin. Nach einer Phase mehrerer Neuanläufe, in der es auch viele Überstunden und Sonderschichten gegeben habe, kehre man nun schrittweise zur normalen Fahrweise zurück. Die Arbeitszeitkonten der Mitarbeiter seien gut gefüllt. Mit dieser Rückkehr zur Normalität wird auch begründet, dass im Oktober die Verträge von 250 der insgesamt 1400 Leiharbeitern nicht verlängert werden, die eingestellt worden waren, um Arbeitsspitzen nach den Neuanläufen zu bewältigen. In Neckarsulm werden vor allem die Modelle A6, A7 und A8 produziert.

Trotz der Pause in der kommenden Woche beurteilt Audi die geschäftlichen Perspektiven zuversichtlich. Neckarsulm steuert in diesem Jahr auf eine Rekordproduktion von rund 270 000 Wagen zu, an diesem Standort sind 14 800 Mitarbeiter beschäftigt, so viele wie nie. Auch Audi-Chef Rupert Stadler hatte auf dem Pariser Autosalon bekräftigt, dass die VW-Tochter trotz Schuldenkrise auf Wachstumskurs bleibe und der Absatz in diesem Jahr von 1,4 Millionen auf 1,5 Millionen Wagen ausgeweitet werden soll, obwohl Westeuropa in einer schwierigen Phase stecke. Selbst in Europa, so Stadler, verzeichne Audi „ganz leichte Zuwächse.“

Kritik gibt es vom Betriebsrat

Im Streit um die geplante Drosselung der Fertigung im Daimler-Werk Sindelfingen hat sich der Betriebsrat erstmals in einem Brief an die Mitarbeiter gewandt und die Vorschläge der Werksleitung zurückgewiesen. Das Unternehmen will die S-Klasse in den kommenden Monaten statt in zwei Schichten nur noch in einer Frühschicht produzieren lassen, was der Betriebsrat ablehnt. Eine Dauerfrühschicht würde den Wegfall der Spätschichtzuschläge bedeuten. Dies macht nach Angaben des Betriebsrats elf Prozent des Bruttoentgelts aus. Die vom Unternehmen als Ausgleich für diese Einbußen ins Gespräch gebrachte Aufstockung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 39 Stunden kritisiert der Betriebsrat, weil damit im Endeffekt die Zeitkonten noch stärker ins Minus fahren würden. Eine Verlängerung der Arbeitszeit bei einer gleichzeitigen Drosselung der Fertigung sei nicht sinnvoll, heißt es in dem Schreiben.

Weil sich beide Seiten nicht auf die Schichtpläne für das vierte Quartal einigen können, will das Unternehmen die Einigungsstelle anrufen. „Ein Kernproblem des Konflikts ist, dass von der Unternehmensleitung zu keinem Zeitpunkt ernsthaft versucht wurde, eine Verhandlungslösung zu erzielen“, schreiben Betriebsratschef Erich Klemm und sein Stellvertreter Ergun Lümali.

Die Arbeitnehmervertreter deuten an, dass ihrer Meinung nach nicht Werksleiter Willi Reiss, sondern Personalvorstand Wilfried Porth den Konflikt angeheizt habe. „Auf Weisung der Zentrale wurde von Anfang an mit der Anrufung der Einigungsstelle gedroht“, heißt es in dem Schreiben. Der Betriebsrat habe immer seine Gesprächsbereitschaft unterstrichen und sei auch jetzt zur Suche nach einer einvernehmlichen Lösung bereit, sobald die Unternehmensleitung die von ihr einseitig abgebrochenen Gespräche wieder aufnehmen wolle. Voraussetzung für sinnvolle Gespräche sei jedoch, dass die Produktionsprogramme der S-, E- und C-Klasse auf dem Tisch liegen.