Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)
 

Im Geschäftsbereich Industrietechnik mit weltweit rund 10 200 Beschäftigten bündelt der Autozulieferer ZF seine Aktivitäten für Anwendungen abseits der Straße – das reicht beispielsweise von Getrieben und Achsen für Baumaschinen und Traktoren bis zu Schienenfahrzeugen, Gabelstaplern, Schiffen oder Seilbahnen. Die Industrietechnik steuert mit einem Umsatz von gut 2,5 Milliarden Euro rund acht Prozent zum ZF-Konzernumsatz von mehr als 32 Milliarden Euro bei.   

Langfristig soll der Anteil der Industrietechnik auf 20 Prozent des ZF-Umsatzes steigen. Am Kurs, unabhängiger vom Automobilgeschäft zu werden und weiter zu diversifizieren, hält ZF auch nach der Übernahme von TRW fest.  

Die Windkraftsparte mit Hauptsitz in Lommel ist mit rund 820 Millionen Euro Umsatz einer der großen Umsatzbringer in der Industrietechnik. Ein wichtiger Standort ist auch das Werk Witten (ehemals Bosch-Rexroth). Hier werden vor allem Großgetriebe hergestellt – nicht nur für Windräder, auch für Ölplattformen, Seilbahnen oder riesige Minenbagger.

Vor allem im Offshore-Bereich – also auf See – will man mit Großgetrieben punkten. Zwar ist der Bau von Windrädern im Meer komplizierter, doch lassen sich dort größere Anlagen als an Land bauen. Zudem bläst der Wind auf See meist verlässlich und stetig. Das mache die Offshore-Windräder wirtschaftlicher und verlässlich für Grundlasten wie sie sonst nur von klassischen Großkraftwerken bereitgestellt würden, sagt Werner Höner von Windtest Grevenbroich, ein Spezialist für Expertisen und Vermessungen in Sachen erneuerbarer Energien.

Meereswindparks ohne staatliche Zuschüsse

Der Ausbau der Meereswindparks etwa in Nord- und Ostsee spielt hier zu Lande bei der Umstellung der Stromversorgung auf regenerative Energien eine wichtige Rolle, wenngleich die noch fehlenden Leitungen, um den Windstrom in den Süden abzutransportieren, erst noch gebaut werden müssen. Auch die Tatsache, dass Windräder auf See künftig erstmals ohne staatliche Zuschüsse Strom produzieren könnten, sorgt für eine frische Brise in der Branche. Beispiel Nordsee: Bei drei von vier Projekten, die aber erst 2025 realisiert werden, kam der dänische Dong-Konzern zum Zug, beim vierten die EnBW, die im April stolz meldete, man werde mit dem Zuschlag über 900 Megawatt „zu den weltweit ersten Offshore-Windparks ohne Förderung“ gehören. Das sorgte für Furore, nachdem zuvor bereits ein Projekt in Dänemark mit einem extrem niedrigen Preis – 4,99 Cent staatlicher Zuschuss je Kilowattstunde – für Aufsehen gesorgt hatte.

Hintergrund in Deutschland ist die Reform der Förderung erneuerbarer Energien. Erstmals wurden die Zuschüsse nicht pauschal vergeben, sondern in einem Bieterverfahren ausgeschrieben: Die Windpark-Betreiber, die am wenigsten Geld forderten, sollten von der Bundesnetzagentur den Zuschlag bekommen. Das hat Einfluss auf die Preise. Jan Willem Ruinemans, Chef der ZF-Windsparte, spricht von einem dramatischen Preisverfall – und sinkenden Energiekosten. „Offshore-Anwendungen werden zunehmen“, sagt er. Diese Entwicklung dürfte sich auch auf die Windturbinenhersteller auswirken. Der Branche, zu der europäische Konzerne wie Enercon, Siemens, Vestas oder beispielsweise GE (USA) oder Goldwind (China) gehören, sagt er eine weitere Konsolidierung voraus. Als Zulieferer wird ihm aber trotz des drohenden Preisdrucks nicht bang, weil man weiter an der Effizienz der Produkte arbeite und weltweit Kunden beliefere.

Mehr als 28 000 Windräder in Deutschland

Künftig dürfte die Musik vor allem in Asien spielen, allen voran China. Das Land hat bereits Europa als größten Windkraftmarkt überholt. Bis 2025 dürften allein auf China rund 40 Prozent des weltweiten Windkraftmarktes entfallen, sagt Ruinemans und stützt sich dabei Markteinschätzungen von Experten. ZF ist dort bereits mit zwei Werken vertreten, einem weiteren in Indien.

In Deutschland drehten sich laut Bundesverband Windenergie im vergangenen Jahr 28 217 Windräder, der Großteil davon an Land, lediglich 947 auf dem Meer. Damit summiert sich die gesamte installierte Leistung auf gut 50 000 Megawatt, was einem Anteil von 12,3 Prozent an der deutschen Stromproduktion entspricht.

Im vergangenen Jahr hat ZF rund 5000 Windkraftgetriebe produziert – von 0,85 Megawatt bis acht Megawatt, in den Werken Gainesville (USA), Coimbatore (Indien), Tianjin und Peking (beide China), in Witten und am Hauptsitz der Windkraftsparte im belgischen Lommel. Der Windkraft-Umsatz von ZF kletterte 2016 um 27 Prozent auf 820 Millionen Euro. In der Krise 2013 lag er bei knapp 200 Millionen Euro. In Summe wurden bis Ende 2016 mehr als 55 000 ZF-Getriebe in Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 100 Gigawatt weltweit installiert. Das entspricht einem Viertel des Gesamtmarkts von Windrädern mit Getrieben in Höhe von 400 Gigawatt, weitere 100 Gigawatt entfallen auf getriebelose Windräder, die 20 Prozent des Weltmarkts ausmachen.

Trend geht zu mehr Leistung

Offshore gehe der Trend zu immer mehr Leistung, sagt Ruinemans. Dabei hat das „Acht-Megawatt-Baby“ schon gigantische Dimensionen. Allein das Rotorblatt eines Windrades mit dieser Leistung ist rund 80 Meter lang und könnte im Inneren neun Doppeldeckerbusse verstauen. Und mit der produzierten Energie von rund 192 Megawattstunden pro Tag können bis zu 15 000 Haushalte versorgt werden.

Die Branche ist im Aufwind – auch wenn Windkraft entzweit. Für die einen bedeutet sie saubere Energie, die Atomkraft und Kohle ersetzen und das Klima retten soll, für die anderen steht sie für die rücksichtslose Zerstörung von Naturlandschaften und für Profite Einzelner auf Kosten der Allgemeinheit. Für ZF-Vorstand Wilhelm Rehm steht allerdings fest: „Die Weiterentwicklung der Elektromobilität im Automotive-Bereich und die nachhaltige Energieerzeugung mit Windkraft im Industriebereich ergänzen sich strategisch gut.“

ZF-Industrietechnik im Überblick: Von Baumaschinen bis Windräder

Im Geschäftsbereich Industrietechnik mit weltweit rund 10 200 Beschäftigten bündelt der Autozulieferer ZF seine Aktivitäten für Anwendungen abseits der Straße – das reicht beispielsweise von Getrieben und Achsen für Baumaschinen und Traktoren bis zu Schienenfahrzeugen, Gabelstaplern, Schiffen oder Seilbahnen. Die Industrietechnik steuert mit einem Umsatz von gut 2,5 Milliarden Euro rund acht Prozent zum ZF-Konzernumsatz von mehr als 32 Milliarden Euro bei.   

Langfristig soll der Anteil der Industrietechnik auf 20 Prozent des ZF-Umsatzes steigen. Am Kurs, unabhängiger vom Automobilgeschäft zu werden und weiter zu diversifizieren, hält ZF auch nach der Übernahme von TRW fest.  

Die Windkraftsparte mit Hauptsitz in Lommel ist mit rund 820 Millionen Euro Umsatz einer der großen Umsatzbringer in der Industrietechnik. Ein wichtiger Standort ist auch das Werk Witten (ehemals Bosch-Rexroth). Hier werden vor allem Großgetriebe hergestellt – nicht nur für Windräder, auch für Ölplattformen, Seilbahnen oder riesige Minenbagger.