Ist die grün-schwarze Koalition am Ende? Oppositionspolitiker glauben jedenfalls nicht mehr an eine lange Lebensdauer. FDP-Fraktionschef Rülke steht für Gespräche über eine Deutschlandkoalition bereit.

Stuttgart - Angesichts der grün-schwarzen Krise kommt im Südwesten eine Debatte über einen möglichen Koalitionsbruch und die Bildung eines neuen Regierungsbündnisses aus CDU, SPD und FDP hoch. FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart, das grün-schwarze Bündnis sei fragil. Sollte die Regierungskoalition zerbrechen, stünde die FDP dazu bereit, über eine Regierungsbeteiligung zu verhandeln. Die grün-schwarze Koalition von Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte aber mehrfach beteuert, miteinander weiterregieren zu wollen.

 

Rülke sagte, Voraussetzung für ein Dreierbündnis wäre die Umsetzung zentraler inhaltlicher Vorstellungen der FDP. Dazu gehörten, dass es keine Diesel-Fahrverbote im Südwesten, eine Entbürokratisierung für die Wirtschaft und eine Stärkung der beruflichen Bildung gebe. Die Chance, dass Grün-Schwarz bis zur Landtagswahl 2021 hält, sieht Rülke bei niedriger als fünfzig Prozent. Nach seinem Eindruck spielt die Mehrheit der Abgeordneten in der CDU-Landtagsfraktion mit dem Gedanken, das grün-schwarze Bündnis vorzeitig aufzulösen und eine Koalition aus CDU, SPD und FDP zu bilden.

Breymaier: Bricht Grün-Schwarz auseinander, kommen nur Neuwahlen infrage

Auch SPD-Landtagsfraktionschef Andreas Stoch sagte: „Ich halte diese Regierung aus CDU und Grünen für schädlich fürs Land.“ Grün-Schwarz beschäftige sich nur noch mit sich selbst. „Deswegen wäre es besser, wenn diese Regierung möglichst schnell durch eine funktionierende Regierung abgelöst wird, die die Probleme der Menschen im Land lösen kann.“ Ob es zu Neuwahlen komme oder ein Dreierbündnis zustande komme, hänge davon ab, was das Beste für das Land sei.

SPD-Landeschefin Breymaier trat Spekulationen über eine Deutschlandkoalition deutlich entgegen. Es könne nicht sein, dass die CDU in Anbetracht ihrer Verweigerungshaltung bei der Wahlrechtsreform im Falle des Falles auch noch mit der Regierungsführung betraut werde. Breche Grün-Schwarz auseinander, kämen nur Neuwahlen infrage.

Sabine Kurtz wurde erst im zweiten Wahlgang zur neuen Landtagsvizepräsidentin gewählt

Grüne und CDU hatten sich wegen einer Reform des Landtagswahlrechts gezofft. Am Dienstag war das Vorhaben begraben worden, weil die CDU-Fraktion nicht von ihrer Blockadehaltung abrückte. Am Mittwoch traten die Risse der Koalition noch deutlicher zutage: Die CDU-Landtagsabgeordnete Sabine Kurtz wurde erst im zweiten Wahlgang zur neuen Landtagsvizepräsidentin gewählt und erhielt dabei deutlich weniger Stimmen, als die grün-schwarzen Fraktionen Sitze im Parlament haben. Grün-Schwarz regiert seit 2016 in Baden-Württemberg.

Eine Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion sagte am Freitag, die Vorsitzenden der Regierungsfraktionen sowie die Regierung selbst sei einem engen Austausch miteinander. „Wir arbeiten gut zusammen. Wir sind uns mit unserem Koalitionspartner einig, dass der Koalitionsvertrag noch viele Projekte enthält, die Grün-Schwarz bis 2021 zum Wohle der Bürger im Land umsetzen wird.“

Ein Sprecher der CDU-Fraktion sagte: „Das Abstimmungsverhalten der Grünen-Fraktion bei der Kurtz-Wahl hat die Regierungskoalition nachhaltig belastet.“ Es sei auch an den Grünen, Verlässlichkeit und Vertrauen wieder herzustellen. Dazu gehöre, dass die Grünen-Parteiführung ihre „ständigen Attacken“ einstelle. „Wir haben immer gesagt, dass wir das Gelingen dieser Koalition wollen.“