Viele bekannte Politiker und Journalisten kamen zum glamourösen Bundespresseball.

 Berlin - So entspannt durchquerte schon länger kein Bundespräsident mehr die Besuchermassen des Bundespresseballs in Berlin. Christian Wulff lächelt auf dem langen Weg in den Ballsaal links und rechts, bleibt händeschüttelnd stehen und lässt sich mit seiner Frau Bettina von Ballgästen mit Handys knipsen. Die First Lady im Paillettenrock und Chiffon-Oberteil verteilt Wangenküsse und umarmt Bekannte. Eine Viertelstunde braucht das Paar am Freitagabend vom roten Teppich bis zum ganz in weiß gehaltenen Ballsaal. Selbst die zahlreichen Leibwächter bleiben ungewohnt gelassen.

 

Am Eingang zum Ballsaal nur eine kurze Irritation. „Sind wir hier richtig?“, fragt Wulff. Hilfreiche Menschen weisen den Weg, wenig später findet das Paar zur Tanzfläche in das erste heftige Blitzlichtgewitter. Das Urteil eines Tanzexperten vom letzten Jahr - „Bemüht, aber steif“ - stimmt nicht mehr ganz. Mitten im Tanz-Getümmel dann ein langer Kuss. Die Fotografen sind begeistert - auch von der Tätowierung unter dem durchsichtigen Ärmel.

"Ich vermisse die Kanzlerin immer, wenn sie nicht da ist"

2500 Journalisten, Politiker, Beamte und Manager drängen sich im Erdgeschoss des Hotels Intercontinental. 200 Meter Buffet zwischen Bars und bunten Dekorationen müssen begutachtet werden, die Schlangen sind lang. Bodenständig oder anspruchsvoll, lautet die Entscheidung. Austern von kaltblau-leuchtenden Eisblöcken oder Currywurst aus Porzellanschälchen, Schwein oder Reh, Bier oder Champagner. Die 850 Gäste an den Tischen (Eintrittskarten kosten mehr als 500 Euro) haben keine Wahl. Ihr Menü steht fest: Seesaibling, Island-Kabeljau und Lamm, geschmort und gebraten.

Die Polit-Spitze gibt sich im Getümmel und auf dem roten Teppich entspannt. „Ich vermisse die Kanzlerin immer, wenn sie nicht da ist“, meint grinsend Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) auf die alljährliche Frage nach dem Fernbleiben von Angela Merkel (CDU).

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) im gold-bronzefarbenen Kleid erwartet „viel Freude und Spaß“. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) lässt sich in Erwartung des musikalischen Höhepunkts zu einem Geständnis hinreißen: „Ich bin der absolute Nena-Fan“. In seiner Kindheit sei zu Hause „alles voller Nena-Sachen“ gewesen.

Amüsiert zeigt sich Linke-Sprecher Hanno Harnisch, dessen Parteispitze den Ball weitgehend ignoriert. Wo denn Oskar Lafontaine oder Gregor Gysi stattdessen seien, will jemand wissen. Harnisch lacht los. „Bei der Revolution natürlich. Die ist doch hier nicht auf dem Ball.“

Die Opposition ist hauptsächlich vertreten durch den SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Zum Leid der Fotografen sagte die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth - deren Kleid immer wieder wahlweise mit Spannung oder Spott erwartet wurde - ab. Ein Parteitag ist wichtiger. Gelassen nimmt Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) seine versehentliche Ressortänderung von Wirtschaft zu Verkehr bei der offiziellen Begrüßung im Ballsaal. Nur Ball-Organisator Alfred J. Gertler versinkt verbal im Boden.

Das Hoffen auf "einen lustigen Abend"

Am Rand der ganzen Blitzlichter steht der Vorsitzende der Piratenpartei Sebastian Nerz mit seiner Frau. Mit einer Mischung aus Unsicherheit und Amüsement betrachtet er das Umarmen und Küsschen-Verteilen direkt vor ihm. Das Kleid seiner Frau sei neu gekauft, sein Smoking für seinen ersten Ball geliehen, berichtet er. Und hofft auf „einen lustigen Abend“ und Gespräche mit anderen Politikern.

Tapferer als manch etablierter Kollege ist Nerz sicher. Am Samstagmorgen um 7.30 Uhr wartete der erste Termin vor dem Bundesvorstandstreffen seiner Partei am Wochenende. Zu der Uhrzeit sind üblicherweise die letzten Gäste gerade erst aus der Ball-Disco in die wartenden Taxis gestolpert.