Die unheilige Allianz aus Militarismus, Katholizismus und Machismus stürzt nicht nur ein Land in die Katastrophe, sondern auch eine Familie – Calixto Bieitos wuchtige Inszenierung von Federico García Lorcas Frauentragödie im Stuttgarter Schauspielhaus.

Stuttgart - Die Uraufführung des Werks hat er nicht mehr erlebt. Kurz nachdem er „Bernarda Albas Haus“ im Sommer 1936 fertiggestellt hatte, ist Federico García Lorca ein Opfer jener Gewalt geworden, die er in seiner „Tragödie von den Frauen in den Dörfern Spaniens“ – so der Untertitel – beschreibt. Lorca wurde von Franco-Anhängern ermordet, mithin von der unheiligen Allianz aus Militarismus, Katholizismus und Machismus, die Spanien in den Bürgerkrieg stürzte, aber auch die Familie als kleinste gesellschaftliche Einheit mit ihrem Gift zersetzte. Bei Lorca verbirgt sich die lebensfeindliche Allianz hinter der Maske von Tradition, Konvention, Familienehre – und welche Tyrannei davon ausgehen kann, zeigt der katalanische Regisseur Calixto Bieito im Stuttgarter Schauspielhaus mit klaren, kantigen, wuchtigen Bildern.

 

Explosives Begehren

Antikisches verbindet sich mit Andalusischem, mit dem Schwarzweiß der Häuser, Gewänder und Gedanken: Bernarda Alba hat nach dem Tod ihres Mannes den fünf heiratsfähigen Töchtern eine achtjährige Trauerzeit auferlegt. Eingesperrt in Haus und Hof, staut sich mit der Hitze auch das Begehren, die Missgunst, der Hass, die Aggression. Mit seinem tollen Frauenensemble, angeführt von Nicole Heesters als eisige Mutter, übersetzt Bieito diese grausame Explosivität in eine punktgenaue Körperchoreografie. Keine Mätzchen, nichts – und wie kurz danach das ganze Land steuert auch das Leben in den Dörfern Spaniens geradewegs auf die Katastrophe zu. Langer, kräftiger Beifall im Schauspielhaus.