Wohnen im Denkmal Schöne Bauernhäuser im Schwarzwald
Denkmalgeschützte Häuser zu erhalten ist anspruchsvoll. Leben in solchen schönen Bauernhäusern im Schwarzwald ist aber auch mit einem großartigen Wohngefühl verbunden und gelebter Umweltschutz.
Denkmalgeschützte Häuser zu erhalten ist anspruchsvoll. Leben in solchen schönen Bauernhäusern im Schwarzwald ist aber auch mit einem großartigen Wohngefühl verbunden und gelebter Umweltschutz.
Hat ein Haus eine Seele? Absolut – ja! Das sagen jene, die denkmalgeschützte Ein- und Mehrfamilienhäuser, Scheunen, Bauernhöfe, still gelegte Bahnhöfe, leer stehende Apotheken sanieren.
Solche Leute retten zum Beispiel von Holzwürmern bedrohte Dachstühle. Sie legen alte, mit PVC- Belag beklebte Holzböden frei und arbeiten sie in mühevoller Handarbeit auf.
Und seit die Baubranche und die Politik über CO2-Verbrauch, Nachhaltigkeit und unnötige Flächenversiegelung nachdenken, seit die Miet- und Immobilienpreise in den Städten explodieren und die Kommunen auf dem Land mit Leerstand kämpfen, erhalten solche Umbauarbeiten neben der konservatorischen eine gesellschaftspolitische Bedeutung.
Wer ein altes Bauernhaus rettet, schützt kulturelle Werte. Bauherrinnen und Bauherren verpflichten sich, Altes zu bewahren und für die Nachkommen erlebbar zu machen. Das ist durchaus angesehener als früher – als man seine Fortschrittlichkeit durch zukunftsgerichtetes Neu-Bauen, die Verwendung neuer Materialien und technische Spielereien demonstrierte.
Liebe zum Erhaltenswerten sollte man beim Umbauen im Denkmal schon mitbringen. So wie die Planerinnen und Planer von Sutter³ in Freiburg. „Denkmale und Leerstände sanieren und wiederbeleben ist gelebter Umweltschutz“, sagt Daniel Steiger, Zimmermann und Bauingenieur, Projektleiter und einer der Geschäftsführer.
Das Büro hat sich darauf spezialisiert, alte Höfe und Scheunen wieder nutzbar zu machen. „Erhaltungsfähigkeit durch große Schädigung fragwürdig“ – das war das Ergebnis einer Sachverständigenuntersuchung für die Sanierung des denkmalgeschützten Meierhofes in Freiburg von 1745.
Das Gebäude hat etliche Umbauphasen durchlebt, es gehörte zur ehemaligen Klosteranlage Kartäuserkloster, die 1346 gegründet worden war. Der Abbruch des mächtigen alten Gebäudes wurde schon genehmigt.
Solche Urteile stacheln Sutter³ an. Daniel Steiger: „Wir haben uns das Gebäude angesehen und ein alternatives Sanierungskonzept erstellt.“ Das wirtschaftliche und bauliche Risiko haben die Geschäftsführer von Sutter³ dann direkt selbst übernommen und die Meierhof GbR zur Reaktivierung des Meierhofs gegründet. Seit der Sanierung sind hier Wohnungen untergebracht, anderem für Lehrkräfte im benachbarten United World College der Robert Bosch Stiftung GmbH.
Ebenfalls aufs Schönste „gerettet“ ist der denkmalgeschützte Altbirklehof im Schwarzwald, der Wohnungen und ein Internat beherbergt. Das Projekt ist Teil einer Ausstellung „Schön hier“des Deutschen Architekturmuseums (DAM) in Kooperation mit dem Freilichtmuseum Hessenpark, Neu-Anspach, die sich wie der Untertitel verrät mit „guter Architektur auf dem Land“ befasst.
Altes trifft auf Neues bei einem Projekt in Kirchzarten im Schwarzwald. Ein denkmalgeschütztes Gebäude mit Baujahr 1707 namens Bank’sches Haus wurde saniert und von einer Bauherrengemeinschaft durch einen feinen Neubau mit vier Wohnungen erweitert.
Daniel Steiger: „Wir arbeiten bei unseren Projekten nah am Bestand, schauen, welche Nutzung ist möglich, welche Raumaufteilung passt zur bestehenden Konstruktion. Ein Bauteil, das vielleicht nicht mehr zu hundert Prozent tragfähig ist, muss man nicht sofort abbrechen, man kann auch mit einer Hilfskonstruktion arbeiten. So konnten bereits Ziegelkappendecken und ein ganzer Schwarzwaldhof gerettet werden, der bereits einsturzgefährdet war.“
Mut ist vonnöten und Experimentierfreude. „Man kannte früher keine DIN-Normen wie heute. Alte Holzverbindungen und Bruchsteinwände sind nicht genormt. Ein unerfahrener Statiker sagt dann bei der Beurteilung des Gebäudes, mit diesen Bauteilen kann ich nicht rechnen, ich kann diese nicht als tragend anrechnen“, sagt Daniel Steiger.
Das kann dazu führen, dass das Gebäude in der ursprünglichen Konstruktion als nicht tragfähig eingestuft wird und massive Änderungen erfahren muss. „Die Gebäude haben hingegen teils über Jahrhunderte ihre Tragfähigkeit bewiesen. Mit dem richtigen Sanierungsansatz tun sie das auch noch viele Jahre weiter. Man muss die Ziele und Zwecke hinter solchen Normungen kennen und so weiterverfolgen, dass man sie mit anderen kreativen Möglichkeiten erreichen kann oder, wo notwendig, auch bewusst davon abweicht.“
Die Politik hat den Wert solcher Häuserrettungen erkannt. Das Ziel der Bundesregierung – der Bau von 400 000 Wohnungen jährlich – ist nur auf vielen Wegen erreichbar. Denn unendlich viel grüne Wiese, wo diese Wohnungen entstehen könnten, gibt es auch nicht. Bund und die Länder setzen verschiedene Anreize für Umbau und Sanierung im Denkmal, durch steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten etwa.
Und das Amt für Landesentwicklung und Wohnen in Baden-Württemberg fördert zum Beispiel das Umbauen im Denkmal, da ja dort spezielle, teurere Materialien gefordert sind sind – Holz- statt Kunststofffenster zum Beispiel. Zudem sind die Handwerksarbeiten aufwendig.
Die Hälfte der Mehrausgaben, die durch die Denkmalschutzauflagen entstehen, wird erstattet. Also wenn ein Material 1200 Euro kostet statt 500 Euro in günstiger, aber eben nicht denkmalgerechter Ausführung, gibt’s die Hälfte der Differenz/Mehrkosten von 700 Euro retour, also 350 Euro vom Staat.
Das Ministerium legt 2022 ein Sonderprogramm „Wohnen im Kulturdenkmal“ auf, dafür sollen zwei Millionen Euro bereitgestellt werden. Denn möglichst, so ein Sprecher im Ministerium, sollen denkmalgeschützte Gebäude wenn irgend möglich bewohnt werden. Wichtig ist, dass dort also gelebt wird und die Bewohner sich somit auch um das Gebäude kümmern - das sei der beste Denkmalschutz.
Künftig, so heißt es aus dem Ministerium, soll es zusätzlich Förderungen für gute Konzepte der Umnutzung geben. Wenn etwa aus einer ungenutzten Scheune, einem alten Hof, einem Schloss, neuer Wohnraum entsteht. „Die neue Förderlinie unterstützt gezielt Denkmal-Eigentümer, die bereit sind, für ihre Denkmal (oder für ganze Denkmal-Gattungen) Konzepte zur Wohnnutzung zu erarbeiten“, sagt Ministeriumssprecher Rainer Wehaus.
Was aber für die Sanierung alter Böden, Fenster und Türen zutrifft, gilt auch für die Durchdringung der Paragrafen und Fördermöglichkeiten – Expertenwissen und Geduld sind von Vorteil.
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