Die Betriebssysteme Apple iOS, Android und Windows Phone stehen in heftiger Konkurrenz. Wie schlagen sich die drei im Vergleich?

Stuttgart - Sie ersetzen Navigationsgeräte, Spielkonsolen und Schnappschusskameras, dienen als elektronischer Briefkasten und Kalender und lassen neuerdings sogar mit sich reden. Internetfähige Smartphones sind im Begriff, herkömmliche Mobiltelefone zu verdrängen. Auf dem Mobile World Congress in Barcelona, der am Montag beginnt, zeigen die Hersteller jedes Frühjahr, wie es weitergehen soll mit dem Trend. Seit Apple-Vordenker Steve Jobs vor fünf Jahren das erste iPhone präsentierte, haben sich die Smartphones rasant weiterentwickelt. 11,8 Millionen der mobilen Telefone mit Internetzugang wurden im vergangenen Jahr in Deutschland verkauft. 43 Prozent aller hierzulande verkauften Mobilgeräte sind Smartphones.

 

Die Euphorie der Branche lässt sich allenfalls durch die Frage dämpfen, was die Geräte eigentlich noch bieten sollen, um hartnäckige Smartphone-Verweigerer umzustimmen. In der jüngsten Hardwaregeneration bringen Doppelkernprozessoren die Rechenleistung, die selbst aufwendigen Spielen und hochauflösenden Videos Beine macht. Die Sprachsteuerung steckt zwar noch in den Kinderschuhen, doch es ist abzusehen, dass die Zeiten mühsam per Hand geschriebener Kurznachrichten und Mails bald vorbei sein werden.

Blackberry gerät ins Hintertreffen

Das perfekte Betriebssystem gibt es allerdings noch immer nicht. Eine einfache Handhabung, wie sie das iPhone erfolgreich gemacht hat, geht bis jetzt zwangsläufig mit mangelnder Flexibilität einher. So gibt es eben immer nur ein aktuelles iPhone-Modell. Das garantiert zwar ein perfektes Zusammenspiel zwischen Hardware und Software, lässt dem Nutzer aber kaum eine Wahl, wie er seine Benutzeroberfläche gestalten will. Und nicht jeder will sich vorschreiben lassen, wo er Musik und Filme einkauft. Dagegen muss die Vielseitigkeit, dank derer Android in Rekordzeit an Apple vorbeizog, mit mangelnder Übersichtlichkeit bezahlt werden, die manch einen Einsteiger überfordert und selbst ambitionierten Nutzern mitunter auf die Nerven geht. Mit seinen Windows Phones versucht Microsoft derzeit, das Beste aus beiden Welten zu vereinen, läuft aber Gefahr, sich zwischen alle Stühle zu setzen. Und dann ist da noch die Frage nach der Sicherheit. Hier haben Nutzer die Qual der Wahl, ob sie sich auf Gedeih und Verderb einem von zwei Megakonzernen ausliefern wollen oder ihre Daten einem weitgehend offenen System anvertrauen, das von niemandem wirklich kontrolliert wird.

Etwas ins Hintertreffen geraten ist der Smartphone-Pionier Blackberry. Zwar gibt es weltweit beachtliche 75 Millionen Blackberry-Nutzer, doch der automatische E-Mail-Empfang ist längst kein Alleinstellungsmerkmal mehr, und beim Aufspringen auf neue Trends wie etwa Apps zeigte sich der Blackberry-Konzern RIM eher träge. Mit dem neuen Betriebssystem BB10 will man Boden gutmachen. Leider erwies sich die Entwicklung als langwieriger als geplant, der Befreiungsschlag wird frühestens Ende dieses Jahres erfolgen. Auf einer Entwicklerkonferenz Anfang Februar in Amsterdam machte der neue Blackberry-Chef Thorsten Heins sich und seinen Mitarbeitern Mut. Weltweit, so Heins, besäßen 65 Prozent der Mobiltelefonierer noch ein herkömmliches Telefon.

Apple iOS: Vorreiter unter Druck

Apple iOS:

Die Erfolge des Konkurrenten Google mit Android setzen Apple unter Druck. Trotzdem ist iOS noch immer das mit Abstand zugänglichste Betriebssystem und bietet einen idealen Start in die Smartphone-Welt. Mittlerweile gibt es eine halbe Million Apps, die Qualitätskontrolle arbeitet zuverlässiger als bei Android. Auch bei medialen Inhalten hat iOS die Nase vorn: 18 Millionen Songs, 10000 Filme und 65000 TV-Episoden sprechen eine deutliche Sprache. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Benutzeroberfläche optisch beinahe schon altmodisch wirkt. Auch das schwerfällige und fehlerbehaftete iTunes erscheint nicht mehr zeitgemäß.

Das ist neu Der integrierte Nachrichtendienst iMessage, Videobearbeitung mit iMovie und eine perfekte Vernetzung der Apple-Geräte über den Internetdienst iCloud sind starke Argumente. Der virtuelle Assistent Siri, dem man per Spracheingabe Fragen stellen kann, ist hingegen noch kaum mehr als eine nette Spielerei.

Aktuelle Version iOS 5

Wichtigste Zielgruppe Apple-Jünger und alle, die es einfach und bequem haben möchten.

Vorteile intuitive Bedienung, bestes Angebot an Zusatzprogrammen (Apps), Software und Hardware aus einer Hand.

Nachteil geringe Flexibilität

Flaggschiff iPhone 4S

Marktanteil 2011 18,0 Prozent; 2012 (Vorhersage): 18,8 Prozent (Quelle: IHS iSuppli, Januar 2012)

Prognose Apple ist derzeit in der ungewohnten Defensive und muss sich bald grundlegend erneuern. Doch kaum jemand zweifelt daran, dass dem Konzern das spätestens mit dem iPhone 5 gelingen wird.

Android: Kreatives Chaos

Android:

Der grüne Roboter ist zum Sinnbild für das Tempo geworden, mit der sich die Mobilfunkwelt weiterentwickelt. Das Erfolgsrezept: Flexibilität, Gerätevielfalt und ein sich geradezu explosionsartig entwickelnder App-Markt mit vielen nützlichen Programmen, die nicht selten mit einer direkten Anbindung an die diversen Google-Dienste wie Google Maps oder Google Kalender glänzen. Doch in den Vorzügen liegen auch die Nachteile. Trotz des übersichtlichen Startbildschirms verlieren sich Nutzer schnell in der Masse an Apps, über die Statusleiste am oberen Bildrand heischt ständig irgendeine Funktion um die Aufmerksamkeit. Wer auf der Benutzeroberfläche nicht eigenhändig für Ordnung sorgt, verliert schnell den Überblick. Die Bemühungen der Gerätehersteller, ihre Interfaces übersichtlicher zu machen, tragen weiter zur Unübersichtlichkeit bei.

Das ist neu Die neueste Android-Version bietet mehr Flexibilität bei der Anpassung des Startbildschirms. Neu sind auch die fünf Bedienungsbuttons im unteren Bildschirmbereich. Mit Ausnahme des mittleren, der zum Hauptmenü führt, können sie vom Nutzer individuell mit Funktionen belegt werden. Die Möglichkeit, Ordner zu erstellen, um mehrere Apps mit verwandten Funktionen zu gruppieren, sorgt für mehr Übersichtlichkeit. Ein nettes Gimmick ist die Gesichtserkennung zum Entsperren des Gerätes.

Aktuelle Version Android 4.0 "Ice Cream Sandwich"

Wichtigste Zielgruppe Technik-Fans und Individualisten

Vorteile Informationen auf dem Startbildschirm, sehr viele Apps, riesige Geräteauswahl von über 100 Modellen

Nachteile zu viele Optionen, unterschiedliche Bedienkonzepte je nach Hersteller

Flaggschiff Samsung Galaxy Nexus

Marktanteil 2011 47,4 Prozent; 2012 (Vorhersage): 53,9 Prozent (Quelle: IHS iSuppli, Januar 2012)

Prognose Der grüne Roboter ist derzeit nicht aufzuhalten und wird auch weiter seinen Weg machen. Die Hersteller sollten sich aber nicht weiter verzetteln, sondern ihre Produkte nutzerfreundlicher und sicherer machen.

Windows Phone: Der Herausforderer

Windows Phone

Selbst die größten Skeptiker müssen zugeben, dass sie das Microsoft nicht zugetraut hatten. Der Hersteller des zuletzt vielgeschmähten Windows Mobile meldet sich mit einem schlanken, schnellen und intuitiv bedienbaren Betriebssystem zurück. Das moderne "Metro"-Design der Benutzeroberfläche lässt die beiden Konkurrenten im wahrsten Sinne des Wortes alt aussehen. Durch das Kachel-System ist alles in ständigem Fluss, die wichtigsten Informationen hat der Nutzer immer Blick. Größtes Manko ist die geringe Verbreitung, die potenzielle Käufer wie Entwickler abschreckt. Mit 40.000 Apps hinkt man der Konkurrenz weit hinterher. Microsoft und der Partner Nokia werden also noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten müssen.

Das ist neu Die Einbindung in die Windowswelt wurde weiter verbessert. Ob man unterwegs Office-Dokumente bearbeiten, E-Mails über Outlook abrufen oder mit anderen Besitzern der Xbox 360-Spielkonsole kommunizieren will - das alles funktioniert ziemlich reibungslos. Als Bonbon bekommen Nutzer 25 GB kostenlosen Online-Speicher über SkyDrive serviert.

Aktuelle Version "Mango"

Wichtigste Zielgruppe Nokia-Fans, Gamer und Menschen, die noch ein herkömmliches Handy besitzen.

Vorteile schnell, schlank, günstig Zusammenspiel von Geräten in der Windows-Welt, ansprechendes Design, Engagement von Microsoft, Auswahl von rund einem Dutzend Modellen.

Nachteile wenige Apps, geringe Flexibilität, Multitasking noch nicht ausgereift

Flaggschiff Nokia Lumia 900

Marktanteil 2011 1,9 Prozent; 2012 (Vorhersage): 9,0 Prozent (Quelle: IHS iSuppli, Januar 2012)

Prognose Microsoft als großer Innovator. Mit dem Erscheinen von Windows 8 und der Integration der Kintect-Bewegungssteuerung könnte der Konzern im Mobilgeschäft endgültig Fuß fassen.