Die Krise der Biogastochter des Energiekonzerns trifft die Stadtwerke am Hochrhein schwer. Sie vertrauten auf die Finanzstärke der EnBW – und sind nun schwer enttäuscht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Die Krise seiner Stadtwerke schien Bad Säckingen gerade überwunden zu haben. Noch vor wenigen Monaten stand die Existenz des Versorgers auf dem Spiel – teils wegen der Folgen des Ukrainekrieges, teils wegen hausgemachter Probleme. Mit einer Kapitalspritze von elf Millionen Euro sicherte die hoch verschuldete Kommune den Fortbestand, auch der Mitgesellschafter Energiedienst half mit knapp vier Millionen. Für 2022 hofft der neue Geschäftsführer Dirk Scheffner schon wieder auf schwarze Zahlen, noch im Mai verbreitete er Optimismus.

 

Nun sind die Stadtwerke unversehens wieder im Krisenmodus. Noch schwerer als andere Versorger droht sie die Schieflage der Biogasfirma bmp greengas zu treffen. Mit der mittelbaren Tochter des landeseigenen Energiekonzerns EnBW haben sie einen Langzeitvertrag über die Lieferung von Biomethan geschlossen: Bis Anfang 2033 war darin ein Festpreis für das Gas vereinbart, mit dem in einem Blockheizkraftwerke Wärme und Strom erzeugt wird. Damit habe man sich stabile Preise für die Kunden sichern wollen, sagt Scheffner.

Schwerer Rufschaden für grüne Fernwärme?

Die Krise der EnBW-Tochter, offiziell begründet mit dem Krieg und Verschiebungen am Markt, dürfte diese Hoffnung durchkreuzen. Im Zuge des laufenden Schutzschirmverfahrens sollen die Kunden deutlich weniger Biomethan zu deutlich höheren Preisen bekommen – von jeweils 50 Prozent ist in der Branche die Rede. Andernfalls würden sie womöglich gar nicht mehr beliefert. Müssten die Säckinger das Gas bei den derzeitigen Konditionen anderweitig beschaffen, hat der Geschäftsführer ausgerechnet, drohe in den nächsten Jahren ein Zusatzaufwand von 20 Millionen Euro. Gemäß einer Preisgleitklausel könnte man die Mehrkosten auf die Kunden abwälzen. Doch der Ruf der „grünen Fernwärme“, fürchtet Scheffner, nehme dann „katastrophalen Schaden“.

Den Ausschlag für bmp greengas gab in Säckingen, wie vielerorts, der finanzstarke Akteur im Hintergrund. Auch ein anderer Anbieter stand zur Wahl, doch mit der EnBW, der die Muttergesellschaft Erdgas Südwest gehört, entschied man sich für Sicherheit. Umso enttäuschter ist Scheffner über den Karlsruher Konzern, der sich bei der bmp-Krise nicht in der Pflicht sieht: Dessen „Verantwortungslosigkeit“ mache ihn sprachlos.

„Wenn es eng wird, sind wir weg“

Dabei wähnten sich die kommunalen Partner des Gaslieferanten gleich doppelt abgesichert durch die Vereinbarungen der EnBW mit Erdgas Südwest und bmp greengas: Ein Cash-Pool-Vertrag mit Tochter- und „Enkelfirma“ schien die Liquidität zu sichern. Noch zwei Wochen vor dem Antrag für das Schutzschirmverfahren war das erneut nachzulesen. Da wurde, reichlich spät, der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2021 veröffentlicht. Die Aussichten für weiteres Wachstum seien gut, hieß es darin. Dank der EnBW als Garantin befinde man sich in einer „komfortablen finanziellen Situation“. Im Folgejahr 2022, teilte der Konzern jetzt mit, sei der Cash-Pool-Vertrag beendet worden. Nun fragen sich nicht nur die Säckinger, ob man da schon Probleme erahnte. „Wenn es eng wird, sind wir weg“ – so sarkastisch wird die Botschaft im Rathaus interpretiert.

Dabei hätten die Kommunen vorgemacht, was Verantwortung in der Krise bedeute, sagt Scheffner: Viele mussten „gemeinsam mit ihren Stadtwerken finanziell große Einschnitte hinnehmen“. Ausgerechnet die vom Land und einem Landkreiseverbund getragene EnBW mache sich einen schlanken Fuß, trotz hoher Zusatzgewinne in Folge des Krieges – das sei „nicht mehr zu vermitteln“.

„Keine allgemeine Krise“

Beim großen Konkurrenten von bmp greengas, der Münchner Firma Landwärme, sieht man das ähnlich. Man könne alle Kunden beliefern und sehe auch keine grundsätzlichen Änderungen im Markt, sagte der Geschäftsführer in einem Interview. Von einer allgemeinen Vertrauenskrise könne keine Rede sein: es gehe um eine „Vertrauenskrise gegenüber dem EnBW-Konzern“.