Der Gemeinderat hat sich gegen die Variante der Stadtverwaltung entschieden, die Radler auf dem Weg von Osten nach Westen durch die Landhausstraße zu leiten. Das Gremium will ihnen entlang der Hauptverkehrsachse mehr Platz einräumen.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Das „Radnetz Baden-Württemberg“ lässt sich in Böblingen nicht so einfach weiterknüpfen. Die Landesregierung will unter diesem Namen möglichst rasch flächendeckend Verbindungen für Radler durch das ganze Land schaffen. Die Böblinger Stadträte haben sich aber gegen den finanziellen Zuschuss aus Stuttgart und für eine andere, langfristige Variante entschieden: Ihrem Willen nach sollen die Radler entlang der Friedrich-List-Straße über den Elbenplatz, auf der Herrenberger Straße und an der Wolfgang-Brumme-Allee eine eigene Fahrspur erhalten – in beide Richtungen. Aufgrund „der hohen Nutzungskonkurrenz“ auf diesen Straßen hält die Stadtverwaltung diesen Plan für nur schwer umsetzbar. Ihr Vorschlag hatte gelautet, die Radler zumindest auf der Strecke von Osten nach Westen über die Landhausstraße, Tal- und Schlotterbeckstraße fahren zu lassen.

 

Menschen steigen nur bei guten Angeboten um

„Dann drehen wir halt noch einmal eine Runde“, kommentierte der Oberbürgermeister Wolfgang Lützner die überraschende Entscheidung. 15 Stadträte hatten sich Frank Hinner angeschlossen: „Dem Radfahrer steht auch etwas zu“, erklärte der Freie Wähler. Nur bei entsprechenden Angeboten würden die Menschen auf das Fahrrad umsteigen, Radwege müssten deshalb ohne Umwege direkt durch Böblingen hindurchführen. „Ich will eine Fahrradstraße, aber nicht in einem Hinterhof“, sagte er. Dem Vorschlag der Verwaltung zufolge wäre die Landhausstraße, wo Tempo 30 vorgeschrieben ist, in eine Fahrradstraße und teilweise auch in eine Einbahnstraße umgewandelt worden. Der Belag der Straße müsse sowieso erneuert werden, was in Kombination mit dem Landeszuschuss für das Radnetz eine günstige Gelegenheit ergebe, machte Gunnar-Steffen Kimmel vom Amt für Stadtentwicklung und Städtebau hingegen Werbung für seinen Vorschlag.

Im Rathaus waren die Vorschläge eines Verkehrsplanungsbüros richtungsweisend, das im Auftrag der Landesregierung die Böblinger Verhältnisse recherchiert hatte. Um eine kurzfristige Verbesserung für Radfahrer zu erzielen, sollten sie auf zwei Wegen quer durch die Stadt geleitet werden, lautete das Ergebnis. Vor allem auf der nördlichen Seite der Wolfgang-Brumme-Allee und dem innerstädtischen Bereich der Herrenberger Straße bestehe „nur eine sehr langfristige Möglichkeit“, Platz für Radfahrer zu schaffen. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens benötigen sie an den Straßen eine eigene Spur. Eine durchgängige Lösung wäre nur mit „erheblichem Aufwand“ durch den Kauf von Flächen oder einer Verlagerung des motorisierten Verkehrs aus der Innenstadt heraus zu erreichen. „Einfache Lösungen drängen sich nicht auf“, sagte Gunnar-Steffen Kimmel.

Immerhin der Bismarckplatz wird fahrradgerecht

Rund 400 000 Euro hätte die Stadtverwaltung für die Förderung des Fahrradverkehrs ausgegeben, der Zuschuss des Landes hätte 154 000 Euro betragen. Aus dem Paket haben die Stadträte immerhin die fahrradgerechte Umgestaltung des Bismarckplatzes für rund 120 000 Euro zugestimmt. Frank Hinner fand die Investition in die Landhausstraße nicht lohnenswert. „Viel Geld für wenig Nutzen“, befürchtete auch Jochen Reisch von der SPD. Andere Räte störten sich an der Einbahnstraßenregelung. Die Geschäfte und Büros an der Landhausstraße könnten darunter leiden, erklärte Alfred Lebsanft von den Freien Wählern. Anstatt es zu zerreden, hätte Friedrich Ruoff (CDU) dagegen das Konzept von der Stadt umgesetzt. Und Wolfgang Hensel von der SPD wollte nicht auf den Landeszuschuss verzichten. wie auch Jochen Belz von den Grünen, der lieber früher als später Verbesserungen für Fahrradfahrer wollte.

Gunnar-Steffen Kimmel sah sich am Ende mit „der Quadratur des Kreises“ konfrontiert. Er rechnet damit, dass sich die Diskussion wiederholt, weil es am Elbenplatz und in der Wolfgang-Brumme-Allee noch mehr Bedürfnisse zu befriedigen gilt, die dem Radnetz im Weg stehen.