Der BVB spielt sich beim klaren 5:0-Sieg gegen den VfB Stuttgart in einen wahren Rausch – und möchte sein großes Potenzial künftig endlich dauerhaft abrufen.

Sport: David Scheu (dsc)

So richtig weiß man im Vorfeld ja nie, was von Borussia Dortmund nun genau zu erwarten ist. Auf der einen Seite gibt es in regelmäßigen Abständen den fahrlässigen BVB, der sein immenses Potenzial nicht vollständig auf den Platz bringt. Durch schludriges Abwehrverhalten, eine desaströse Chancenverwertung oder fehlende Schärfe im Zweikampf.

 

Alleine in den vergangenen Wochen kam es deshalb wiederholt vor, dass die Schwarz-Gelben von spielerisch eigentlich schwächer besetzten Teams niedergekämpft wurden. Vom 1. FC Köln zum Beispiel (2:3). Oder zuletzt bei Union Berlin (0:2).

VfB-Trainer Michael Wimmer kritisiert die Defensive seines Teams

Daneben gibt es aber auch den anderen BVB. Den spielfreudigen, der sich an guten Tagen in einen wahren Rausch hineinsteigern kann und dann kaum zu stoppen ist. Am Samstag war ein solcher Tag, an dem die Dortmunder im eigenen Stadion den überforderten VfB Stuttgart beim 5:0 nach allen Regeln der Kunst auseinandernahmen.

Keine Frage, auch die Stuttgarter hatten ihren Anteil am schwarz-gelben Fußballfest: Indem sie sich als höfliche Gäste präsentierten, oft nicht mit der letzten Vehemenz verteidigten – und so letztlich nicht allzu viel taten, um dem BVB den Spaß am Spiel zu verderben. „Defensiv war es nicht gut von uns“, sagte auch VfB-Coach Michael Wimmer.

Jude Bellingham – der Spieler des Spiels

Allerdings hatten sie in Dortmund im Nachhinein schon auch das Selbstvertrauen, die Gala der eigenen Stärke zuzuschreiben. Und eben nicht dem an diesem Tag schwachen Kontrahenten. „Wir wollten uns nicht auf die Hoffnung verlassen, dass der Gegner heute vielleicht ein bisschen weniger macht“, sagte ein sichtlich zufriedener BVB-Coach Edin Terzic nach Spielende auf der Pressekonferenz. Im Gegenteil: „Wir wollten mit der Überzeugung in dieses Spiel gehen, es als Sieger zu verlassen.“

Eventuelle Restzweifel daran waren eigentlich schon nach der Anfangsviertelstunde und der frühen 2:0-Führung beseitigt. Nach einer kurzzeitig ausgeglichenen Phase gegen Mitte der ersten Hälfte sorgte Giovanni Reyna kurz vor der Pause mit dem dritten Tor für klare Verhältnisse, sodass der Sieg nach der Pause nie in Gefahr geriet.

Einer hatte dabei ganz besonders viel Spaß: Der überragende Mann des Spiels und zweifache Torschütze Jude Bellingham ließ sich nach Abpfiff von der beglückten Südkurve minutenlang feiern. Natürlich schallte wieder der Beatles-Klassiker „Hey Jude“ durch die Arena. Und wenig überraschend gab es im Anschluss auch reihenweise Lob für den 19-Jährigen. Von Dortmunds Sportdirektor Sebastian Kehl: „Er ist unfassbar wertvoll für die Mannschaft.“ Auch von Coach Terzic: „Es ist außergewöhnlich, in dem Alter so konstant Fußball zu spielen.“

Aussprache unter der Woche beim BVB

Der guten Stimmung war eine ungemütliche Woche vorausgegangen. Man habe nach der Niederlage bei Union Berlin intern Klartext geredet, erklärte Offensivspieler Julian Brandt. „Wir haben über alles gesprochen, worüber gesprochen werden musste. Wir haben hoffentlich unsere Lehren gezogen.“

Die Spielfreude schlummere ja sowieso immer in der Mannschaft, sagte Brandt. Gegen den VfB aber kam sie auch deshalb besonders zum Tragen, da die Dortmunder das Ganze mit viel Aggressivität im Zweikampf und einer großen Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor paarten. Eine Kombination, der zumindest der VfB an diesem Nachmittag kaum etwas entgegenzusetzen hatte.

Die eigentliche Aufgabe aber, das wissen sie auch beim BVB genau, kommt erst noch. Nach wechselhaften Wochen will man endlich Konstanz ins Team bringen, die starken Auftritte verstetigen, das Können des hochveranlagten Kaders Woche für Woche ausreizen. „Wir wollen mit einem Sieg nicht zufrieden sein, sondern jetzt eine Serie starten“, sagte Terzic, „wir hoffen, dass wir daraus sehr viel positive Energie und Selbstvertrauen ziehen können.“

Das werden sie brauchen können für die anstehenden Aufgaben. Erst am Dienstag in der Champions League gegen Manchester City, dann am Samstag in der Bundesliga bei Eintracht Frankfurt. Ob die Gala gegen den VfB der Startpunkt einer Trendwende war, wird man wohl erst dann sagen können. Ein Anfang aber ist ohne Zweifel gemacht.