Wie geht es auf den Bottwarwiesen weiter? Das Großprojekt beschert Oberstenfeld (Kreis Ludwigsburg) rund 1300 neue Einwohner. Die Planungen laufen auf Hochtouren.

Ludwigsburg: Oliver von Schaewen (ole)

Werzalit ist längst Geschichte – die Blicke in der 8100-Einwohner-Gemeinde Oberstenfeld sind nach vorne gerichtet. Die Planungen für das alte Industriegelände laufen auf Hochtouren. Wenn es komplett besiedelt ist, wird die Kommune um rund 1300 Bürger gewachsen sein. Bürgermeister Markus Kleemann spricht von einem „Leuchtturmprojekt“. Aber die nächsten Schritte wollen wohl überlegt sein.

 

Wo steht das Projekt im Augenblick? Die Backnanger Volksbank-Tochter Levkas GmbH arbeitet als Investor eng mit der Gemeinde zusammen. Die Kommune beauftragte nach dem Aufstellungsbeschluss im Jahr 2018 vor etwa drei Jahren mehrere Architekturbüros mit städtebaulichen Entwürfen. Das Stuttgarter Büro ARP machte das Rennen – dessen Entwurf ist zwischenzeitlich überarbeitet worden. Im Gemeinderat sind die Ergebnisse am vergangenen Donnerstag öffentlich diskutiert worden. Die Verwaltung gab bekannt, wie sie bei der Besiedlung des 12,3 Hektar großen Areals mit seinen 119 Gebäuden und 924 Wohneinheiten sowie elf Gewerbeobjekten vorgehen will.

Wie wird das Areal besiedelt? Zuerst wird der Eingangsbereich an der Ecke Gronauer Straße und Ortsumfahrung bebaut. Fest steht, dass die Gemeinde möglichst in zwei bis vier Jahren eine Kindertagesstätte dort in der Nähe der Bottwar bauen will. Es soll neben dem Kinderhaus langfristig ein weiteres mit ebenfalls zwei Kindergarten- und zwei Krippengruppen entstehen. Für die anderen Bereiche sind private Investoren nötig. „Es gibt Interessenten, aber noch keine Verträge“, sagt Markus Kleemann. Für die Gemeinde sei wichtig, dass die Oberstenfelder Ortsmitte mit ihrem relativ gut frequentierten Einzelhandel und die neue Siedlung für alle Beteiligten verträglich zusammenwachsen.

Was könnte im ersten Bauabschnitt noch an Angeboten entstehen? Im ersten Bauabschnitt soll ein Altenheim mit betreutem Wohnen direkt neben den Kitas an der Bottwar entstehen. Vorne, an der Gronauer Straße, könnte ein Hotel platziert werden. Nach hinten, zwischen Hotel und dem Altenheim, soll ein nachhaltiges Parkhaus für Autos und Fahrräder mit Auflademöglichkeiten angeboten werden. Links davon bleibt eine Sheddachhalle von Werzalit stehen. In ihr wäre zum Beispiel Handel möglich – die Rede war auch von einem Supermarkt. Rechts von der Parkflächen könnten Dienstleister mit Coworking-Spaces, also temporär anmietbaren Arbeitsplätzen, im Erdgeschoss einziehen. Darüber sollen in Obergeschossen Wohnungen entstehen. Interessenten gibt es offenbar auch für die gewerblichen Flächen im zweiten Bauabschnitt, der entlang der Lichtenberger Straße vorgesehen ist. „Es kann auch durchaus sein, dass dort schon während des ersten Bauabschnitts etwas entsteht“, sagt Kleemann. Das Tempo der Entwicklung werde im Gemeinderat noch zu besprechen sein. Dass man möglichst schnell Bewohner in weiteren Bauabschnitten brauche, damit die neuen Angebote im Areal nicht den Einzelhandel im Ortskern schwächen, gab der SPD-Rat Erich Scheer in der Sitzung zu bedenken.

Was spielt bei der Erschließung städtebaulich eine Rolle? Die Gemeinde will das Miteinander von Gastronomie, Hotel, Handel und Parken gestalten und vor allem die Parksituation optimieren. Noch ist unklar, ob ein Café beim Hotel an der Gronauer Straße oder eher an der Bottwar angesiedelt wird. Fest steht, dass die Aufenthaltsqualität in dem gesamten Gebiet steigen soll. „Wir entsiegeln größere Flächen“, sagt Kleemann. Die Natur werde in der bisherigen „Asphalt- und Betonwüste“ ebenso mehr Raum bekommen, wie auch der Bereich um die Bottwar. Dort werden Grünflächen angelegt: mit Wasserspielplätzen, Turn- und Fitnessgeräten für alle Generationen. Man wolle die Grünachsen erhalten, viele Bäume pflanzen und die denkmalgeschützte Mauer der Kratzmühle bewahren.

Wie wird das Miteinander gefördert? Jung und Alt sollen im ersten Bauabschnitt durch die Nachbarschaft von Altenpflegeheim und Kinderhaus gut miteinander zusammenleben. Möglich wären Begegnungen zwischen den Bewohnern des Altenheims und den Kindern. Aber auch die Bewohner von Seniorenappartements könnten laut Markus Kleemann mit Blick auf spielende Kinder einen guten Lebensabend verbringen. Die Fußgänger an der Bottwar sollten auch dadurch geschützt werden, dass der Fußweg auf der einen Seite der Bottwar angelegt wird und der Radweg auf der anderen. „E-Bike-Fahrer sind heutzutage schneller unterwegs als Radfahrer früher.“

Wie wird der Verkehr geregelt?

Die Planer haben die Details zur Verkehrsführung in und um die Bottwarwiesen noch nicht ausgearbeitet. Das soll mit weiteren Gutachten erst noch geschehen, erklärte der Bürgermeister. In der Sitzung wies der Freie-Wähler-Fraktionschef Michael Meder darauf hin, dass ein Kreisverkehr auf Höhe des Feuerwehrgebäudes den Verkehrsfluss auf der Ortsumfahrung verbessern könnte. „Oberstenfeld hat nie Glück gehabt mit seinen Ampelschaltungen.“ Andere Gemeinden rüsteten um, auch an Hauptdurchfahrtsstraßen: „Man steht nicht sinnlos an der roten Ampel.“ Beim Mobilitätskonzept sei man noch am Anfang, hieß es vonseiten der Verwaltung. Car Sharing, Lastenräder, Bike Sharing – diese Möglichkeiten würden untersucht. Beim Parkraummanagement erwäge man Konzepte, bei denen ein Autoparkplatz von mehreren verschiedenen Parteien geteilt und demnach zu unterschiedlichen Zeiten genutzt werden könnte.

Wie wird die Energieversorgung in dem Quartier gewährleistet?

Auch diese Frage ist noch nicht entschieden. „Wir streben eine möglichst hohe Energieautarkie an“, erklärt Markus Kleemann. Ein Konzept hat die EnBW vorgelegt. Erdwärme sei wegen einer Gipskeuperschicht nur bis zu einer Tiefe von 24 Meter nutzbar, berichtete die EnBW-Ingenieurin Nina Frei in der Sitzung. Sie stellte unter anderem die Methode des Eisspeichers vor. Strom werde auf PV-Anlagen erzeugt und könne zwischen den Gebäuden transferiert werden. Er decke unmittelbar den Bedarf und brauche nicht ins Netz eingespeist werden. Die EnBW gewähre Preisvorteile. Es sei wichtig, dass möglichst viele Eigentümer sich beteiligten.