Grün mit schwarzen Punkten: Taucht eine solche Raupe in der Buchsbaumkugel auf, bekommen Gartenbesitzer Panik. Viele Gärtner pflanzen Buchs gar nicht mehr. Stirbt die uralte Kulturpflanze wegen des Zünslers aus?

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Stirbt der Buchsbaum bei uns langsam, aber sicher aus? „Ich kann mich nicht erinnern, wann wir zuletzt in einem Kundengarten einen Buchs gepflanzt hätten“, sagt jedenfalls Markus Ploppa, der Geschäftsführer des Garten- und Landschaftsbauunternehmens Kriesten in Leonberg. Das liegt nicht an der hübschen, immergrünen Pflanze selbst, sondern an ihrem schlimmsten Feind: Dem Buchsbaumzünsler.

 

Die grün-schwarzen Raupen dieses unscheinbaren weißen Falters fressen den Buxus sempervirens, wie der Buchs im Lateinischen heißt, kahl. Und das in Höchstgeschwindigkeit. Wer seinen Buchs retten will, muss bekämpfen, bekämpfen, bekämpfen – und das von März bis November. Vielen Gartenbesitzern wird das irgendwann zu dumm. Die Frage ist längst: Ist der Buchsbaum überhaupt noch zu retten?

Mit günstigen Buchspflänzchen aus Asien wurde der Buchsbaumzünsler vermutlich in den Nullerjahren bei uns eingeschleppt. Fressfeinde hat er hier kaum und breitet sich deshalb munter aus. „Vor ein paar Jahren hieß es mal, Meisen würden die Raupen fressen, aber die Hoffnung hat sich nach meiner Erfahrung nicht wirklich bewahrheitet“, sagt Markus Ploppa.


Jede Menge Tipps in Internetforen

Gisela Rose-Sell von der Deutschen Buchsbaumgesellschaft im niedersächsischen Verden hat indes zwar in ihrem Garten beobachtet, dass Meisen und Spatzen durchaus an ihren Buchsbäumen picken, sogar Wespen machen sich über den Zünsler her. „Die Tiere machen aber leider nicht die komplette Arbeit.“ Gartenbesitzer müssen also selber ran. In einschlägigen Foren im Internet gibt es jede Menge Tipps, wie man dem Buchsbaumzünsler umweltschonend zu Leibe rücken kann.

Jeder Hobbygärtner scheint seine ganz eigene Methode zu haben: Manche sammeln die Raupen mühevoll per Hand ein und machen ihnen den Garaus. Andere rücken mit dem Hochdruckreiniger an und spritzen die Buchsbäume mit einem kräftigen Wasserstrahl ab – die Raupen sollen dabei verenden. Auch der Vorschlag, die Buchse in schwarze Plastikmüllsäcke zu packen und den Zünsler in der knallenden Mittagssonne backen zu lassen, kursiert. „Je nachdem, wie heiß das wird, läuft man aber Gefahr, den Buchsbaum gleich mit zu killen“, warnt Gisela Rose-Sell. Sie empfiehlt, die Buchsbäume lieber mit Urgesteinsmehl zu bestäuben: „Das schädigt die Kauwerkzeuge des Zünslers.“ Der unansehnliche graue Schleier auf den Blättern sei schnell wieder verflogen.

Ratzfatz weggefressen: Der Buchsbaumzünsler hat großen Appetit. Foto: dpa/Eva Wiedemann

Wenn Kundinnen und Kunden die Firma Kriesten zur Hilfe rufen, behandeln die Gärtner die Buchsbäume mit einem biologischen Spritzmittel. Es enthält den Bacillus thuringiensis, ein Bakterium, das den Raupen zum Verhängnis wird, aber bienenverträglich ist. Das Mittel ist in Garten- und Baumärkten erhältlich, auch Rose-Sell benutzt es. „Wichtig ist, dass man die Spritzdüse auch ins Innere der Pflanzen hält“, sagt die Expertin, „denn dort sitzen die meisten Raupen.“ Bacillus thuringiensis kommt auch in den Hohenheimer Gärten in Stuttgart zum Einsatz. Helmut Dalitz, der wissenschaftliche Leiter dort, sagt, das A und O sei, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. „Prophylaktisch spritzen bringt gar nichts.“

Markus Ploppa hat noch einen Tipp: „Wir sind dazu übergegangen, den Buchsbaum sehr spät zu schneiden oder sogar überhaupt nicht“, sagt er. „Die Raupen lieben das junge Grün, je härter die Blätter sind, desto schwerer tun sie sich.“

Pheromonfallen als Frühwarnsystem

Weil man die winzigen Eier des Zünslers an der Unterseite der Blätter nur schlecht sieht, empfiehlt Rose-Sell Pheromonfallen aufzustellen. Diese locken mit weiblichen Duftstoffen die männlichen Falter an. Das hilft zwar nur sehr bedingt gegen die Raupen, aber: Sind Falter in den Fallen, weiß der Gartenbesitzer, dass er sieben bis zehn Tage später aktiv werden muss. „Der Kampf gegen den Zünsler ist eine kollektive Angelegenheit“, sagt die Buchsbaumexpertin. „Alle Nachbarn müssen ihre Buchsbäume behandeln. Sobald ein Garten nicht mitmacht, breitet sich der Zünsler von dort wieder aus. Wer auf die ganze Arbeit keine Lust hat, sollte sich deshalb besser von seinen Buchsbäumen trennen.“

Vom Buchsbaumzünsler befallene Pflanzen bieten einen traurigen Anblick. Foto: StZN/Schäfer

Minustemperaturen machen den Raupen nicht viel aus, weiß Dalitz. „Sie überleben bis zu minus 12 Grad.“ Weil unsere Winter immer wärmer werden, sei der Zünsler auch nicht mehr auszurotten. „Wir müssen mit ihm leben.“ 28 verschiedene Buchssorten gibt es in Hohenheim. Kürzlich musste im Arzneipflanzengarten eine ganze Beeteinfassung ersetzt werden – mit Hainbuche. „Der Buchs war zu geschwächt.“ Mit Buchsneupflanzungen ist man ihn Hohenheim inzwischen „sehr, sehr zurückhaltend.“


In diesem Jahr fing die Buchsbaumzünsler-Saison wegen des milden Winters besonders früh an, sagt der Gartenbauer Ploppa. „Schon in der ersten Märzwoche haben uns Kunden angerufen und berichtet, dass sie bereits Raupen entdeckt haben. Wenn es blöd läuft, hat man dann bis zum Spätherbst vier bis fünf Populationen im Garten, die man bekämpfen muss.“ Die meisten seiner Kunden gäben irgendwann entnervt auf, sagt Ploppa. 70 Prozent, schätzt er, haben sich von ihren Buchsbäumen verabschiedet. Schweren Herzens, denn „das sind teils 20, 30 Jahre alte Pflanzen, die man da rausreißt, das ist dann wirklich traurig.“ Verkauft wird Buchs kaum noch: „Wir haben wunderschöne große Buchskugeln in unserem Gartencenter stehen, die sind praktisch unverkäuflich.“

Noch dazu ist der Zünsler nicht das einzige Problem, das der Buchs hat. Ein Pilz führt zum so genannten „Buchsbaumkrebs“, auch die Larven der Miniermotten rücken Buchsbäumen zu Leibe. „Den armen Buchsen geht es wirklich schlecht.“

Was kann man statt Buchs pflanzen?

Aber welche Alternativen zum Buchs gibt es überhaupt? Niedriger Bergilex sieht dem Buchsbaum am ähnlichsten, sagt Ploppa. Rhododendron micranthum „Bloombux“ sei ebenfalls sehr schnittverträglich und blühe hübsch in Rosa, „verträgt aber keine volle Sonne.“ Spindelsträucher hingehen ließen sich nicht so schön formen wie die Buchse.

Für Gisela Rose-Sell von der Deutschen Buchsbaumgesellschaft gibt es natürlich keine Alternative zum Buchs. Sie sieht die Lage auch nicht ganz so trüb wie der Gartenbauer. Die Buchsbaumgesellschaft hat in Iden in der Altmark (Sachsen-Anhalt) ein Buxarium mit 230 verschiedenen Buchsbaumsorten. Hier konnten die Buchsbaumenthusiasten beobachten, dass vor allem asiatische Arten nicht so anfällig für den Zünsler sind. Seit 2018 gebe es eine Neuzüchtung aus Belgien, die Zünsler-resistent sein soll, berichtet Rose-Sell. „Die wurde aber zuerst an die großen Barockgärten in Europa geliefert. Es dürfte noch dauern, bis sie auf dem breiten Markt verfügbar ist.“ Bis dahin müssten Hobbygärtner eben noch zerquetschen, spritzen, kärchern. „Die Totenglocke für den Buchsbaum läute ich jetzt noch nicht.“