Wenn Olaf Scholz als Kanzler einmal wiedergewählt werden will, muss seine Regierung die Menschen über den Winter bringen. In dieser Woche stehen wichtige Entscheidungen zum Bürgergeld und zur Energiepreisbremse an. Einige Fragen sind noch offen.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) dringt auf eine Einigung beim Bürgergeld und wirft der Union zugleich soziale Kälte vor. „Mit gutem Willen lässt sich ein guter Kompromiss in Sachen Bürgergeld erzielen, für politische Scheindebatten ist das Thema ungeeignet“, sagte Weil dieser Zeitung. „Bei der Kritik der Opposition schwingen teilweise eine erschreckende Ignoranz und soziale Kälte mit“, fügte er hinzu. „Muss Betroffenen im Fall der Arbeitslosigkeit wirklich ein großer Teil ihrer Ersparnisse angerechnet werden, für die sie in vielen Fällen viele Jahre immer wieder sehr kleine Beträge beiseitegelegt haben?“, sagte Weil zur Kritik der Union am geplanten Schonvermögen beim Bürgergeld. Er verwies zudem auf den Kern der Reform, künftig vor allem auf Aus- und Weiterbildung zu setzen.

 

Es ist eine Woche, die sich im Nachhinein einmal als eine entscheidende für die Ampelkoalition herausstellen könnte. Denn erstens kommt der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat zum Bürgergeld zusammen. Zweitens könnte das Kabinett die Energiepreisbremsen auf den Weg bringen.

Bringt die Regierung die Menschen in Zeiten der Energiekrise gut über den Winter? Das könnte entscheidend sein für die Frage, ob Kanzler Olaf Scholz und die Ampel wiedergewählt werden. Deshalb braucht die Regierung nun Erfolge bei den Energiepreisbremsen und bei ihrer Sozialstaatsreform.

Warum ist der Einigungsdruck beim Bürgergeld so groß?

Von Hartz IV zum Bürgergeld: Mit dieser Änderung soll zum 1. Januar auch eine Erhöhung des Regelsatzes in der Grundsicherung einhergehen – und zwar von 449 auf 502 Euro. Das ist angesichts der Inflation auch dringend nötig.

Die Union will weniger Schonvermögen für Bürgergeld-Empfänger als bisher geplant. Sie lehnt auch die sechsmonatige Vertrauenszeit zu Beginn des Bezugs ab, in der es nur wenig Sanktionen geben soll. Für SPD und Grüne wären hier Kompromisse schmerzhaft. Sie sind aber der einzige Weg, um die Gesamtreform zu retten.

Den ersten Teil, nämlich die Soforthilfe für Gas- und Fernwärmekunden, hat das Parlament bereits beschlossen. Der Staat übernimmt im Dezember die Abschlagzahlungen. Der zweite Teil, also die eigentlichen Preisbremsen für Strom und Gas, ist komplizierter. Eigentlich wollte das Bundeskabinett Mitte November die Gesetzesvorschläge auf den Weg bringen. Doch es gab und gibt noch Beratungsbedarf, auch mit der Kommission der Europäischen Union in Brüssel. Am Montag hieß es in Berlin, dass die deutsche Regierung die Pläne voraussichtlich im Laufe dieser Woche im schriftlichen Umlaufverfahren billigen werde – eine reguläre Kabinettssitzung gibt es wegen der Haushaltswoche diesmal nicht.

Was ist bislang geplant?

Die Strompreisbremse soll für alle Kundengruppen zum 1. Januar 2023 greifen. Privathaushalte und kleine Betriebe sollen den bisherigen Planungen zufolge 80 Prozent ihres prognostizierten Jahresverbrauchs für 40 Cent je Kilowattstunde erhalten, Industriekunden 70 Prozent des bisherigen Verbrauchs für 13 Cent je Kilowattstunde. Für den Verbrauch, der darüber hinaus geht, wären die Marktpreise zu zahlen. Beim Gas soll die Preisbremse für Industriekunden ebenfalls am 1. Januar in Kraft treten und für Privathaushalte sowie kleinere Gewerbebetriebe spätestens am 1. März. Bei Privathaushalten könnte der Gaspreis für 80 Prozent des prognostizierten Jahresverbrauchs auf 12 Cent je Kilowattstunde gedeckelt werden.

Beide von der Berliner Ampelkoalition geplanten Preisbremsen werfen zahlreiche rechtliche, technische und auch politische Fragen auf, die vorab genau geklärt werden müssen. Das betrifft etwa die Abschöpfung von Extragewinnen der Stromproduzenten. Strittig ist zudem, ob Firmen, die von subventionierten Energiepreisen profitieren, Gas weiterverkaufen dürfen – oder auch , ob sie eigentlich ohne Einschränkungen Dividenden an Aktionäre oder Boni an Manager zahlen dürfen.