Sechs Initiativen haben im Porsche-Museum von der Bürgerstiftung den Bürgerpreis erhalten. OB Kuhn ist glücklich darüber, dass sich in Stuttgart jeder vierte Erwachsene ehrenamtlich engagiert.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Ehrenamt und Jugend sind kein Widerspruch. Mit dem lokalen Onlinesender Stuggi.TV und der Online-Beratung Nethelp4u von jungen Menschen für suizidgefährdete Jugendliche sind gleich zwei Initiativen unter den Gewinnern des diesjährigen Bürgerpreises der Bürgerstiftung Stuttgart, die sich an die Generation der unter 25-Jährigen wenden.

 

Insgesamt 30 000 Euro Preisgeld haben die Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung, Helga Breuninger, und ihr Team für vorbildliche Initiativen eingeworben. Am Dienstagabend wurden sie unter der Moderation von Wieland Backes im Porsche-Museum an sechs Gruppierungen überreicht. Um die Auszeichnung in den Kategorien Innovation, Kultur und Nachhaltigkeit hatten sich 75 Gruppen beworben. Das Jurymitglied Holger Gayer, Lokalchef der Stuttgarter Zeitung, betonte: „Jede dieser Gruppen hätte den Preis verdient.“

Kuhn lobt die Stuttgarter

Oberbürgermeister Fritz Kuhn lobte in seinem Grußwort das Engagement der Stuttgarter: In der Landeshauptstadt sei jeder vierte Erwachsene ehrenamtlich tätig. Dies mache sich derzeit besonders bei der Betreuung der Flüchtlinge positiv bemerkbar, sagte der Rathauschef. Die Kunst bestehe darin, „die Leidenschaft der Ehrenamtlichen und die Qualifikation der Profis zu kombinieren“, sagte Kuhn. Besonders wichtig sei es jedoch, dass alle Beteiligten einen persönlichen Nutzen hätten.

An die Flüchtlingsthema knüpfte das Theater Lokstoff mit einem Ausschnitt aus seinem Stück „Revolutionskinder“ an. Seit drei Jahren läuft das Projekt in wechselnder Besetzung mit jeweils 45 Jugendlichen aus Flüchtlingsunterkünften, aus Familien mit Migrationshintergrund sowie mit behinderten Jugendlichen. Das Stück, das deren teils traumatischen Erfahrungen und ihre Wünsche thematisiert, haben sie zusammen mit den Theaterprofis von Lokstoff entwickelt. Gespielt wird in der Stadtbibliothek. „Die Jugendlichen kommen über Mund-zu-Mund-Propaganda zu uns. Wir haben mit zehn begonnen, heute kommen bis zu 60 Interessierte“, berichtet Lokstoff-Mitbegründer, Regisseur, Dramaturg und Schauspieler Wilhelm Schneck.

Atemberaubende Diabolo-Jonglage

Auch der Verein Zirkus „Calibastra“ präsentierte sein Können mit einer Pyramiden-Akrobatiknummer, die fünf Mädchen im wahrsten Sinne des Wortes auf die Beine gestellt hatten, und einer atemberaubenden Jonglage mit dem Diabolo. Bei den rund 400 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Kultur sorgten die Nachwuchsartisten für Staunen. 150 Jugendliche trainieren in dem Verein Körperbeherrschung und Teamgeist unter der Leitung von Timo Schilling. Für den Studenten ist seine Tätigkeit reines Hobby. Der Zirkus ging aus der Vaihinger Michael-Bauer-Schule hervor und besteht bereits seit 30 Jahren.

Die Aktivitäten der vier anderen Gruppierungen stellte Stephan Ferdinand von der Hochschule der Medien zusammen mit Studierenden in kurzen Videoporträts vor. So verriet eine ältere Nutzerin des Botnanger Ortsbusses (Bob), dass sie täglich damit fahre, denn dank der 18 ehrenamtlichen Fahrer habe sie die Möglichkeit – trotz der Berg- und Taltopografie des Stadtteils – ihre Besorgungen zu erledigen und in ihrer Wohnung auf der Höhe wohnen zu bleiben. Der Bob befördert im Stadtbezirk vor allem Senioren seit vier Jahren für einen geringen Unkostenbeitrag von deren Wohnung quer durch Botnang.

Viele ältere Menschen sind einsam

Die insgesamt 330 Grünen Damen und Herren kümmern sich mit ihrem Besuchs- und ihrem Lotsendienst in 15 Krankenhäusern und Pflegeheimen um alte Menschen, die oft allein sind. Sie machen Besorgungen, lesen vor oder hören einfach nur zu. „Ich bin verblüfft, wie viele einsame Menschen es in der Stadt gibt“, fasste Christina Scheib, die für den Verein den Preis entgegen nahm, ihre Erfahrungen zusammen. „Wir lernen selbst auch etwas von den Jugendlichen“ , so beschrieb Vanessa Münch von der Beratungsplattform Nethelp4u ihren persönlichen Gewinn, den sie aus der Tätigkeit bei der Plattform zieht. 16 junge Menschen versuchen, Jugendlichen zu helfen, die hier anonym über ihre existenziellen Probleme und Ängste sprechen.

Und der Online-Sender Stuggi.TV, der sich speziell an Jugendliche wendet, verbucht mit seinem Schwerpunkt auf lokale Themen einen Erfolg für sich: „Fritz Kuhn gab uns nach seiner Wahl zum OB das erste Interview“, freute sich Gründungsmitglied David Rau. „Stuggi.TV hat sich etabliert.“