Der FDP-Kandidat Oliver Martin setzt beim Thema Klimaschutz auf regenerative Energie. Er warnt aber davor, alte Kraftwerke abzuschalten, bevor für Ersatz gesorgt worden ist.

Ludwigsburg - An Selbstbewusstsein mangelt es Oliver Martin nicht. „Die FDP muss mal an ihrem Selbstverständnis arbeiten“, sagt der 54-jährige Ludwigsburger, der noch nicht einmal zwei Jahre den Liberalen angehört. Warum eigentlich, fragt der Maschinenbauingenieur, soll es ihm nicht gelingen, im Wahlkreis Ludwigsburg das Direktmandat zu erringen? Es ärgert ihn, dass mitunter selbst in der eigenen Partei von vornherein ausgeschlossen wird, dass ein FDP-Kandidat auf direktem Wege in den Bundestag einzieht. Dieses Denken rühre aus früheren Zeiten, als CDU und SPD 30, 40 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnten. Mittelfristig, sagt der Liberale, werde es in Deutschland vier Parteien geben, die Stimmenanteile von 15 bis 25 für sich verbuchen können. Die FDP zählt er zu diesem Quartett.

 

Oliver Martin nimmt sich für diesen Wahlkampf Zeit. Und er findet auch Gefallen daran, sich mit Menschen zu treffen und mit ihnen über Politik zu diskutieren. „Ich liebe diese Infostände.“ Und natürlich kommt dort das Gespräch auch immer wieder aufs Wahlkampfthema Nr. 1 zu sprechen, die Klimaschutzpolitik. Martin hat da eine ganz klare Position. Bevor darüber diskutiert werde, wann die Kohlekraftwerke abgestellt würden, gelte es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Energie aus regenerativen Quellen fließe. Förderung, wo immer es möglich sei, die Leitungskapazitäten schaffen, um den Strom auch transportieren zu können, den Bau von Anlagen vereinfachen und bürokratische Hemmnisse beseitigen – so will Martin den Anteil regenerativer Energie deutlich vergrößern, um dann die Kohlekraftwerke peu à peu abzuschalten – nämlich immer dann, wenn ausreichend neue Kapazitäten geschaffen worden sind. „Wir müssen weg vom Reden, hin zum Handeln“, sagt Martin beim Gespräch an der grünen Bettlade in Ludwigsburg, einem Ort, den er wegen des Weitblicks besonders liebt.

Dass zu viel geschwätzt und zu wenig getan wird, das stört den Liberalen auch beim Ausbau der Bahnstrecken, zum Beispiel zwischen Ludwigsburg und Markgröningen oder in Richtung Vaihingen und Sersheim. „Das geht mir alles viel zu langsam“, schimpft der 54-Jährige. Als Unternehmer sei er ein anderes Tempo und zielgerichtetere Gespräche gewöhnt – und das wünsche er sich manchmal auch für die Politik. Wie steht der Ludwigsburger zum Nordostring, der Verbindung von der A 8 zur A 81 im Norden von Stuttgart? In der von Unternehmer Rüdiger Stihl vorgelegten, unter der Erde verlaufenden Variante könne er sich den Nordostring gut vorstellen, antwortet Martin.

Nicht bei allen Themen sieht sich der Kandidat auf einer Linie mit seiner Partei. Mit der von der FDP favorisierten aktienfreundlichen Rente kann sich der Ludwigsburger zum Beispiel nicht anfreunden. „Es gibt doch gar nicht so viele Anlagemöglichkeiten, wie man so bräuchte“, sagt Martin. Zu groß sei zudem die Gefahr, dass sich bestimmte Märkte aufheizen würden.

Oliver Martin plädiert auch dafür, im Deutschen Bundestag mehr Abstimmungen vom Fraktionszwang zu befreien. „Vielleicht ist das ja ein bisschen naiv“, sagt er. Aber seine Unbefangenheit dem Politikbetrieb gegenüber will er sich so schnell nicht nehmen lassen.

Der 54-Jährige geht davon aus, dass fürs Direktmandat im Wahlkreis Ludwigsburg in diesem Jahr 30 Prozent der Wählerstimmen reichen werden. Und er ist so frei zu glauben, dass die doch auch an den FDP-Kandidaten gehen können. Für die nächste Bundestagswahl will er in seiner Partei anregen, doch auch einmal einen eigenen Kanzlerkandidaten aufzustellen.

In Ludwigsburg verwurzelt

Oliver Martin
 ist 54 Jahre alt und in Ludwigsburg geboren. Verlassen hat er die Stadt nur für den Wehrdienst. In Stuttgart hat der Vater einer erwachsenen Tochter Maschinenbau studiert. Sein Berufsleben begann 1996 in einem kleinen Ingenieurbüro, das er im Jahr 2000 selbst übernahm, weil sich der Inhaber den Mühen der Digitalisierung nicht mehr stellen wollte. Martin baute die Firma aus und beschäftigte zuletzt 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie zwei Auszubildende. Vor zwei Jahren verkaufte er den Bereich „Konstruktion“, um sich Freiräume zu schaffen. Sieben Beschäftigte zählte seine Firma nunmehr.

In die FDP
 trat Oliver Martin erst vor zwei Jahren ein. Obgleich politisch stark interessiert hätte ihm die Zeit zuvor nicht für ein Engagement in einer Partei gereicht. Nun sei er mit ganzem Herzen dabei, erzählt der Ludwigsburger, der gleich zum Kandidaten für die Bundestagswahl nominiert wurde.