Das Bußgeld schwächt Audi im Wettbewerb mit den Rivalen BMW und Mercedes-Benz, meint Harry Pretzlaff.

Stuttgart - Audi will in die Zukunft aufbrechen, wird aber wieder einmal von der Vergangenheit eingeholt. Der Autobauer hat gerade die Premiere seines ersten Elektroautos Audi e-tron gefeiert und bekommt nun wegen der unzulässigen Manipulation der Abgasreinigung von Dieselmotoren von der Münchner Staatsanwaltschaft ein Bußgeld von 800 Millionen Euro aufgebrummt. Dies wirft Audi zwar nicht gleich aus der Bahn, es schwächt den Premiumhersteller jedoch zusätzlich im Wettbewerb mit den großen Rivalen BMW und Mercedes-Benz – weil der Wandel der Autobranche verlangt, dass gerade jetzt viel Geld in die Entwicklung alternativer Antriebe, die digitale Vernetzung oder die Weiterentwicklung des automatisierten Fahrens investiert werden muss.

 

Die ungeklärte Führungsfrage ist ein Handicap

Bei Audi kommt hinzu, dass die VW-Tochter bei der Genehmigung von Modellen nach dem neuen Prüfverfahren WLTP hinterherhinkt, das seit dem 1. September Vorschrift für die Zulassung von Neuwagen ist. Der Autobauer hat deshalb gerade auf dem Heimatmarkt vor diesem Stichtag viele Wagen, die nur nach dem alten Prüfverfahren NEFZ zertifiziert waren, mit hohen Rabatten in den Markt gedrückt oder als Eigenzulassungen zunächst einmal geparkt, um sie später als junge Gebrauchte mit Rabatten loszuschlagen.

Ein Handicap im Wettbewerb mit den Erzrivalen ist auch, dass ungeklärt ist, wie es an der Spitze des Unternehmens weitergehen wird. Der frühere Vorstandsvorsitzende Rupert Stadler sitzt in Untersuchungshaft, der derzeitige Chef Bram Schot ist nur eine Übergangslösung, und der Wunschkandidat Markus Duesmann kann nicht in Ingolstadt antreten, weil sein bisheriger Arbeitgeber BMW einen raschen Wechsel blockiert.

Die Ermittlungen gegen ehemalige Mitarbeiter laufen weiter

Mit dem Bußgeld ist das Verfahren gegen das Unternehmen zwar abgeschlossen, die strafrechtlichen Ermittlungen gegen ehemalige Mitarbeiter und Manager, darunter als ranghöchster auch Ex-Chef Stadler, laufen jedoch weiter. Damit kann es zu Prozessen kommen, in denen geklärt werden soll, wer kriminell gehandelt oder zumindest beim Betrug weggesehen hat. Diese Frage lässt der Bußgeldbescheid offen. Audi muss sich darauf einstellen, dass der Dieselskandal noch viele negative Schlagzeilen liefern wird.