Seit 1983 gibt es das außergewöhnliche Wohnheim. Es ist ein Kleinod auf dem Uni-Campus in Stuttgart-Vaihingen, auf dem immer mehr hochmoderne Gebäude entstehen. Welche Zukunft hat das Bauhäusle da noch?

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Das Bauhäusle ist etwas Besonderes. „Als wir 1980 beschlossen, mit einer großen Zahl von Studierenden eine Studentenwohnanlage im Selbstbau zu planen und zu realisieren, hielten uns viele für Fantasten. Die Aufgabe schien zu umfangreich und zu komplex, als dass diese von Studienanfängern, dazu noch mit weniger als der Hälfte der üblicherweise veranschlagten Mittel, hätte bewältigt werden können.“ So formulierten es Peter Hübner und Peter Sulzer 1986 in einer Dokumentation über das Bauhäusle. Die beiden Professoren hatten damals die Idee.

 

Hintergrund war, dass kurz zuvor das verpflichtende Praktikum für Architekturstudenten gestrichen worden war. Die Professoren wollten aber nicht auf den Praxisbezug verzichten. Zudem war Wohnraum damals knapp, und das zur Verfügung stehende Geld hätte für ein konventionelles Wohnheim nicht gereicht.

In 30 Gruppen mit sechs bis acht Leuten planten die Erstsemester damals Einraumhäuser. Dann fügten sie die höchst individuellen Gebilde zu Wohngruppen zusammen. Die beiden Professoren planten den Zentralbau.

Bereits nach sechs Monaten Bauzeit konnte der erste Bewohner einziehen. Die anderen werkelten weiter an ihren Gebäuden, bis es schließlich 1983 seinen Erbauern als richtige Wohnung dienen konnte. Der Namen Bauhäusle spielt ironisch auf den vom Weimarer Bauhaus geprägten Stil der 1920er-Jahre an, der dem industriellen Herstellungsprozess Rechnung tragen wollte. Im Bauhäusle ist jedes Zimmer „schamlos individuell“, wie in der 1986 erschienen Dokumentation zu lesen ist.

Derzeit besteht keine akute Gefahr

Das alles ist mittlerweile fast 30 Jahre her. Das Bauhäusle ist in die Jahre gekommen. Rundherum ist der Campus immer weiter gewachsen und nachverdichtet worden. Für das Bauhäusle wird es buchstäblich eng. Darum haben einige Bewohner vor Kurzem die Initiative „erhalt@bauhaeusle.de“ gegründet. „Wir möchten zeigen, dass uns das Bauhäusle nach wie vor sehr wichtig ist“, sagt Marlon Weinert. Er betont, dass das ungewöhnliche Studentenwohnheim derzeit nicht in Gefahr sei. Aber sicherheitshalber wolle man schon mal Argumente für dessen Erhalt sammeln. Prophylaktisch sozusagen, um gerüstet zu sein.

Es gibt ein paar Hinweise darauf, dass das Bauhäusle in Gefahr sein könnte. So wurde zum Beispiel der Pachtvertrag 2015 nur um fünf statt um zehn Jahre verlängert. Zudem sollen demnächst auf dem Parkplatz direkt vor dem Wohnheim zwei neue Physikinstitute entstehen. Der Eingang müsste dann verlegt werden. Nicht zuletzt hat das Studierendenwerk eine Studie in Auftrag gegeben, ob und was am Bauhäusle saniert werden muss, und was es kosten würde.

Die Studie ist eine Instandhaltungsempfehlung

Das Grundstück, auf dem das Bauhäusle steht, gehört dem Land. „Das Land Baden-Württemberg verlängerte den Pachtvertrag auch in der Vergangenheit immer nur um fünf und nicht um zehn Jahre“, sagt Simone Hübener. Die Pressesprecherin des Studierendenwerks ergänzt: „ Wir hätten den Vertrag gerne um zehn Jahre verlängert, um eine größere Planungssicherheit zu haben. Dem wurde aber nicht stattgegeben.“ Hübener betont aber auch: „Konkrete Abrisspläne sind uns nicht bekannt.“

Das Studierendenwerk bestätigt auch, dass auf dem Parkplatz vor dem Bauhäusle demnächst gebaut wird. „Die Verlegung des Eingangs zum Bauhäusle ist im Gespräch, genaue Pläne liegen uns bislang aber nicht vor“, sagt die Pressesprecherin. Die vom Studierendenwerk in Auftrag gegeben Studie sei eine Instandhaltungsempfehlung, die „uns als Fahrplan dafür dient, wann was saniert werden sollte“. Das Bauhäusle werde fortlaufend saniert und repariert, und zwar wie folgt: Größere Vorhaben, wie die Sanierung des Daches und angegriffener Tragkonstruktionen, werden vom Studierendenwerk geleitet, die Bewohner und Bewohnerinnen helfen mit. Kleinere Aufgaben, wie das Streichen der Fenster oder den Austausch der Terrassenbeläge, machen die Studierenden in Eigenregie.

Eine kritische Gemengelage

Und zwar gern, denn das Bauhäusle liegt ihnen am Herzen. Nun wollen sie noch einen Schritt weitergehen und so das ungewöhnliche Studentenwohnheim wieder stärker in den Fokus rücken. „In den Anfangsjahren muss es hier wie im Zoo gewesen sein. Ständig kamen Besuchergruppen, um sich das Projektergebnis anzuschauen. Dieses Interesse ist mit den Jahren aber abgeebbt“, erklärt Weinert. Und bei Sanierungen sei das Bauhäusle in den vergangenen Jahren immer nur das Anhängsel gewesen. Erst seien alle anderen Wohnheime saniert worden. Und wenn dann noch Geld übrig gewesen sei, sei das Bauhäusle an die Reihe gekommen. Diese Gemengelage aus abgeflautem Interesse und erhöhter Bautätigkeit auf dem Campus rundum ist es, die von Weinert und seinen Mitstreitern kritisch gesehen wird.