Feierst du noch oder hustest du schon? Viren gehen rum beim Volksfest – aber auch gute Laune steckt an. Ein Prosit aufs Finale ! Zum Endspurt wird alles noch heftiger. Ein Streifzug zwischen Gaydelight und der Wasengaudi mit dem Iron Man.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Pandemieexpertin Lisa Federle, Deutschlands bekannteste Notärztin, sagt, wir müssten lernen, mit Corona zu leben. So schlimm sei die Krankheit nicht mehr. Ein Lockdown sei unverantwortlich, findet die Tübingerin – das Zusperren und Zuhausebleiben ist zum Glück momentan nur die Erinnerung an die irre Vergangenheit.

 

Wo Menschen sind, sind auch Viren. Und Kellner, Security, Besucherinnen oder Besucher trifft es gleichermaßen. Ob es Corona ist oder die ganz normale Erkältung, die rumgeht? Alles drin! Wenn jemand krächzt wie etwa am Freitag Deborah Leutner, die neue Bierkönigin von Württemberg und Ehefrau von Malle-König DJ Robin („Layla“), könnte es auch schlicht daran liegen, dass die Musik so extrem laut ist in den Zelten. Die Leute müssen schreien, um sich zu verstehen – das schlägt auf die Stimmbänder.

Der Schlussspurt der Superlative hat begonnen: So schön war das Wetter seit mindestens zehn Jahren nicht mehr – und so viel Party war auf dem Volksfest wohl noch nie! Da der VfB am Samstag nebenan gegen Wolfsburg spielt, dürfte das Gedränge noch mal rekordverdächtig werden.

Beim Wasenwahnsinn fällt auf: Die meisten Events sind sehr gut besucht. Die jungen Bars der Zelte, die den Zapfenstreich um eine Stunde verlängern dürfen, sind die allerwildesten Hotspots. Das Publikum hat sich verjüngt – und es sind wohl noch nie so viele Schweizer angereist, hört man immer wieder. Mit über vier Millionen Gästen sind die Veranstalter von in.Stuttgart im Glück.

Unsere Zeitung sorgt mit einer Bieruntersuchung für Gesprächsstoff. Im Volksfestkrug ist demnach oft weniger Alkohol als angegeben, aber alles noch im tolerierten Bereich. Kontrovers wird darüber diskutiert. Die einen finden’s gut, das sei doch besser für den Kopf. Die anderen sagen, dann müsse man noch mehr trinken für den Suff.

Gerade erst ist die EnBW-Marketingreferentin Deborah Leutner, 26, zur Bierhoheit bei Grandl gewählt worden – schon hetzt sie mit der Schärpe von einem Wasenevent zum nächsten. Um Selfies wird sie gebeten, sogar um Autogramme. Für ihren Einsatz bekommt sie von Hofbräu den Minijoblohn. Sie macht es aber aus Spaß, nicht fürs Geld.

In den Wasenspaß mischen sich aber auch Sorgen. Feiern sei gut, findet Marcel Schmitz, der Mister Gay Germany, doch die queere Community sei nun gefordert. „Wir müssen verhindern, dass die AfD immer noch stärker wird“, sagt der Kölner beim Gaydelight im Wasenwirt-Zelt. All das, wofür man gekämpft habe, sei in Gefahr, wenn man die Rechtspopulisten nicht stoppe. Alex Schäfer, der Prince Charming 2020 von der RTL-Show, hält es für „surreal“, wie die AfD erstarkt ist und fragt: Habe das Land nichts aus der Vergangenheit gelernt? Zum ersten Mal ist er auf dem Volksfest. „Unglaublich, was hier los ist“, schwärmt der Frankfurter.

Im nächsten Jahr feiert Gaydelight seinen 25. Geburtstag. Anfangs war diese Party umstritten, heute ist sie Kult nicht nur bei queeren Gästen. Partygründer Theo Pagliarucci hat eine besondere Beziehung zu den Weebers, zu den Wasenwirt-Betreibern. Mit einer Weeber-Tochter war er verheiratet, hat mit ihr einen Sohn, der heute 29 Jahre alt ist. Als sich der Schwiegersohn von Max Rudi Weeber geoutet hat, hielt er sich für eine gewisse Zeit vom Wasenwirt fern. Doch die Familie Weeber holte ihn als Eventmanager zurück.

Die Wirtin verspricht: „Das Mutterhaus der Community“ öffnet wieder

Clublegende Laura Halding-Hoppenheit ruft mit CSD-Sprecher Detlef Raasch auf der Bühne dazu auf, „sichtbar“ und „politisch“ zu bleiben. Denn die Zeiten seien wieder hart für queere Menschen. Am meisten Beifall bekommt die 80-jährige Wirtin für ihre Ankündigung, den Kings Club wieder zu öffnen, „das Mutterhaus der Community“.

Wild gefeiert wird auch bei der „Wasengaudi“, zu der die Partyspielagenten um Bauunternehmer Florian Gauder eingeladen haben. Mit dabei: Big-Brother-Veteran Jürgen Milski, Handballer Mimi Kraus, DJ Robin, „Peter Pan“-Sänger Julian Sommer – und der Ironman mit Visier, von dem es oft heißt, der Tesla-Chef Elon Musk stecke dahinter.

Michael Wilhelmer lädt zum „Südgipfel“ Wiesnfans ein

Musk als Wasen-Super-VIP? Doch VIPs und Wichtigs brauchen wir gar nicht. Sagt auch der Münchner Angermaier-Chef Axel Munz beim Weißwurstfrühstück von Sonja Merz: „Ihr feiert ohne Superpromis ein Superfest, weil ihr allein gut genug seid! Bei euch ist es viel familiärer als auf der Wiesn.“

Die Familie flippt gern mal aus. Für Freitagabend hat Michael Wilhelmer zum „Südgipfel“ Wiesn-Fans aus München wie Simone Ballack und Marielle Ahrens eingeladen, um mit der Stuttgart-Familie zu feiern. Denn nach dem Oktoberfest sei noch lange nicht Schluss. Dass auf dem Volksfest am Sonntag Schluss ist, tut denen gut, die zu heftig gefeiert haben. Endlich ausruhen, sich auskurieren! Und sich noch freuen. Wasen 2023 – wir waren dabei! Diesmal war das Volksfest so schön, wie man’s bisher nicht oft erlebt hat.