Der Stuttgarter Unirektor Wolfram Ressel ist wegen der zwei Exzellenzcluster im Glück – und hofft jetzt auch noch auf den Elitetitel. Schon ersteres spült der Uni nicht nur einen zweistelligen Millionenbetrag in die Kasse, sondern auch Prestige.

Stuttgart - Der Stuttgarter Unirektor Wolfram Ressel kann es noch immer kaum fassen, dass seine Universität zwei Exzellenzcluster gefördert bekommt – zwei von bundesweit 57, davon zwölf in Baden-Württemberg. „Das Ergebnis ist für uns sensationell – wir sind in eine ganz andere Liga aufgestiegen“, sagt Ressel im Pressegespräch. Er rechne mit rund 12 Millionen Euro auf sieben Jahre für die beiden Forschungsverbünde. Und: „Ich erwarte pro Cluster um die 100 zusätzliche Forscher“, so der Rektor.

 

Und das muss noch nicht das Ende der Fahnenstange sein, denn der Wettbewerb um den Titel als Exzellenzuni steht noch aus, und Stuttgart bewirbt sich – als einer von bundesweit 19 Wettbewerber. Aber es können nur maximal elf zum Zug kommen. Im Falle des Sieges könnten der Hochschule zusätzlich bis zu 15 Millionen Euro ins Haus fließen – und dies pro Jahr. Über den Inhalt dieses Strukturantrags mag Ressel noch nichts sagen, denn „der Wettbewerb ist hart“.

Mit beiden Exzellenzthemen hat die Uni Stuttgart bundesweit ein Alleinstellungsmerkmal

Mit den beiden Exzellenzclustern fühlt sich Ressel in der gewählten Strategie und dem Motto „Intelligente Systeme für eine zukunftsfähige Gesellschaft“ bestätig. Mit beiden Themen habe die Uni bundesweit ein Alleinstellungsmerkmal: mit den „Daten-integrierten Simulationswissenschaften“ und dem „Integrativen computerbasierten Planen und Bauen für die Architektur“. Doch was verbirgt sich dahinter?

In den Simulationswissenschaften ist die Uni Stuttgart ein alter Hase – „Simtech“ hat schon zuvor zweimal eine Exzellenzförderung erhalten – und für die Forscher ist bereits ein Neubau auf dem Campus in Stuttgart-Vaihingen herausgesprungen. „Wir versuchen über künstliche Intelligenz-Ansätze große Datenmengen so intelligent auszuwerten, dass sie der Gesellschaft, den Anwendern nutzen“, erklärt Ressel. In der Medizin könne dies beispielsweise im Ergebnis zu einer personalisierten Medikation führen. Doch auch Geo-Interaktionen zwischen Luft und Boden könnten somit präziser erforscht werden. „Das geht nur mit Big Data“, also einer großen Datenmenge, so Ressel. Bei digitalen Menschmodellen, aber auch bei neuen Materialien stoße man an Grenzen, die nur durch eine ganzheitliche Integration aller zur Verfügung stehenden Daten überwunden werden könnten.

„Der größte Energieverbrauch der Welt geschieht durch das Bauen“

Dies gilt auch für den neuen Exzellenzcluster zum Thema Bauen. Dahinter stehe die Frage: „Wie können wir von der Planung bis zum Bauen Prozesse entwickeln, wie wir schneller bauen – eine ganz neue Herangehensweise an Architektur“, so Ressel zu der Digitalisierungsstrategie. Doch es geht dabei nicht nur um schnell, sondern auch um ökologisch und ressourcenschonend. Ausgangspunkt des Clusters: der Raumbedarf nimmt ständig zu, weltweit sind in den nächsten 35 Jahren neue städtische Bauten für 2,6 Milliarden Menschen zu schaffen. Doch die Produktivität der Bauindustrie stagniert seit Jahrzehnten. Und: „Der größte Energieverbrauch der Welt geschieht durch das Bauen“, so Ressel. Deshalb arbeiten in dem Cluster Architekten, Bauingenieure, Geodäten, Produktions- und Systemtechniker, Informatiker und Sozial- und Geisteswissenschaftler zusammen.

Für diesen Forschungsverbund plane man einen Neubau auf dem Vaihinger Campus, wenn möglich zwischen Simtech und der Forschungsfabrik Arena 2036. Ressel hofft, dass Land und Hochschule die Finanzierung rasch klären und den Bau in Angriff nehmen – möglichst nicht erst in zehn Jahren. „Uns geht es darum, Experimentierflächen zur Verfügung zu stellen.“ Bei Arena habe man von der Idee bis zum Einzug gerade mal drei Jahre gebraucht, so Ressel.

Auch Studierende sollen von der Exzellenz profitieren

Profitieren sollen von der Exzellenzforschung auch die Studierenden – durch Hiwi-Jobs, aber thematisch auch in ihren Abschussarbeiten. Das mache die Uni attraktiv. Und wer sich im Studium mit Exzellenzthemen beschäftigt habe, könne daraus auch Vorteile bei der Berufswahl ziehen, so Ressel.