Italiens Taxifahrer blockieren seit Jahren die Vergabe von mehr Lizenzen und Uber wird ausgebremst: Die Kunden schauen in die Röhre.
Wer an Ostern Sonne tanken wollte in Italien wurde oft bitter enttäuscht. Strandwetter gab es nur im Süden. Im Norden dagegen vermiesten heftige Regen- und teilweise Schneefälle vielen Urlaubern den Aufenthalt. In einigen Gegenden kam es gar zu schweren Unwettern. Auf den Autobahnen gen Süden kam es vielfach dennoch zu Staus. Wer den Zug nahm und neben einem Rucksack mehr als zwei größere Gepäckstücke dabei hatte, musste nach den neuen Regeln der Staatseisenbahn sogar mit einer Strafzahlung rechnen. Für viele Reisende ging es nach der Ankunft mit Ärger weiter. An den Hauptbahnhöfen von Mailand und Rom bilden sich regelmäßig lange Warteschlangen vor den Taxiständen.
Der Sommer dürfte diesbezüglich katastrophal werden. Denn für dieses Jahr werden neue Touristenrekorde in Italien erwartet. Die Zahl der Taxis stagniert seit Jahrzehnten. Das Chaos ist programmiert.
Mario Draghi musste aufgeben
Mario Draghi wollte im Sommer 2022 mehr Wettbewerb schaffen. Doch nachdem die Taxifahrer Rom tagelang blockiert hatten, musste er aufgeben. Die Regierung unter Giorgia Meloni machte im letzten Sommer einen neuen Anlauf. Doch bis dato hat sich nichts geändert. Jeder Reformversuch wird von den Taxifahrern blockiert.
Nach Untersuchungen der Marktaufsichtsbehörde Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato haben im Juli 2023 etwa 1,3 Millionen potenzielle Kunden in Rom vergeblich einen Wagen zu bestellen versucht. In Mailand waren es mehr als 500 000. Zwischen 40 und 50 Prozent der Anrufe laufen ins Leere.
Ein Fall für Uber, eigentlich. Doch die Regierung schränkt die Geschäftstätigkeit von Uber massiv ein. „Italien-Touristen und Einheimische müssen zu Fuß gehen. Mit dem neuen Gesetz, das Uber-Fahrten etwa im Auftrag von Reise-Agenturen verbietet und den Fahrern eine Pause von mindestens einer Stunde zwischen zwei Fahrten vorschreibt, wird das Chaos noch schlimmer“, schäumt Uber-Chef Dara Khosrowshahi vor Wut.
Die potenziellen Kunden sind im Land des Korporatismus Geiseln einer kleinen, aber lautstarken Gruppe: Den Taxifahrern, die ihre Pfründe verteidigen. Ähnlich ist es bei den Pächtern der Strandbäder, die sich seit 18 Jahren erfolgreich gegen die von der EU verlangte Neu-Ausschreibung ihrer Lizenzen wehren. Sie erhielten ihre Lizenzen oft durch Vetternwirtschaft, zahlen so gut wie keine Pacht und verdienen sich mit teilweise exorbitant hohen Preisen für Liegestühle und Sonnenschirme goldene Nasen. Die Touristen aber haben oft gar keine Wahl, wenn sie an den Strand wollen. Denn an vielen Orten gibt es so gut wie keine frei zugänglichen Strände und wenn doch, dann sind sie oft überfüllt und schmutzig. Kein Wunder, dass die Strandbadbetreiber ihre Lizenzen behalten wollen und wenig von Neuausschreibungen halten.
Italiens Regierungen fürchten den Zorn der Taxifahrer
Italiens Regierungen fürchten den Zorn der Taxifahrer und Strandbadpächter, die gut organisiert sind. Nach einem Gesetz von 1992 dürfen Taxifahrer, die in den meisten Fällen ihre Lizenzen vor Jahrzehnten kostenlos erhalten haben, allein entscheiden, an wen sie ihre Lizenzen weitergeben – sollten sie ihren Job je an den Nagel hängen. Die wenigen frei werdenden Lizenzen werden auf dem Markt für Preise zwischen 150 000 und 200 000 Euro gehandelt, können aber auch „vererbt“ werden.
Ein Dekret von 2008 erlaubt es den Kommunen grundsätzlich, neue Lizenzen auch zu verkaufen, nicht nur gratis zu vergeben. Dann aber müssen 80 Prozent der Verkaufserlöse an die Lizenzinhaber ausgeschüttet werden. Auch das hat nicht funktioniert. Die Taxifahrer wehren sich gegen die Ausgabe neuer Lizenzen, weil damit im Fall eines Verkaufs die Preise sinken könnten.
Die Kunden schauen in die Röhre
Auch die Reform der Regierung Meloni vom August 2023 droht im Sande zu verlaufen. Geplant war, dass insgesamt 65 Kommunen im Land in einem erleichterten Verfahren bis zu 20 Prozent mehr Lizenzen vergeben können – unter der Bedingung, dass die Einnahmen aus dem Verkauf der Lizenzen komplett an die Taxifahrer verteilt werden. Mailands Bürgermeister Beppe Sala wollte 450 neue Genehmigungen vergeben und bot den derzeitigen Lizenzinhabern 96 500 Euro pro Lizenz. Zu wenig, finden die Taxifahrer und machen mobil. Sie wollen den angeblichen Marktwert von 160 000 Euro. Demnächst muss ein Gericht über ihre Klage entscheiden.
Auch in Rom, wo Bürgermeister Roberto Gualtieri tausend dauerhafte und 500 saisonale Lizenzen vergeben, einen Teil der Einnahmen aus dem Lizenzverkauf aber behalten will, tut sich wohl so schnell nichts. Die Mühlen der verschiedenen Kommissionen und Behörden, die zustimmen müssen, mahlen langsam. Es wäre ein Wunder, wenn es 2025 mehr Taxis in der Stadt gäbe. Die potenziellen Taxi- oder Uber-Kunden schauen in die Röhre. Sie müssen oft zu Fuß gehen. Denn der öffentliche Nahverkehr ist oft schlecht ausgebaut.
Seit 20 Jahren keine neuen Lizenzen
Städte
In den zehn größten italienischen Städten gibt es insgesamt nur 23 139 Taxi-Lizenzen. Mehr als die Hälfte davon entfällt allein auf die zwei größten Städte des Landes: 7692 auf Rom und 4855 auf Mailand.
Lizenzen
Seit mehr als 20 Jahren sind dort keine neuen Lizenzen dazu gekommen.