Das EU-Parlament fordert strenge Grenzen für den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 bei Lastwagen. Damit strebt das Parlament ehrgeizigere Ziele an als die EU-Kommission. Nun kommt es auf die Umweltminister der EU-Staaten an.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Wenn es nach dem Europaparlament geht, müssen Hersteller den Dieselverbrauch von neuen Lastwagen von 2019 bis 2030 um 35 Prozent senken. Bis 2025 soll der Kraftstoffverbrauch, der in Ausstoß von CO2 in Gramm je gefahrenen Kilometer gemessen wird, um 20 Prozent sinken. Das Parlament will, dass die Ziele 2020 überprüft werden. Allerdings ist lediglich eine Korrektur nach unten, also eine weitere Verschärfung, möglich. Verbindliche Vorgaben für die Elektrifizierung von Stadtbussen – 50 Prozent bis 2025 und 75 Prozent bis 2030 waren zunächst im Gespräch – wurden allerdings abgelehnt. Sollten die Hersteller die Vorgaben verfehlen, drohen harte Strafen: Je Fahrzeug und Gramm, um das die Ziele verfehlt werden, sollen die Hersteller nach 2025 5000 Euro zahlen. Ab 2030 sollen die Bußen sogar 6800 Euro betragen. 373 Abgeordnete stimmten für die Verschärfung, 285 Abgeordnete stimmten dagegen.

 

Damit will das Europaparlament die Ziele, die EU-Umweltkommissar Miguel Arias Canete vorgeschlagen hat, noch einmal verschärfen. Die Kommission wollte den Dieselverbrauch um 30 Prozent bis 2030 und um 15 Prozent bis 2025 senken. Jetzt sind die Mitgliedstaaten am Zug. Die Umweltminister der 28 EU-Länder wollen ihre Position am 20. Dezember abstimmen und damit in die Verhandlungen mit dem Europaparlament gehen. Parlament und Rat müssen sich einigen und einen Kompromiss für die CO2-Ziele finden.

Auch für Pkw haben die Parlamentarier ambitionierte Grenzwerte durchgesetzt

Mit der Festlegung auf die CO2-Ziele für Lkw setzt das Europaparlament seinen strengen Kurs in der Umweltpolitik fort: Vor wenigen Wochen hatte eine Mehrheit der Abgeordneten bereits entschieden, die Reduktionsziele der Kommission für den Kraftstoffverbrauch von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen ebenfalls zu verschärfen.

Der Beschluss des Parlaments zu schweren Lastwagen stößt auf deutliche Kritik bei der Industrie. Der Chef des Branchenverbandes VDA, Bernhard Mattes, sagte: „Die Ziele, die das Parlament aufstellt, sind in der vorgegeben Zeit technologisch und wirtschaftlich nicht zu schaffen.“ In den vergangenen Jahren hätten die Hersteller den Dieselverbrauch von Neufahrzeugen jeweils um rund 1,5 Prozent im Jahr gesenkt. Die Industrie sei bereit und in der Lage, sich CO2-Zielen zu unterwerfen. Allerdings sei lediglich eine Absenkung um sieben Prozent bis 2025 und 15 Prozent bis 2030 technisch machbar.

Die Branche sieht sich in ihrer Existenz bedroht

Wegen der Strafandrohung bezeichnete Mattes die Position des Europaparlamentes als „Existenzbedrohung“ für die Hersteller. Die Industrie warnt davor, die technischen Möglichkeiten zur Elektrifizierung von Pkw und Lastwagen gleichzusetzen. Viele Technologien zum alternativen Antrieb seien für Lastwagen nicht umsetzbar, weil sie mit hohem Gewicht, hohen Kosten und anderen Anforderungen an die Ladeinfrastruktur einhergingen. Mattes warnt vor einem „massiven Kostenschub“ und Arbeitsplatzabbau.

Der Umweltexperte der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, der Abgeordnete Jens Gieseke aus dem Emsland, hat sich vergeblich für niedrigere Reduktionsziele eingesetzt. Er bezeichnete die Debatten und Beschlüsse im Europaparlament als „unsachlich“ und „ideologisch“. Die Ziele seien nicht zu schaffen: „Ein Lastwagen, der 2025 verkauft wird, ist heute bereits in der Entwicklung.“ Gieseke drängt die Bundesregierung, sich schnell auf eine gemeinsame Position zu verständigen und dafür dann bei den anstehenden Verhandlungen unter den Mitgliedstaaten zu kämpfen: „Insbesondere für Deutschland steht viel auf dem Spiel.“ Damit spielt er darauf an, dass die Bundesregierung bei der Entscheidung über die CO2-Ziele für Pkw und Nutzfahrzeuge im Rat lange nicht handlungsfähig war, weil das SPD-geführte Umweltministerium und das Kanzleramt über Kreuz waren. Bei der Abstimmung im Rat war Deutschland dann isoliert und musste ehrgeizigere Ziele akzeptieren.

Grüne wollen Hersteller zu Zukunftstechnologien zwingen

Mit der Entscheidung im Parlament haben Grüne und Sozialdemokraten ihre Linie durchgesetzt. Der Grünen-Abgeordnete Bas Eickhout, der auch die weiteren Verhandlungen mit dem Rat leiten wird, fordert: „Die Zeiten müssen vorbei sein, als sich die Autohersteller zurücklehnen und im Glauben an den Markt Investitionen in Zukunftstechnologien verschlafen konnten.“ Der Straßenverkehr müsse vom Klimaverschmutzer zum größten Umweltschützer werden.